Zum Inhalt

Sünde

Es war, als hielte die Welt den Atem an. Alle Beteiligten taten dies tatsächlich. Die Wut und Verzweiflung war wie weggeblasen. Sie alle starrten auf den alten Mann. Als Tarot seine Hand hob, um diese zu seiner Wange zu führen, zuckten sie zusammen. Adrenalin schoss durch die Venen der Lebenden und auch die Untoten waren angespannt. Jeder rechnete mit einem Wutausbruch – kein Rasen oder Schreien, aber bei Tarot konnte man ahnen was schlechte Laune seinerseits bedeutete…

Tamara schloss kurz die Augen und atmete tief durch, ehe sie leise meinte: „Sogar du kannst bluten, alter Mann.“ Sie folgte seinem Blick, die sich an die Spitzen seines Zeigefingers gelegt hatten. Der sonst so weiße Handschuh hatte sich dort dunkelrot verfärbt. Seine Miene war wie in Stein gemeißelt, aber Tamara glaubte in seinen Augen Unverständnis zu sehen. Hatte sie ihn tatsächlich aus dem Konzept gebracht? Es war kaum vorstellbar.

Seine andere Hand schnellte nach vorne und ergriff ihr Handgelenk. Sie wollte einen Schritt zurück machen, aber der Griff war eisern. Nicht mehr als diese Armlänge trennte die Beiden, während alle Umstehenden nicht in der Lage waren sich zu rühren. Tarot hob ihren Arm, so weit, dass er ihre Hand genau betrachten konnte. Sein Blick viel auf ihre Fingernägel – diese waren verformt, gehärtet und dunkel. Es waren schon eher Krallen und an der ihres Mittelfingers klebte sein Blut.

Tamara öffnete den Mund ohne etwas zu sagen, sie war von dem Anblick selbst überrascht.

Tarot blickte ihr nun in die Augen und seine Worte schienen in Evas Garten wieder zu hallen: „Ihr könnt alles tun, aber ihr müsst auch mit den Konsequenzen leben.“

Tamara schloss ihren Mund wieder. Er ließ sie los und legte seine Hände wieder auf seinen Gehstock, blickte sie einfach nur an. Der Kratzer auf seiner Wange schloss sich vor ihren Augen wieder – und hinterließ eine dünne Narbe, die kaum sichtbar war. Sein Blick war durchdringend und hatte etwas aufforderndes an sich.

Als sich niemand rührte, hob er eine Hand und zeigte drei Finger hoch. Als er den Daumen einklappte und dadurch nur noch 2 Finger hochhielt bewegten sich alle Kollektiv einen Schritt zurück. Noch während sein Mittelfinger nach unten wanderte, um bloß noch einen Finger hoch zu halten, setzte sich die Gruppe rasch in Bewegung. Tamara warf ihm noch einen enttäuschten Blick zu, ehe sie sich umdrehte und eilig den Platz verließ.

Schnell stürzte sie ins Zelt, um ihre Sachen zu holen. Die leuchtenden Früchte verbannte sie aus ihren Taschen und beeilte sich aus dem Garten heraus zu kommen. Außerhalb war es tiefste Nacht, die Wolken am Himmel spuckten zwar keine Blitze mehr aus, dafür waren sie blutrot und leuchteten irgendwie. Die ganze Szenerie war in ein sanftes rot getaucht. Tamara fluchte als sie sich daran erinnerte, dass ihre Pistole bei Cuervo war.

Wenigstens waren keine Dämonen aus zu machen – was nicht hieß das sie nicht dort draußen auf sie warteten…. sie war sich sicher das Tarot sie zum Tode verurteilt hatte. Hier draußen war es nur eine Frage der Zeit bis man getötete wurde.

„Warte auf uns.“, erklang Raziels Stimme hinter ihr. Die Spanierin drehte sich um und erkannte zwischen den Bäumen nicht nur die Rothaarige. David war direkt bei ihr, dahinter tauchte Hypolo zusammen mit Niklas auf. Bei dem Anblick Adamas verfinsterte sich Tamaras Miene.

„Das ist keine gute Idee… wenn er mitkommt ist das wie ein leuchtender Pfeil über unseren Köpfen. Tut mir leid, aber da überlebe ich alleine länger….“

Er wollte etwas erwidern, aber Raziel hob eine Hand und sprach dann selbst: „Wir wollten doch schon die ganze Zeit hier weg – und wir werden niemanden zurücklassen.“ Sie ging zu Tamara hin und legte ihr beide Hände auf die Schultern: „Wir stehen das gemeinsam durch Tamara. Wir werden nicht aufgeben, egal welche Verluste wir hatten und haben werden.“, Raziels Augen füllten sich mit Tränen und ihr Mund bebte, was ihr das Sprechen immer schwerer machte.

Tamara strich ihr über den Kopf: „Ja… aber… dir ist klar, dass dein Sohn ein Leuchtfeuer für die Dämonen ist. Außerdem… gefährdet unsere Welt seine Existenz. Das ist ein Selbstmordkommando für ihn – und für dich. Ihr müsst nicht mitkommen.“

Raziel schüttelte bestimmt mit dem Kopf und flüsterte: „Ich habe Angst… was sollen wir ohne sie noch tun? Was hat das alles noch für einen Sinn?“

„Hey, wer hat hier gerade davon gesprochen nicht auf zu geben?“, Tamara blickte Raziel direkt in die Augen: „Und du glaubst doch nicht wirklich, dass unsere Männer einfach aufgeben würden, wenn wir tot wären? Eher würden sie der Welt zeigen wo der Hammer hängt! Jeanne D’Arc gibt nicht auf, niemals!“

Raziel schluckte und erwiderte den Blick nun: „Es hat sich viel geändert. Ich bin so verletzlich wie noch nie… “

Nun schüttelte Tamara den Kopf: „Diese Kinder werden geboren, du hast den lebenden Beweis bei dir!“

David gesellte sich zu den beiden Frauen: „Ich störe euch nur ungern, aber wir werden beobachtet.“

Tamaras Blick folgte seinem Fingerzeig. Sie erkannte auf der anderen Seite der Wiese eine Silhouette und rief: „Komm raus, wir sehen dich!“

Die Gestalt setzte sich geschmeidig in Bewegung und bald war sie vollständig zu erkennen.

Tamara runzelte die Stirn: „Du lebst also noch, Belzebub…“

Der Dämon hatte seinen Blick vollkommen auf Raziel gelegt und antwortete Tamara, ohne diese anzublicken: „Belzebub kann nicht sterben.“

Published inRollenspiel-Storys

Schreibe den ersten Kommentar

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert