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Tiger & Dragon

Stimmung

Ich bin gegen Mittag wieder da.
T.

Sollte kein Stau sein, würde ich sicher weit vor Mittag wieder zu Hause sein, aber man konnte ja nie wissen. Die Sonne ging gerade auf, als ich mit meinem Wagen über die Autobahn bretterte. Eigentlich war ich viel zu müde zum Auto fahren, aber die Geschwindigkeit hielt meinen Adrenalinpegel auf einem Level, welches mich wach genug hielt, um jetzt keinen Fehler zu machen. Solange die Straße frei war, gab es sowieso nicht viel zu bedenken. Ich drückte das Gaspedal durch, eine gute Gelegenheit um zu testen, wieviel Kraft in dem Motor wirklich steckte.

Die Strecke nach Frankfurt betrug rund 550 km, aber ich war noch bei Dunkelheit aufgebrochen und hatte von den 5 Stunden nur noch eine vor mir. Der Besuch durfte nicht zu lange dauern, sonst würde ich es tatsächlich nicht mehr schnell genug zurück schaffen. Ein kurzer Blick auf mein Handy, welches ausgeschaltet auf dem Beifahrersitz lag und die Blumen, dann blickte ich wieder nach vorn auf die Straße.

Durch den Rückspiegel konnte ich ein näher kommendes Motorrad heranfahren sehen. Musste eine von diesen 300km/h-Maschinen sein. Wenigstens hatte der Kerl sein Licht an. Hier auf der mittleren Spur war alles gut, aber er schien es irgendwie nicht einzusehen links zu überholen sondern klebte mir ziemlich schnell hinten dran. Ich schüttelte den Kopf. Soein Idiot!

Bevor er aber über mich rüber fuhr, wechselte ich dann doch nach rechts rüber. Seltsam, dass weit und breit kein LKW zu sehen war… egal, wenigstens war frei.

Der Motorradfahrer hielt seine Geschwindigkeit und positionierte sich neben mir. Ich betrachtete ihn kurz. Seine schwarze Motorradkluft war auf dem Rücken mit einem goldenen Drachen verziert, die schwarze Ninja auf der er fuhr hatte eben solche Markierungen und der Helm war geformt wie ein Drachenschädel. Ich verzog den Mund, das gefiel mir überhaupt nicht. Ich wurde langsamer.

Als er dann doch überholte konnte ich das Halfter erkennen, welches an seiner Maschine befestigt war – relativ unscheinbar, aber irgendwie wusste ich, wonach ich suchte. Der Griff der Desert Eagle ragte heraus – dort konnte er sie jederzeit während der Fahrt ziehen. Ich schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf.

„So ein Quatsch.“, sprach ich zu mir selbst.

Ich parkte direkt vor dem Friedhof. Als ich ausstieg sah ich die Ninja auf der gegenüberliegenden Seite auf einer Rasenfläche stehen. Ich ignorierte das und ging auf das Friedhofsgelände. Meine Schritte waren etwas schneller als geplant. Als ich ankam wartete aber keine böse Überraschung, im Gegenteil. Ich war angenehm überrascht, dass die Gräber tatsächlich gepflegt wurden. Wenigstens dieses Geld war gut angelegt.

Beide Gräber bekamen von mir Lotosblumen und ich setzte mich im Schneidersitz davor. Das Kanji hatte ich bereits vor dem Aufbruch gemalt, aber ich zögerte. Warum war ich hier? Ich wollte wissen, ob es ihnen gut ging. Andererseits wollte ich sie nicht stören. Wenn alles gut war, dann waren sie nicht mehr hier… Ich konzentrierte mich einfach und nahm die Eindrücke in mich auf. Ich öffnete mein Herz….

Der Schmerz durchzuckte meinen ganzen Körper, ausgehend von meiner Brust. Das Stechen ging bis in die Fingerspitzen und ich riss die Augen wieder auf. Eine blutige Klinge, die aus mir herausragte begrüßte mich und ich spürte, wie die Energie in Form von Blut aus mir heraussprudelte. Der Schatten meines Angreifers war vor mir auf dem Boden zu sehen, er trug immer noch diesen Drachenmotorradhelm. Mit einem Ruck drehte er die Klinge um 180° nach oben und wieder zurück. Der Schmerz war eigentlich nicht mehr steigerbar, aber die Geschwindigkeit des Blutverlustes erhöhte sich.

Er zog das Katana aus mir heraus und ich sackte einfach nur nach vorne, spürte warmes Blut auf meiner Wange, als ich in dieses hineinfiel. Bevor mein Bewußtsein mich verließ konnte ich noch sehen, wie er die Klinge an den Lotosblüten abwischte…

Als ich die Augen wieder öffnete, saß ich in meinem Wagen. Völlig verschwitzt stieg ich aus und ging zurück in den Dojo. Heute war kein guter Tag, um irgendwo hin zu fahren, wenn ich bereits einschlief, bevor ich überhaupt los konnte…

In der Küche stellte ich dann fest, dass mein Kaffee leer war. Ich schmetterte die Kaffeedose durch den Raum und stapfte dann zum Kleiderschrank. Es dauerte nicht lange, bis ich meine Trainingskleidung angezogen hatte und noch weniger, bis ich auf dem Dach des Dojos war. Es war ein Balanceakt sich dort oben zu bewegen, aber es war mir egal. Ich führte meine Schläge mit dem Shinai aus, drehte und wandte mich und schrie den imaginären Gegner an. Ich blies meine Wut im Training davon.

Die Sonne ging auf und begleitete mich dabei.

Published inRollenspiel-Storys

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