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[Act 02] Schutz und Kontrolle

Kapitel 1: AKIO
Es war unnatürlich Still im Haus geworden. Akio horchte auf und versuchte Lebenszeichen zu erkennen, aber das Einzige was er hörte war Ingas Atem, der ruhig und Gleichmäßig neben ihm im Bett erklang. Wieso war er eigentlich aufgewacht? Er wusste es nicht. Er war einfach hellwach und es war hell im Zimmer? War es schon so spät? Er schlug die Augen auf, aber das Licht im Zimmer war ausgeschaltet. Durch das Fenster schien die Sonne herein. Wie lange hatten sie geschlafen? Er schaute auf die Armbanduhr an Ingas Handgelenk. Es war erst drei Uhr morgens, wieso also war es so hell? Vorsichtig richtete er sich auf und hob Ingas Handgelenk dabei sanft an, um es dann auf das Kissen zu legen, damit sie nicht aufwachte. Sein Blick fiel aus dem Fenster. Draußen stand der Mond an einem Sternenklarem Himmel, aber er war so hell wie die Sonne. Ein Blick ins Zimmer verriet ihm das er tatsächlich sehen konnte, als wäre es helllichter Tag. Was war hier los? War das ein seltsames Wetterphänomen in der Wüste? Oder vielleicht doch Nataschas Werk? Egal was es war, er würde es herausfinden. Schnell warf er noch einen Blick zu Inga, die sich im Schlaf fester in die Decke eingerollt hatte, obwohl es selbst jetzt noch ziemlich warm war.

 
Dann aber wandte er sich um und schlich auf leisen Pfoten zur Tür. Er bewegte sich beinahe absolut lautlos, als er die Treppe hinunterging, knarrte nicht eine der Stufen. Irgendwas war heute anders. Auch hier unten war alles hell erleuchtet, obwohl die Fenster hier sogar teils verklebt waren. Es roch hier unten auch anders, irgendwie metallisch, kalt. Er streifte die Küche nur mit einem kurzen Blick, ehe er sich dem Wohnzimmer zu wandte. Auf der Couch lag Natascha, bedeckt von einer dünnen Decke, die kaum ihre zierliche Gestalt bedeckte. Dort kam auch dieser Metallgeruch her. Unverkennbar von ihrer Haut, die silbrig schimmert.

Vorsichtig bewegte er sich auf sie zu. Sie war wichtig, sogar so wichtig das Teshi sie nicht so einfach gehen lassen wollte. Sie musste erst den Chip entfernen hatte er gesagt. Er kniff die Augen zusammen, als er daran dachte und hielt kurz inne. Wozu? Dieses Ding schränkte ihn kaum ein. Eigentlich war das Ding sogar eher hilfreich, denn er hatte sich besser unter Kontrolle. Allerdings war irgendetwas an dem Ding auch seltsam. Irgendetwas tat es mit seinem Gehirn. Sein Gedächtnis war wesentlich klarer und er erinnerte sich an alles was er brauchte. Wichtige Daten waren sofort abrufbar und Entscheidungen waren sehr einfach. Seine Zunge fuhr hervor und er leckte sich über die Lippen, während er Natascha weiter betrachtete. Die Genetikerin schien ihn überhaupt nicht zu bemerken, was ihm sehr gelegen kam. Nun würde er immerhin herausfinden, ob sie für diese Wahrnehmungsverschiebung verantwortlich war.

Aber sollte er sie wirklich jetzt wecken? War ihm das die Antwort auf die Fragen wert? Wollte er riskieren, die Antworten nicht zu erhalten, weil er sie aus ihrem Schlaf riss? Andererseits brauchte er diese Antworten, um selbst wieder Schlaf finden zu können. Ein leises Knurren erklang aus seiner Kehle, das den Konflikt einzuschüchtern versuchte, aber daran scheiterte. Wieso war es so schwer sie zu wecken und zu fragen? Er hatte nie Entscheidungsprobleme gehabt, wenn es darum ging, eine Antwort oder eine Lösung zu finden, wieso dann jetzt?

Natascha drehte sich herum und murmelte irgendetwas, was er nicht verstand, aber dabei rutschte die Decke von ihrem Oberkörper herunter und gab den Blick auf ihre Metall beschichtete Haut frei. Das Mondlicht und die funkelnden Sterne, brachen sich auf der organisch geformten Oberfläche. Das führte zu wundervollen Lichtreflexen, die ihn gefangen nahmen. Er sah nicht mehr den Körper von Natascha, oder das Sofa auf dem sie lag. Nicht einmal mehr ihr blondes Haar, welches jetzt im Schlaf offen war, zog seinen Blick an, sondern einzig und allein die Reflexionen.

