Zum Inhalt

Kapitel III: Zerstörende Dunkelheit


Die Schritte der Stiefel hallten auf dem Asphalt, den die leere Straße bedeckte. Kein anderer Mensch war auf der Straße. Nur einige wenige Lebewesen trauten sich überhaupt in dieser Nacht aus ihren Verstecken, um auf Beutejagd zu gehen. Am Himmel hing der Sichelmond zwischen den Sternen. Übermorgen würde er vollständig verschwunden sein. Wolkenfetzen trieben über den, ansonsten klaren, Himmel und warfen verwirrende Schatten auf die Erde. Ein leichter Wind war aufgekommen, nachdem sie ihre Schöpfungen aus der Ausstellung geholt hatte. Morgen würde diese ohnehin enden und sie brauchte ihre Arbeit, um einige zu verkaufen. Morgen würde sie auch neuen Lehm kaufen müssen, denn sie hatte ihre letzten Reste für die Exemplare in der Ausstellung verbraucht. Der Wind wehte den Umhang beiseite und lies die Umhängetaschen erkennen, in der ihre Erzeugnisse ruhten. Das lange blonde Haar zeichnete ihren Weg nach, wie eine Schleppe bei einem Brautkleid.

Seufzend blickte sie um Himmel empor, als ein Bild vor ihrem Inneren Auge aufflackerte. Rot umrandet war ein Stein zu sehen, der immer größer wurde und schließlich das Licht erlöschen lies. Dreimal bekam sie dasselbe Bild nacheinander. Drei ihrer Geschöpf waren soeben ausgeschaltet worden. Irgendwer war bei ihrem Haus. Waren es die Vampire? Oder etwa jemand Anderer? Sie hatte nichts gesehen, dafür waren die Szenen zu kurz gewesen, außerdem war es eigentlich unwahrscheinlich das sie sich noch einmal bei ihr blicken ließen. Aber wer außer diesen Vier wusste von ihren Bewachern? Kurz blieb Dehdeh stehen und atmete tief durch. Das sterben dreier Kreationen riss mehr als nur ein kleines Loch in ihr Herz. Sie hatte ihre Kreationen immer geliebt und es gab nichts schlimmeres für eine Mutter, wenn Geschöpfe die sie selbst „geboren“ hatte starben, ohne das ein Grund dazu bestand. Es war nicht ihre Bestimmung gewesen zu vergehen. Ihre Bestimmung war es gewesen auf ewig unvollkommen zu sein. Sicher kein schönes Schicksal, aber einen sinnlosen Tod zu sterben war einfach falsch. Sie hatte sich immer bemüht Außenstehende aus ihren Aktivitäten heraus zu halten. Kein lebendes Wesen, dessen Bestimmung es nicht war zu Kunst zu werden, hatte sie je verletzt. Aber nun brachte jemand ihre Geschöpfe um, ohne daran zu denken das sie leben könnten. Wut kochte in ihr hoch. Der heiße Zorn schmolz den Tiegel ihrer Selbstbeherrschung wie Lehm sich zwischen ihren Fingern verformte. Gleichzeitig aber wurde der Tiegel neu gebrannt und zu einer scharfen Klinge geschliffen. Die Klinge hieß „Rache“, das Heft „Vergeltung“ und die Parierstange „Vernunft“. Mit einem leisen Knurren ging die Magi weiter. Es würde Krieg geben. Vernichtung würde die Ereilen, die ihr und ihren Geschöpfen schadeten.

~*~

Stimmung

„Ich erwarte einen vollständigen Bericht!“, die Stimme Wilhelm von Waldburgs war scharf wie eine Rasierklinge, als er zu der knienden Geißel hinüberging.

Valkyre hatte den Kopf weiterhin gesenkt, denn der Prinz verstand seit ihren peinlichen Fehlschlägen mit den Frischlingen, keinen Spaß mehr. Der steinerne Boden war faszinierend, wenn sie so darüber nachdachte. Die glatten Bodenfliesen waren von Ghulen über Generationen hinweg so blankpoliert worden, das sie ihr Gesicht in dem schwarzen Marmor sehen konnte. Neben den wenigen Kerzen, die die einzige Lichtquelle hier darstellten, war das auch alles was sie derzeit sehen wollte. Aber der Prinz verlangte nach einem Bericht und sie musste ihn so verpacken, dass er die Nachricht nicht so schlecht aufnahm, wie sie wirklich war.

„Mein Prinz“, begann sie mit, ihrer Hoffnung nach, fester Stimme zu sprechen. „Die Explosionen scheinen alle demselben Muster zu folgen. Augenzeugenberichten zufolge soll immer ein weißes kleines Tier in die Objekte hinein gelangt sein, bevor die Explosionen schließlich auslösten.“

„Also können wir davon ausgehen das diese Wesen etwas damit zu tun haben.“ überlegte der alte Ventrue. Valkyre war klar, das dies nur eine Feststellung war und keine Frage, die an sie gerichtet war. Trotzdem bestätigte sie die Überlegungen des Prinzen.

