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Rain

Der Geschmack von Vitae, die Asche auf dem Bett in deutlichen weiblichen Konturen – die Stille im Schlafzimmer.

Ein Zucken ging durch meinen Körper und riss mich aus dieser Erinnerung heraus.

„Autsch…“, mein Kopf war gegen irgenetwas gestoßen, als Konsequenz auf das komplette Zusamenzucken. Ich wollte mir aus Gewohnheit meinen Schädel reiben, der viel zu stark schmwerzte für so einen kleinen Stoß – aber ich kam nicht ran. Meine Hand stieß stattdessen gegen die Holzplatte direkt über mir.

„Was…?“, flüsterte ich erstaunt. Orientierung musste her. Wo war ich….und wie kam ich hierher? Nichtmal die erste Frage war leicht zu beantworten, aber ich spürte einen heftigen Kopfschmerz und fühlte mich platt. Ich lag am Boden und vielleicht drei Zentimeter über mir war eine Holzplatte. Der Boden war weich, vielleicht Teppich – scheinbar war ich unter irgendeinem Möbelstück, möglicherweise ein Schrank… herrjeh, wie bin ich hier unten hingekommen? Es war ganz schön eng…. was war passiert, verdammt…

Erstes einschneidendes Ereignis dieser Nacht – mein Spiegelbild im Bad von Tia und Arasch. Mein Hals, aufgerissen durch den Biss eines Menschen. Eines Menschen, den ich nicht kannte. Irena – sie hatte mir bereits leid getan, als ich sie das erste Mal sah. Vielleicht lag es daran, dass Ronja großes Interesse daran hatte, dass es ihr gut ging. Wahrscheinlich… war es das Anfangs wirklich… heute ging es um etwas ganz anderes…

Sie hatte Angst, Panik – diese Art von Zweifel, die einem erst das Hirn und anschließend das Herz zerfraß. Sie war hilflos allem ausgeliefert, wovor sie solche Angst hatte und es war kein Ende in Sicht. Ich fühlte mich verbunden mit ihr, geschahen diese seltsamen Dinge um mich herum in überwältigendem Realismus – und das war sicher nur ein Bruchteil von dem, was Irena durchmachte. Eve konnte es nicht verstehen, sie stellte die falschen Fragen, machte ihr nur noch mehr Angst. Ich musste einfach etwas tun, ich musste Irena helfen – ihr den nötigen Raum geben, damit sie nicht noch mehr durchdrehte. Ich wollte ihr nur helfen – und dann habe auch ich die falsche Frage gestellt…

Meine Stirn drückte sich gegen den kalten Spiegel und mein Blick hing auf dem laufenden Wasser, welches ich bereits angestellt hatte, um mein Blut abzuwaschen. So klar, wie das Wasser unter mir, war mir das Problem des Blutes geworden. Ich wollte nicht, dass Irena mich beißt – ich wollte niemals ein Wesen auf so falsche Art an mich binden. Jemand wie Irena, die alles verloren hatte, ihre Schwester – sich selbst… durch Vampire. Jetzt hatte sie eine Verbindung zu einem Vampir – zu mir. Das letzte, was ich ihr gewünscht hätte – und nun das. Ausgerechnet ich… ausgerechnet Ronja.

Ich versenkte mein ganzes Gesicht unter den Wasserstrahl, um die blutigen Tränen gleich mit wegzuwaschen. Ronja hatte es nicht gewollt, ich hatte es nicht gewollt… es war beinahe kein Unterschied. Was habe ich dir nur angetan, Engel? Natürlich… mich hatte nicht so der Schlag getroffen wie Irena, mein Schicksal war nicht so….aussichtslos. Überhaupt, worüber beschwerte ich mich eigentlich? Im Gegensatz zu Irena ging es mir doch ziemlich gut… ich war Ronja nur das wandelnde schlechte Gewissen, wenn sie ähnlich dachte wie ich jetzt – und davon war auszugehen… Ich durfte sie nicht länger mit meiner Gegenwart behelligen, um dieses schlechte Gefühl nicht in ihr reifen zu lassen… mal davon abgesehen, dass ich viel zu gefährlich für sie war.

Ein brennender Schmerz durchstieß meine linke Hand und ich ruckte mit meinem Kopf hoch, während ich die Hand vom Waschbecken wegzog. Das Wasser über meinen Augen zeigte mir das Bad erstmal verschwommen, ich spürte einen zweiten Stich am linken Oberarm und zuckte vor Schmerzen zusammen, wischte mir aber endlich das Wasser aus dem Gesicht. Rote Augen schauten mich an und ich registrierte sofort, dass der Vampir vor mir gerade meine Schlagader aus dem Arm zog.

Ich zuckte zusammen, machte einen Schritt rückwärts – und hörte das Gespräch im Wohnzimmer wieder. Ich war nah genug an der Badezimmertür, um die weitere Diskussion über Irena mitzuverfolgen. Mit gefiel das alles nicht – mein Denkapparat schaltete sich wieder an – und ich war wieder alleine mit mir und meiner Furcht. Der Vampir war weg.

Nun lag ich hier unter dem Schrank – wusste nicht, wie ich hergekommen war… was war noch passiert heute Nacht? Wir sind zurück ins Eves – ohne Ronja. Aus den schlechten Erfahrungen oben in ihrer Wohnung bin ich dann gleich im Club geblieben… was war dann? Kann doch nicht sein, dass sich mir da Gedächnislücken auftun… meine Ohren zucken, als Schritte zu vernehmen sind…Moment, wo ist das Bandana? Das war scheinbar nicht nur eine Bloody Mary zuviel.

Ahja, der Club. Ich ahne, warum ich den Blutalkohol in mich reingekippt habe, aber das Ergebnis davon ist entscheidend: Ich erinnere mich noch an Blick von Dennis, als uns klar wurde, dass mein Gleichgewicht nicht mehr mitspielte – ich habe einen Schemen von einer Frau vor mir. Scheinbar… ja, ich habe sie wohl umgerissen. Sie war auch nicht mehr standfest… langsam baute sich das Geschehen wieder zusammen – der Blick von Dennis galt mir tatsächlich, als die junge Frau mich in den Sanitärbereich entführte. Selbst wenn ich mich wehren wollte, mein Körper war betäubt und gehorchte gerade mal den einfachen Befehlen „Einen Fuß vor den Anderen“ – das wars aber auch schon. Ich hatte meine Vitae auf der Zunge, auf die ich mir beim sprechen mit den Fangzähnen gebissen hatte – wohl der Grund, warum ich das reden schnell ließ.

Kalte Fliesen in meinem Rücken, die Blondine vor mir – ich spürte ihren Herzschlag, ihren Schweiß – und den Gestank von Alkohol in ihrem Blut. Ich war immernoch kalt, so betäubt, dass ich schon wieder vergessen hatte, wie ich überhaupt hierher kam. Sie faselte irgendetwas von „Komm schon.“ und knabberte an meinem Hals, ihre Hände fuhren an mir herunter – ich bemerkte das alles kaum… seit wann stand ich eigentlich auf Blond? …weiß? Ich blinzelte verblüfft. Das helle Haar roch nach Ronja!

Energisch stemmte ich das Mädchen von mir fort. Ihr Gesicht hatte sich verändert, der Schweiß und die zerlaufene Schminke war dem engelhaften Gesicht Ronjas gewichen. Sie fragte mich, was los sei – was das Problem wäre. Die Worte waren nicht klar, mehr wie durch einen Schleier – ja aus Alkohol und Blut. Ihr Haar bewegte sich, schlängelte sich nach oben von ihrem Kopf aus und glitzerte wie Spinnenfäden – mit den Köpfen von Schlangen. Die Ronja-Medusa verzog das Gesicht und stieß mich wieder zurück gegen die Wand. Ich registrierte irgendwo am Rande enttäuschte Beschimpfungen, vielleicht auch den Ausdruck schwul – keine Ahnung. Ich weiß nurnoch, dass ich ziemlich lange in dem Klo stand und vor mich hinstarrte…

„Schau mal, was ich dir mitgebracht habe!“, eine Kinderstimme riss mich aus diesen vermeintlichen Erinnerungen heraus und ich konnte nackte Füße sehen, die sich direkt vor dem Schrank positionierten. Kurz darauf stellten diese Kinderhände eine Schüssel auf den Boden direkt vor den Schrank….war das… Milch?

Als das Mädchen auf alle Viere runter ging und den Kopf in mein Gesichtsfeld schob, wich ich instinktiv zurück. Sie lächelte mich an: „Keine Angst, ich tue dir nichts… wenn du Hunger hast – ich habe dir Milch mitgebracht – aber nicht Mami erzählen, die wird immer ganz böse, wenn ich so spät noch an den Kühlschrank gehe.“ Sie robbte noch etwas näher, und streckte den Arm nach mir aus. Sie kam meinem Gesicht immer näher – aber ich kam nicht mehr weiter zurück, da war die Wand!

Ihre zierliche Kinderhand griff hinter mein rechtes Ohr – und fing an dieses zu kraulen! Ich zuckte zusammen, war aber hin und weg. Ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus, etwas friedliches, angenehmes… ich wurde schläfrig…

Published inRollenspiel-Storys

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