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Lightning II

Stimmung

Ich fiel in Meditation und öffnete mein Herz für das Licht, das mich umgab.

Als ich die Augen wieder öffnete sah ich sie vor mir, ihre Silhouette bildete einen bezaubernden Kontrast zum Himmel. Ihr Haar wehte gemeinsam mit den Blättern im Wind, ihr Kleid umspielte ihre Gestalt sanft wie Wasser die Lotusblüten auf dem Teich eines japanischen Gartens. Ihre mandelförmigen Augen öffneten sich und blickten mich an, wie eine uralte Jägerin, die seit Jahrhunderten darauf gewartet hatte mich endlich zu finden, um mich dann zu erlegen. Doch ihr Gesicht war im Gegensatz dazu makellos jung, ihr lieblicher Geruch umspielte meine Sinne.

Jemand kam aus dem Wald und ich drehte meinen Kopf herum. Mit nackten Füßen kam sie zu mir heran und blieb neben mir stehen. Ich reckte den Kopf hoch zu ihrem Gesicht und bekam ein Lächeln aus dem Engelsgesicht. Ronjas helles Haar berührte mein Gesicht, als sie sich zu mir herunterbeugte. Ihre Lippen berührten meine Stirn und ich kam nicht umhin, selig zu Lächeln. Dann ging sie weiter, zu der japanischen Schönheit und an ihr vorbei.

Ronja ging.

Sie hatte ihr Leben. Ich hatte meines.

Und doch… stach es durch mich hindurch, ich hatte diese Szene schon ein mal erlebt. Ich wusste, dass ich mich im Traum befand. Es musste doch möglich sein, etwas an dem Ablauf zu verändern… mein Blick haftete an der Stelle, an der Ronjas Silhouette in der Dunkelheit verschwunden war. Erst die Berührung auf meinem Kopf holte mich zurück. Der warme Duft und die Mandelaugen die auf mir ruhten, gaben mir Sicherheit und zugleich das Bedürfnis ihr Schutz geben zu müssen. Sie strich über meinen Kopf und beschenkte mich mit einem bezaubernden Lächeln, sodass ich sie nie wieder hergeben wollte.

Also erhob ich mich, um sie zu umarmen. Ich hielt sie fest, damit ich sie nicht verletzen konnte. Ich wollte ihr nicht weh tun, nie wieder. Als unsere Nasenspitzen sich beinahe berührten, spuckte sie mir ihr Blut entgegen. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt und bevor diese leer wurden sah ich mein Spiegelbild darin. Ich hob den Kopf und spürte den Ruck durch ihren Körper gehen, als er seinen Arm aus ihr heraus zog…

Er zog seine Finger aus ihrem Brustkorb heraus und betrachtete das noch schlagende Herz in seiner Hand. Es war warm und verlor ihren Lebenssaft. Ich versuchte sie immer noch fest zu halten, aber er packte sie mit der anderen Hand an der Schulter und riss sie von mir weg. Der tote Körper krachte neben mir zu Boden und zerplatzte wie ein Wasserballon, allerdings war es Blut, welches sich überall verteilte. Das Blut wurde zu einem See und ich stand ihm nun allein gegenüber. Die Augen glimmten mich boshaft an und ich sah die Unterarm-langen Krallen, welche das Herz aufgespießt hatten. Ich sah die Geister um mein Spiegelbild kreisen, hörte sie heulen. Hörte mich lachen…

Ich stieß mir den Kopf an dem Windspiel über der Couch, als ich mich ruckartig aufsetzte. Dadurch löste sich eine Kettenreaktion und sämtliche Windspiele und Lärmfallen der Wohnung lösten aus. Ich hielt mir die Ohren zu bei dem Krach.

„Ich bin wach, ist ja gut…“

Ich hatte heute keine Lust, das Lärm-Alarmsystem abzuhängen, also verschwand ich mit dem Laptop oben im Büro des Dojos, um dort zu arbeiten. Mein geschäftiges Treiben wurde jäh unterbrochen: Von einer E-Mail. Umeko hatte mir geantwortet. Ich saß wie erstarrt da.

Ich wartete auf mich selbst. Da fehlte irgendwas… überschäumende emotionale Reaktion… aber da kam nichts. Meine Gedanken purzelten ein bisschen, was ich darauf jetzt antworten sollte. Ich stolperte gedanklich, als ich merkte was fehlte. Leidenschaft. Echte Gefühle. Das war so unwirklich, war ich nicht die ganze Zeit über gut gelaunt?

Ich drehte mich mit dem Bürostuhl im Kreis und dachte nach. Wenn ich schon keine Entscheidung aus dem Bauch heraus treffen konnte, musste ich wenigstens über eine logische nachdenken. Warum sollte sie nicht kommen? Es gab eine Vereinbarung und ich mochte ihre Nähe… andererseits war es gefährlich für sie, hierher zu kommen. Hier in der Umgebung gab es mehr Vampire, ich hatte meinen Schatten den ich in meiner Nähe vermutete…er wartete sicher nur darauf, dass sie herkommen würde…

Da lag das Problem. Es gab eigentlich keinen Grund, sie nicht hier haben zu wollen. Solange ich befürchten musste, sie hier nicht beschützen zu können, war es aber wahrscheinlich besser, wenn sie woanders verweilte… ich machte erstmal Mittagspause. Das konnte ich jetzt nicht entscheiden…

Published inRollenspiel-Storys

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