„Davon gehen wir auch aus.“

„Sehr gut. Du wirst diese vorlauten Küken vorerst ignorieren, bis du die Quelle dieser Wesen ausfindig gemacht hast. Du wirst die Quelle eliminieren und dich dann wieder den Küken und deren Erzeugern zuwenden.“
Die Stimme des Prinzen war wieder aalglatt. Keine Emotion zeigte sich darin. Ein sicheres Anzeichen dafür das er unzufrieden war. Ein wenig konnte sie ihn verstehen. Zumindest soweit es möglich war, wenn der Altersunterschied in Jahrhunderten gemessen wurde.

„Du kannst dich entfernen!“

Valkyre erhob sich und ging mit gesenktem Haupt zwanzig Schritte Rückwärts, bevor sie sich um wandte und den Thronsaal verließ. Nachdem die schwere Zweiflüglige Tür hinter ihr zugefallen war, beschleunigte sie ihre Schritte. Die langen Korridore des Schlosses flogen nur so an ihr vorbei, während Ghuldiener schnelle Schritte aus ihrem Weg machten. Erst als sie das Geißelbüro betrat stockte sie. Jemand saß in ihrem Stuhl. Sofort stieß das Tier von innen an ihre mühsam aufrecht erhaltenen Barrieren. Ein Knurren entrann ihrer Kehle, welches noch tiefer wurde, nachdem, derjenige den Stuhl so gedreht hatte das sie ihn erkennen konnte.

„Maximilian!“ brachte die Bruhja zähneknirschend hervor.

Der Tremereprimogen lächelte und blickte zu ihr empor. Sein Gesicht war eine freundliche Maske, die genauso falsch war wie seine Blutmagie, zumindest in ihren Augen. Wie er so locker in ihrem Sessel saß. Als gehöre er bereits ihm und die Privilegien der Vernichtung ebenfalls.

„Eine wundervolle Nacht nicht wahr? Meine Liebe.“ sprach er schließlich und die giftige Süße in seiner Stimme trieb das Tier in ihr weiter an die Oberfläche.

„Was willst du hier?“ Der nur mühsam unterdrückte Zorn färbte ihre Stimme deutlich, das musste auch dem Tremere klar geworden sein, denn er nahm die überschlagenen Beine herunter und stand aus dem Stuhl auf. Dem Tier war das egal, es drängte weiter an die Oberfläche.

„Ich möchte nur meine Hilfe bei dem Fall anbieten, den du gerade übernommen hast. Ich könnte mir durchaus vorstellen das du meine Fähigkeiten gut gebrauchen könntest, um die Ursache dieser mysteriösen Explosionen aufzuklären.“ sprach er weiter und näherte sich ihr in einem entspannten Gang, der ihr zeigte das er derzeit der Liebling des Prinzen war und nicht sie.

„Ich bin nicht auf deine lahmen Zaubertricks angewiesen Max! Ich werde die Ursache auch ganz allein finden!“

Wutschäumend ging sie an dem älterem Kainiten vorbei und stützte sich auf die Schreibtischplatte, um nicht vollkommen die Kontrolle über das Tier zu verlieren.

„Das hoffe ich für dich meine Liebe, denn wenn nicht könnte es sein das du deine Privilegien und deinen Status als Sheriff verlierst.“

„RAUS!“ fauchte Valkyre, als die Tür bereits ins Schloss fiel, knallte ein Briefbeschwerer dagegen und schlug ein Loch hinein. Zum Glück sah sie Maxmilian dadurch nicht, denn dann hätte sie sich sicher der Raserei hingegeben und von ihrem Geißelamt Gebrauch gemacht.
Wutschnaubend setzte sie sich in den Sessel und blickte die Tür strafend an. Wie konnte dieser Emporkömmling es wagen sie so von oben herab zu behandeln. Nur, weil er zwei Jahre älter war als sie. Zwei Jahre waren in Vampirjahren überhaupt nichts, höchstens ein Zwinkern. So eine Anmaßung war eigentlich Grund genug ihn zu Pfählen und dann in der Sonne brennen zu lassen. Nur leider war ihr derzeitiger stand beim Prinzen mehr als wacklig, wodurch sie sich das nicht erlauben konnte. Ihre Chance würde allerdings kommen und dann würde er leiden…dieser Hexer mit seiner angeblichen Magie, die doch nur ein Teil seines Blutes war.

Published inRollenspiel-Storys

Schreibe den ersten Kommentar

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert