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Kapitel 2.2 -Thorne

((Musik))

Cyril starrte weiterhin auf die Spitzen seiner Turnschuhe, die Worte der diskutierenden Drangen nur dumpf an seine Ohren, er war mit den Gedanken ganz woanders. Diese Nacht war eine von jenen die sich in den Geist brennt, egal wie oft man sich eine Kugel in den Kopf jagt. Die erste Erinnerung die ihn in die Wirklichkeit zurückgeholt hatte war im Stadtpark. Dieses riesige Monster vor ihm, mit einer Pranke die Malkavianerin in den Boden gerammt. Gelbe Augen die ihn mordlüstern anstarrten. Die Erkenntniss den letzten Gedanken zu fassen. Cyril hatte fest damit gerechnet, dass der schwarze Werwolf ihn auf der Stelle zerreißen würde. Als das drei Meter hohe Ungetüm sich erhob und die Vampirin sich mit einem schmatzenden Geräusch von der Pranke löste, wie ein Haufen Matsch daran herablief, schloss Cyril die Augen.

Ein Bild schoss in seinen Kopf. Nicht einmal, nicht zweimal… zehn Mal die gleiche Szene aus unterschiedlichen Perspektiven. Der Werwolf vor ihm war mit einem Mal vergessen, dieses Bild fing alle seine Sinne vollständig ein. Er sank auf die Knie und hielt sich mit beiden Händen den Kopf, welcher drohte zu zerplatzen. Bevor er sich selbst diesen zerreißen konnte übernahm das Tier die Kontrolle. Alles Folgende war nur ein roter Schleier in einem endlosen Aufschrei. Raziel.

„…Aufgrund der Zeugung von zehn Vampiren, von denen nur drei eine Genehmigung hatten, ist dieses Verhalten nicht länger tragbar.“, hörte Cyril gerade die Stimme der Tremere Primogen. Er hob den Blick kurz, musste irgendetwas sehen das ihn von der Erinnerung ablenkte. Sie waren alle hier: Die vier Primogene, der Prinz, Serrah und Skulk. Der Griff der doppleköpfigen Zweihandaxt lehnte auf Cyrils Schulter, das Ding war verflucht schwer und schmerzte leicht. Etwas Nachdruck des Nosferatus. Cyril wandte den Kopf zu ihm hoch. Dieser hatte seinen Blick auf Serrah fixiert. Cyril runzelte die Stirn und prüfte die Aura von Skulk. Sie war Nachtschwarz. Das konnte nicht sein…

Tether Nowak fasste das Gespräch zusammen: „Phil Thorne, bekannt als Cyril, wird wegen folgender Übertritte verurteilt: Zeugung von sieben Vampiren ohne Genehmigung, Zeugen eines Vampirs trotz Sperre, Informationsbeschaffung und –Weitergabe von internen Belangen an den Sabbat und Flucht und damit Befehlsverweigerung.“

Cyril betrachtete Skulk, wie dieser die Axt schulterte, während der Prinz nun das Wort erhob: „Die Sieben unrechtmäßig Verwandelten werden vernichtet. Die Zwei haben sich ihr Unleben bereits verdient und der Eine ist noch dabei. Desweiteren wird der Gesetzesbrecher ebenfalls vernichtet.“

Hohl klangen die Worte in Cyrils Kopf nach. Informationen an den Sabbat? Nein. Wie kamen sie darauf? Skulk wanderte um den runden Tisch herum, welcher im Keller des Anwesens stand. Die Kerze auf dem Tisch flackerte bedrohlich. Cyril wollte etwas zu seiner Verteidigung sagen, doch etwas hielt ihn auf. Ein Befehl der noch in seinem Kopf hing. Schweig. Warum?

Cyril verkrampfte sich abermals, während er um seine Beherrschung kämpfte. Nie war es so schwer für ihn gewesen eine SMS zu schreiben. Das Handy drohte unter seinen Fingern zu zerbersten. Er würde niemals rechtzeitig ankommen, aber er wusste wer es vielleicht schaffen könnte… Das Bild war noch immer deutlich zu sehen, jede Bewegung. Gerade noch zeitig konnte er die Kurznachricht absenden, bevor er wieder völlig seinen Emotionen unterlegen war.

Cyril schüttelte den Kopf, öffnete die Augen wieder. Skulk stand unmittelbar hinter Serrah, welche neben dem Prinzen  saß, die Axt noch immer geschultert. Die Toreador öffnete die Hände wieder, als wollte sie irgendetwas entgegennehmen und seufzte: „Wollen wir nicht erst mal hören, was Cyril selbst dazu zu sagen hat?“

Alle Anwesenden blickten zu dem jungen Toreador, der immer noch in Ketten dasaß. Cyrils Augen weiteten sich, als die Zweihandaxt zum Schlag hoch über dem Kopf des Nosferatu gehoben wurde.

„Vorsicht!“, sprach er entsetzt aus, während die Axt unverfehlbar auf Serrah hinab sauste. Bevor irgendjemand reagieren konnte, machte der Schlag einen kleinen Schwenk zum Prinzen.

Das Geschrei von Serrah war groß, als sie das Blut des Ventrue ins Gesicht bekam. Der Bruhja Primogen reagierte als der Kopf des Prinzen an ihm vorbeirollte mit sofortigem Einsatz von Geschwindigkeit um den weiteren Hieben auszuweichen. Die Tremere rutschte bereits ebenso  kopflos vom Stuhl. Skulk machte einen Rundumschlag über den ganzen Tisch, Cyril stieß sich mit beiden Füßen vom Tisch ab und kippte nach hinten mit dem Stuhl um – aber das reichte um nicht selbst auch den Kopf zu verlieren.

Der Gangrel Primogen entkam dem Schlag in Nebelgestalt. Chen hingegen war bereits in die Dunkelheit des Raumes verschwunden. Während Cyril sich vom Stuhl herunterrollte, hörte er schnelle Schläge von Serrah… und noch etwas anderes, ekliges. Im flackernden Schatten, den die Kerze warf konnte er die Umrisse des Nosferatu sehen. Sechs riesige Dornen, die zusammen eine Kralle ergaben, ragten aus seinem Rücken. Trotz der enormen Geschwindigkeit der Toreador Geißel erwischten diese herabsausenden Dornen sie immer wieder, durchbohrten sie mit aller Kraft. Cyril wurde schlecht und er fluchte über die schweren Ketten. Angestrengt stieß er sich weiter mit den Füßen  vom Boden ab und rutschte so über diesen – weg von diesem Irren, hinein in die Dunkelheit.

Cyril konnte sich gerade einen Augenblick in Sicherheit wägen, da krachte der mutierte Axtträger neben ihn durch die Wand. Höhnisch grinsend zog er sich mit den Dornen wieder heraus wie eine Spinne aus ihrem Versteck, bereit die Beute in ihrem Netz zu verspeisen. Cyril drehte den Kopf, die Axt war knapp neben seinem Gesicht im Boden eingeschlagen und versperrte ihm die Sicht. Doch er konnte zumindest teilweise den Bruhja Primogen erkennen, welcher viel Blut in Kraft und Geschwindigkeit setzte um seinen Gegner in der Wand zu halten – mit gezielten Schlägen. Der Kampf endete jäh, als der Nosferatu die Fäuste des Bruhja in seinen Händen festhielt und während des anstrengenden Kräftemessens die Dornen durch den Primogen trieb.

Cyril kniff die Augen zusammen, das Geräusch der berstenden Knochen und das zerreißen des untoten Fleisches war widerwärtig. Das ihn ein Auge auf der Wange traf, machte es nicht besser. Die Axt wurde wieder aus dem Boden gerupft und Cyril blickte angewidert auf den mutierten Vampir, der ihm diabolisch grinsend einen Fuß auf den Kopf stellte.

„Schachmatt.“, hörte man die kehlige Stimme des Tzimisces in der Gestalt des Nosferatu. Cyril schloss die Augen. Das wäre nun das dritte Mal diese Nacht wo er sterben sollte. Erst im Stadtpark, dann die Verurteilung und jetzt dieser Sabbatheini.

Bevor Cyril den Druck des Fußes auf seinen Kopf stärker spüren konnte, wurde der Raum von einem Feuerball erleuchtet, der unbeirrbar auf den Kainiten mit den Dornen zuflog. Rasend vor Feuerangst taumelte der Tzimisce ein paar Schritte, sprang an die Decke und krallte sich in ihr fest, wollte an ihr entlangkrabbeln wie eine Spinne… und der lichterloh entflammte hinterließ nur noch etwas Asche, die wie Schnee in den Raum rieselte.

Cyril verdrehte die Augen bis man nur noch das weiße in ihnen sehen konnte und nahm so die Seneschall gar nicht mehr wahr, die in der Tür gestanden hatte. Hinter ihr Sam, welcher ihr Bescheid geben konnte. Heute war ein schöner Tag zum Sterben…

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