Vorsichtig hob er seine Tigerpfote und bewegte die Pranke langsam auf das Blitzen zu. Er wollte es berühren, die Energie in sich fühlen. Noch einmal kniff er die Augen zusammen, als er sie wieder öffnete, sah er das sich die Blitze verändert hatten. Sie flossen nun in anderen Richtungen. Nahmen andere Kurven und bewegten sich auch mehr auf ihn zu. Er wartete. Das wollte er sich nicht entgehen lassen. Was würde ihn erwarten, wenn sie ihn berührten?

Die Berührung war kalt, aber nicht unangenehm. Irgendetwas umfloss seine Pfote und schmeichelte seine Haut unter dem Fell. Es kroch langsam höher, seine Krallen wollten sich ausfahren, aber das, was ihn einzuhüllen begann, lies diese Verformung nicht zu. Er knurrte, er wollte sich nicht der Freiheit berauben lassen, auch nicht von den Blitzen! Er versuchte seine Pfote zurückzuziehen, nur langsam und widerwillig gab es nach und die Blitze zogen sich zurück. Wieder änderten sich die Laufbahnen der Funken, auch die Farben waren anders. Eben noch hellgelb und Energiegeladen, jetzt waren sie blau und grün, sie bewegten sich auch langsamer, irgendwie beruhigender. Das Silber auf dem sie sich entlangbewegten. Es wurde heller, verschluckte sie Blitze fast. „Nein!“ Sie durften nicht verschwinden! Er sprang nach vorne, um sie festzuhalten. Seine Zähne versenkten sich im Silber. Ein metallener Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Die Luft roch Eisenhaltig und die klebrige Konsistenz des Blutes machten es nur umso genussvoller.

Der Schmerz ließ ihn aufheulen, aber er hielt fest. Es brannte wie Feuer und doch war es kalt, aber das registrierte er nur verschwommen. Lärm explodierte in seinen Ohren, er biss kräftiger zu, der Lärm sollte aufhöre! Von irgendwoher kam eine Stimme, die ihm wage bekannt vorkam und sie rief einen Namen. „AKIO!“ Aber wessen?
Wieder schnitt Schmerz durch sein Maul, die Kälte wurde noch intensiver, er lies los. Wieso? Der Lärm wurde zu einem Schreien, dem Schreien einer Frau. Er lies geschockt los. Als sich zwei Arme, um seinen Hals legten und versuchten ihn zurückzuziehen. „Hör auf!“ Der Geruch von eines warmen Körpers stieg ihm in die Nase, an der immer noch Blut klebte. Der Geruch der Person vermischte sich mit dem des  Blutes, aber die Stimme, die sich in das Schluchzen der Beute mischte beruhigte ihn. „Lass sie!“ Die Mitternachtsstimme lies ihn erstarren. Der Ton war wie eine dunkle Erinnerung, wie Schwärze, die einen einhüllte. Er genoss es und leckte sich über die Nase, um das Blut in sich aufzunehmen.

In seinem Kopf begann sich ein leichtes Pochen breitzumachen. „Schhhhhht!“ beruhigte ihn die Mitternachtsstimme weiter. Das Pochen wurde stärker und er fasst sich an den Kopf. Wieso saß er vor der Couch auf allen Vieren? Was tat Inga hier und wieso lag Natascha schluchzend auf dem Sofa. Er blinzelte mehrmals, wobei bei jedem Mal das Pochen heftiger wurde. Er fasst sich an den Kopf, konnte Ingas Sorge in dem Druck ihrer Arme, um seinen Hals richtiggehend fühlend. Aber weshalb war er hier?“ „Akio? Alles in Ordnung?“ In Ingas Stimme war Unsicherheit zu hören, ganz anders wie diese andere Stimme, die vorher dort war. Er schloss die Augen wieder, das Pochen war inzwischen zu seinem stechenden Kopfschmerz angewachsen. Wieso schon wieder? So viele Fragen und kaum Antworten.

„Alles ok….was ist passiert?“ fragte er und verzog dabei Gesicht. „Ich habe nur Kopfschmerzen.“ Er sah kurz zu Inga hinüber und lächelte, betrachtete dann aber wieder Natascha. Der silbrige Anzug war Blutverschmiert. Aus Löchern in dem flexiblem Material, sickerte Blut heraus und erst jetzt bemerkte er auch den Eisengeschmack im Mund. Ihm wurde schlecht, so dass er sich wieder abwendete. Der Anzug hätte die Wunden bereits abdecken müssen, tat es aber nicht. Was war hier los? Was hatte sie überhaupt angegriffen? Er sah an sich herunter und entdeckte noch mehr Blut. War er das gewesen? Hatte er Natascha attackiert? Wann und wieso, hatte er das getan? Der Kopfschmerz wurde je mehr er darüber nachdachte immer schlimmer. Würde er nicht schon auf dem Boden sitzen, würde er sich jetzt spätestens hinknien. Währenddessen setzte sich Natascha langsam auf, während sie vorsichtig mit ihrer Hand über die Wunde fuhr. Auch sie schien überrascht, dass der Anzug die Spuren nicht restlich beseitigte und die Wunde steril abdeckte. Aber das Material schien nicht mehr wirklich bereit zu sein sich zusammenzuziehen und die ursprüngliche Form wiederherzustellen.

Langsam weiteten sich ihre Augen und ihr Blick ging zu Akio hinüber, welcher immer noch die Augen geschlossen hatte und in den Armen seiner Freundin auf dem Boden saß. Sie musste sich zwar konzentrieren, um durch den Schmerz klar denken zu können, aber eines war klar. Der Chip funktionierte scheinbar nicht wirklich einwandfrei. Viel eher schien er nur teilweise seine Funktion erfüllt zu haben, aber der Kontrollmechanismus schien nicht zu funktionieren, wenn der Anwender dessen zu schlafen schien. Ihre Hand presste sich auf die Wunde, die immer noch blutete, die musste sie irgendwie schließen. Ansonsten würde sie sehr schnell an Blutverlust sterben. Ihr Atem ging bereits schneller und ihre Sicht verschwamm schon langsam. Sie merkte das sie schwächer wurde, die Wunde war einfach zu groß.

„Was hast du getan, um ihn zu reizen?“ fragte eine Stimme, die klang wie eine frostige Winternacht. Kalt, dunkel und unheilvoll. Natascha hob den Kopf und sah in Ingas Augen, die schwarz waren wie ein bewölkter Nachthimmel. Ihr Atem stockte, während die Kühle ihres Anzugs zu absoluter Kälte überging. Sie schluckte. „Ich habe nichts getan! Und ich tue auch immer noch nichts.“ „Lügnerin!“ entgegnete das Ding, dass sich besitzergreifend über Akio gebeugt hatte, bestimmt und ihre Stimme war wie ein Messer, dass sich noch einmal in der Wunde herumdrehte. „Nein! Ich habe nichts getan. Ich bin nicht daran Schuld das er mich gebissen hat!“ Die Mimik der blonden Frau veränderte sich kaum, aber die Lichtverhältnisse veränderten sich. Die Strahlen des Mondes, welche durch die Terrassentür eingelassen wurden schienen sich langsam zu verdichten, um Akios Freundin herum bildeten sich feste Lichtpunkte, die schnell heranwuchsen.

Ungläubig betrachtete Natascha diesen Vorgang. Was tat dieses Mädchen, mit welcher Art von Realitätsbrecher war sie hier aneinandergeraten? Während sie in ihrem Kopf Möglichkeiten analysierte, um die Situation zu erklären und zu lösen, wuchsen die Lichtpunkte und wurden langsam schwarz. Sie bildeten schwarze Kristallspitzen, die auf sie gerichtete waren und es wurden immer mehr.

„Lass ihn in Ruhe! Spiel nicht mit ihm!“ forderte sie, aber Natascha konnte sich kaum rühren. Nur ihr Anzug wechselte leicht die Beschichtung, zumindest an den Stellen, an denen er nicht beschädigt war. Gleichzeitig aber wurde das Licht immer schwächer. Nataschas Blick fiel hinter die junge Frau, die scheinbar immer mehr dieser Kristallspeere erschuf und diesmal blieb ihr Herz wirklich für einen winzigen Augenblick stehen. Waren das schwarze Flügel, die das Licht schluckten? Ihr blieb keine Zeit darüber nachzudenken, denn in diesem Moment schossen die Waffen aus schwarzem Glas auf sie zu.
„Nein!“
„AKIO!“
„NICHT!“

Dann verschlang eine Detonation das Wohnzimmer, als Licht und Schatten aufeinanderprallten und sich gegenseitig auslöschten.
Im nächsten Augenblick schwebten nur noch einige schwarze Federn zu Boden, der von Trümmern der Wohnzimmereinrichtung bedeckt war. Ansonsten war es absolut still und der Mond zog weiter seine Bahn.

Published inRollenspiel-Storys

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