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Kaminari – Reue

Ein Keuchen erklang und der Schemen taumelte zurück. Ohne weiter nachzudenken rollte sie sich von der Matratze, auf der sie lag, und wollte aufspringen. Allerdings machte ihr eine weitere Gestalt einen Strich durch die Rechnung, indem er sie auf den Boden drückte. „Ayoun bleib liegen!“ drang eine Stimme in ihren Verstand, die sie eigentlich kennen sollte. Aber sie wusste nicht woher. Sie fühlte sehnige Muskeln an den Armen, die sie hielten und kräftige Hände, die sie zu Boden drückten. Sie wehrte sich weiter und versuchte nach dem neuen Angreifer zu treten aber dieser nagelte ihre Beine am Boden fest.
„Hör auf was soll das? Wir sind es!“ zischte der Mann auf ihr. „Ayoun hör zu. Du hast ganz schön was abgekriegt. Du musst liegen bleiben verstehst du?“ redete die Stimme weiter auf sie ein, allerdings drangen die Worte nur langsam in Ayouns Bewusstsein.

„W…was?“ fragte sie verwirrt und blinzelte die Tränen weg. Langsam klärte sich ihr Blick und was sie erblickte lies ihr Herz leichter werden, denn sie sah genau in Kyos besorgte Mine. Langsam entspannte sie sich und bemerkte jetzt auch, dass sie, bis auf einen straffen Brustverband, der den kompletten Oberkörper bedeckte, nackt war. Sofort schoss ihr die Zornesröte ins Gesicht.
„Na wieder alles klar Kleines?“ fragte der schwarzhaarige besorgt, während er sich erhob und sie wieder ins Bett steckte.
„Habt ihr mich ausgezogen?“ fragte sie gefährlich leise, nachdem Kyo sie wieder zugedeckt hatte.
„Oh keine Sorge. Wir wissen zwar wie du nackt aussiehst aber Miri hat dich ausgezogen und sich auch um dich gekümmert“, fuhr Kyo beruhigend fort.
„So schlecht kann es ihr gar nicht gehen, denn zutreten kann sie schon wieder ganz ordentlich“, erklang Taos ächzende Stimme aus der anderen Seite des Zimmers. Ayoun sah zu ihm auf: „Oh tut mir Leid Großer. Das war keine Absicht“, grinste sie entschuldigend, bereute das aber sofort wieder, denn ihr Kopf schien plötzlich zu explodieren. Sie biss die Zähne zusammen, aber das entging weder Kyo noch Tao.
„Du solltest dich noch etwas ausruhen. Ich denke weder dein Kopf noch deine Rippen sind schon wieder geheilt“, sagte Kyo immer noch besorgt.
„Was ist eigentlich passiert?“ wollte Ayoun schließlich wissen. „Ich weiß nur noch das ich gegen irgendetwas gegen gelaufen bin und dann…nichts mehr.“ Abwartend sah sie ihre beiden Freunde an.
„Ich glaube das erzählen wir dir lieber, wenn du wieder etwas besser aussiehst. Du bist nämlich ganz schön blass. Auch ohne die Schminke.
„Der Kleine hat Recht. Du musst dich schonen, sonst wirst du nie gesund“, erklang plötzlich eine herrische Stimme von der Tür her. Kurz darauf trat eine, sicherlich fünfzig Jährige Frau, mit grauem Haar, welches zu einem strengen Knoten gebunden war, und die einem schwarzen Kimono trug, in ihr Blickfeld. „Hallo Miri. Wie geht’s?“ grinste Ayoun verlegen.
„Das sollte dich jetzt weniger interessieren, weil du erst mal wieder gesund werden musst“, fuhr Miri sie an, hatte dabei allerdings ein gütiges Lächeln auf den Lippen und einen Funken Schalk in den Augen.
„Hier trink das, das wird dir beim einschlafen helfen“, lächelte Miri sanft, während sie auf die Knie sank und Ayoun einen Becher mit einer dampfenden Flüssigkeit hinhielt.
Ayoun nahm den Becher vorsichtig mit der rechten, nicht bandagierten, Hand entgegen und trank einen Schluck. Der Inhalt dampfte zwar, war aber nicht untrinkbar heiß, sondern gut temperiert und schmeckte nicht mal schlecht. Ein wenig nach Honig, Zimt und einem Geschmack den sie nicht einordnen konnte.
„Schlaf gut Süße“, erklang Miris Stimme von weit her. Irgendwie verschwand der Becher aus ihrer Hand, aber noch bevor sie sich darüber wundern konnte war sie wieder eingeschlafen.

Thorus Nase war eiskalt, als sie aufwachte. Trotzdem blieb sie noch etwas unter der warmen Decke liegen, denn sie musste noch in Ruhe über die gestrige Nacht nachdenken.
Hatte sie das mit der Botin nur geträumt oder war sie wirklich da gewesen? Aber es war so echt gewesen und sie hatte doch noch gar nicht geschlafen. Also musste sie das wirklich erlebt haben. Aber wieso war es dann in ihrem Zimmer so kalt? Thoru schlug die Augen auf und blickte an die mit braunem Holz getäfelte Decke. Anschließend setzte sie sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
„Wie spät es wohl ist?“ murmelte sie, während sie aufstand und sich schnell in ihre Decke wickelte, denn es war wirklich eiskalt in ihrem Zimmer. Ein klein wenig zitternd ging sie zum Fenster und sah hinaus. Der Himmel war grau und von einer dichten Wolkendecke verhangen. „Och und ich wollte heute mit Miri im Garten spielen“, maulte Thoru missmutig.
Als ob der Himmel das gehört hätte begann es zu regnen.
„So ein Mist!“ stieß das kleine Mädchen mit dem pechschwarzen Haaren hervor. „Jetzt komme ich gar nicht mehr raus“, seufzte sie, bevor sie plötzlich erstarrte.
Auf der schmalen Fensterbank und auf dem Holzboden lagen Glasscherben und ein kleines Viereck aus Glas war kaputt. Ihr gingen beinahe die Augen über. Sie hatte also doch nicht geträumt. „Juhu. Schatzsuche!“ jauchzte sie und lies die Decke fallen, bevor sie aus dem Zimmer stürmte.
„Mila! Mila! Komm schnell ich muss dir was zeigen!“ rief sie begeistert, als sie in das Zimmer ihres Kindermädchens stürmte.
„Mila Mila wach auf. Ich glaube in unserem Haus ist ein Schatz versteckt. Lass uns den suchen bitte bitte!“ plapperte sie sofort los, während sie die Frau wachrüttelte.
„Was ist? Oh Thoru es ist doch noch viel zu früh zum Aufstehen“, murmelte Mila verschlafen und wollte sich wieder umdrehen aber Thoru wusste genau wie sie ihr Kindermädchen wach kriegen konnte.
Sie stand auf und ging zur Tür aber, bevor sie hinausging sagte sie noch: „Dann wecke ich eben Papa, damit der mit mir spielt.“ Dann trat sie auf den Gang hinaus.
„Nein warte! Thoru komm zurück!“ rief Mila plötzlich hinter ihr.
Thoru musste grinsen. Das klappte immer, weil ihr Papa gern lange schlief und Mila schon einmal ganz dolle Ärger gekriegt hatte, als sie ihn geweckt hatte.
„Ich steh ja schon auf“, seufzte Mila und erhob sich ächzend.
„Du bist eine kleine Erpresserin weißt du das?“ murrte Mila, während sie in ihren Kimono schlüpfte.
„Komm mit Kind. Jetzt ziehen wir dir auch erst mal was an und nebenbei erzählst du mir von dem Schatz ja?“
„Mach ich Mila. Also ich habe Grund zu der Annahme das in unserem Haus irgendwo ein riesiger Schatz darauf wartet gefunden zu werden.“
„Und woher weißt du das Thoru?“ fragte Mila nachsichtig, während sie ihr half in ihr grünes Lieblingskleid zu schlüpfen.
„Das ist ein Geheimnis. Aber ich kann dir verraten wo wir suchen müssen“, grinste sie frech.
„Und wo müssen wir suchen kleine Schatzsucherin?“ fragte Mila lachend, während sie das Kleid hinten zuband.
„Na überall!“ rief sie begeistert aus, was Mila ein Stöhnen entlockte.
„Na komm Mila, lass uns im Vorraum anfangen“, rief sie und rannte los, kam aber nur drei Schritte weit, denn dann hing sie plötzlich in der Luft. Mila hatte sie einfach hoch gehoben und auf den Arm genommen.
„Ey! Was soll das?“ beschwerte sie sich und strampelte mit den Beinen, was Mila aber nicht zu stören schien.
„Ich habe einen besseren Vorschlag Frau Schatzsucherin. Wie wäre es, wenn wir in der Küche beginnen und ich uns nebenbei etwas zu essen mache?“
Thoru verschränkte die Arme vor der Brust und überlegte. Kurz darauf knurrte allerdings ihr Magen und sie sah ertappt zu Mila hoch. Diese hatte eine Augenbraue angehoben und sah sie belustigt an.
„Na gut dann mach uns was zu Essen. Ich kann ja schon mal den Schatz suchen“, lenkte sie dann ein und lies sich wieder absetzen.
„Dann komm aber auch ich hab wirklich Hunger“, drängte Thoru und hüpfte vor Mila her in die Küche.

Mila hingegen sah beunruhigt zu dem kaputten Fenster hinüber. Wieso war das Fenster kaputt? Hatte es etwas mit dem Aufruhr gestern Nacht zu tun? Hatte Thoru den Eindringling etwa gesehen der das Schwert ihres Herrn entwendet hatte? Aber wieso hatte sie dann nicht geschrieen? Oder hatte das Mädchen so fest geschlafen, dass es den Einbrecher gar nicht bemerkt hatte? Aber warum hatte sie ihr dann eben nicht von der kaputten Scheibe erzählt? Die musste doch abgedichtet werden. Sie würde dem Balg gleich beim Frühstück ein paar Fragen stellen müssen und anschließend Meister Konda bescheid geben, damit die Scheibe repariert wurde, denn bei der Kälte konnte sich das Kind noch erkälten.

In der Küche angekommen, begann sie sofort damit die Schränke zu durchsuchen und überall nachzusehen, wo man einen großen Schatz hätte verstecken können. Sie suchte in den Schränken, hinter den Schränken und sogar unter dem niedrigen Küchentisch, fand aber rein gar nichts. Nachdem sie sich enttäuscht an den Tisch gesetzt hatte kam Mila mit einem Tablett wieder auf dem zwei Teeschalen, eine Teekanne, einige Reisbällchen, die mit rohem Fisch gefüllt waren. Als besonderer Leckerbissen stand noch ein klein wenig Honig auf dem Tablett. Thoru lief das Wasser im Mund zusammen und nahm sich schnell ein Reisbällchen, welches sie in den Honig tunkte.
„Köstlich!“ schmatzte sie mit vollem Mund.
„Sag mal Thoru wieso ist denn die Scheibe in deinem Zimmer kaputt?“
„Ifft sie daff?“ fragte Thoru nachdenklich und immer noch mit vollem Mund.
„Ja das ist sie und ich will wissen, ob du weißt wieso“, fuhr Mila streng fort.
„Nein weiff ich nicht!“ sagte Thoru überzeugt. Sie durfte Mila ja nicht von der Botin erzählen.
„Schade, weil gestern Nacht ein ziemlicher Tumult im Haus veranstaltet wurde und ich dachte du wüsstest vielleicht warum.““
Thoru schluckte den letzten Bissen Reis mit Honig herunter und schüttelte den Kopf. „Nein ich hab keinen Einbrecher gesehen“, sagte sie dann, nachdem sie sich ein weiteres Reisbällchen genommen hatte.
Mila seufzte. „Dann werde ich deinem Vater sagen das er deine Scheibe wieder heile machen soll, sonst erkältest du dich noch.“
„Danach gehen wir aber auf Schatzsuche oder Mila?“ fragte Thoru begeistert.
„Ja danach gehen wir auf Schatzsuche“, antwortete Mila lächelnd und ging aus der Küche um ihren Herrn zu wecken.

Published inKurzgeschichten

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