Es war schon spät, das Gasthaus des tänzelnden Ponys war gut besucht und die beiden Kampfgefährten Rileona und Berethion aus Gondor waren froh noch Sitzplätze ergattern zu können. Nach einiger Verzögerung gab es endlich das halbe Schwein und das gute Bier des Ponys auf den Tisch. Berethion hatte großen Hunger und schlang Fleisch und Brot förmlich hinunter. Das viele hin- und hergerenne in Schlucht und im Chetwald hatte seinen Hunger nur geschürt. Rileona hatte den Hauptmann das ein oder andere Mal mit gezogener Großaxt hinter einer Hirschkuh herrennen gesehen, seine Jagd war aber längst nicht so erfolgreich wie gehofft.
„Ihr habt einen gesunden Apetit.“, Rileona hielt sich wie immer dezent zurück. Es war kein Zufall, dass sie einen weniger Beleuchteten Tisch ausgesucht hatte. Hier nahm man von den Gesprächen der anderen Gäste zwar immer noch sehr viel wahr, aber das meiste ging im Lachen oder den Klängen der musizierenden Barden unter. So lauschte wohl auch kaum jemand dem Gespräch der beiden Kampfgefährten. Hier waren sie nicht so auffällig wie es der Fall im Gasthaus Schluchtenflechter gewesen war. Rileona entspannte sich aber erst gänzlich nach einem Schluck Bier. Der Alkohol entfaltete sich in der jungen Frau sehr schnell.
Berethion antwortete mit vollem Mund, sodass Rileona ihn gar nicht verstand. Aber sie war es nicht anders gewohnt. Männer aus Gondor schienen immer großen Hunger zu haben und schlangen das Essen herunter. Erst als auch er zum Bierkrug griff und dieses rasch hinunterkippte konnte sie ihn verstehen. Sie selbst schüttelte sich ob des Alkohols: „Das war wohl etwas zuviel…“
„Das Bier hier ist noch mild, ihr müsst das gondorische Starkbier probieren. Das ist ein Bier!“, wieder schwang der Stolz über das gondorische Reich in seiner Stimme mit. Wie Berethion bereits im Schluchtenflechter beim Umtrunk erzählte war es sein Ziel Gondor wieder im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Er würde wohl keine Gelegenheit auslassen seine Heimat zu stärken. Er war ein Patriot, aber Rileona hatte ihn gewarnt nicht zu machtgierig zu werden.
„Ich… danke euch.“, erhob Rileona wieder das Wort. Berethion schaute sie perplex an, war er doch gerade etwas in Gedanken versunken als er einer Gruppe aus einem Mensch, einem Zwergen und einem Elben lauschte.
„Wofür?“
„Ihr habt mein Vertrauen bisher nicht missbraucht.“, war ihre ehrliche Antwort. Das Bier ließ sie warm werden, sie nahm ihre Kapuze ab und fächelte sich mit der Hand Luft zu. Es war das erste mal das sie die Kapuze in männlicher Gesellschaft abnahm.
Berethion musterte sie. Ein Unschuldiges Gesicht hatte sie, ihre Augen strahlten noch immer etwas Angst aus und man konnte ihr deutlich ansehen das sie noch sehr jung war. Ihr schwarzes Haar war kurz und es sah aus als wäre es grob mit einem Säbel abgeschnitten worden. Vermutlich eine weitere Tat ihres ehemaligen Geliebten.
Berethion erinnerte sich wieder an das Gespräch im Schluchtenflechter. Er hatte durch seine Fragen an Rileona wohl etwas vergangenes ausgegraben. Sie hatte ihm davon erzählt, dass Machtgier verblendet. Ihr einstiger Geliebter, der vorgab aus Gondor zu stammen, hatte seinen Vorgesetzten getötet und seine Gefährten ins Verderbnis geführt. Er ging wohl sogar soweit, dass er Rileona für seine düsteren Ziele opfern wollte. Als sie sich dessen bewusst wurde floh sie – seitdem ist er auf der Jagd nach ihr.
„Sein Name ist Galadhan und er ist einer der Angmarim. Er jagt mich auch jetzt noch“, sprach Rileona nachdem sie sich vergewissert hatte das die Raufbolde im Schluchtenflechter nicht lauschten. Sie hatte Angst einer von Galadhans Handlangern könnte sie hier aufspüren. Das Berethion beinahe ehrfürchtig von den Angmarim als starkes Geschlecht der Menschen sprach, gefiel Rileona nicht wirklich. Für sie brachte Galadhan nur Unheil. Sie hoffte Berethion wäre anders und sie könnte wieder jemandem Vertrauen.
Jetzt, im Tänzelndem Pony saßen die zwei bei Bier und Schwein und ruhten sich von den strapazen des Tages aus. Vielen Bewohnern Schluchts hatten sie heute geholfen, erledigten Botengänge, beschützten andere bei ihren Aufgaben oder vertrieben gar ein paar Schwarzwold-Räuber. Sie hatten sich gut geschlagen und aufeinander acht gegeben. Die kräftige Stimme Berethions und die Kampfkunst mit der Großaxt ergänzten sich ideal mit Rileonas Heckenschüssen und ihrer Ortskenntnis. Immerhin war sie am Rande der Stadt Bree aufgewachsen.
„Ich hoffe ich kann euch weiterhin trauen.“, sprach Rileona nun weiter.
„Natürlich! Ich bin ein ehrbarer Mann!“, Berethion klang beinahe empört.
„Gut… wisst ihr… ich habe Angst vor Galadhan.“, ihre Stimme wurde leiser.
„Ich werde schon dafür sorgen, dass er euch nichts tut!“, Berethions Miene war freundlich, beinahe fürsorglich.
Rileona lächelte. Sie hoffte so sehr das nicht auch er sie verraten würde. Der Alkohol tat sein übriges um ihr den Mut für den folgenden Schritt zu geben: „Eine Freundin von mir hat ein ähnliches Problem… Es sollte eine Leibgarde geben, die sich solchen Dingen annimmt… die Andere beschützt.“
Berethion nickte: „Ich bin euer Schild.“
Rileona betrachtete den gondorischen Hauptmann: „Hm, wir gründen eine Gemeinschaft die sich dessen annimmt. Jene denen das Beschützen nicht so sehr liegt können Anderen ja mit Botendiensten helfen.“ Es war für beide klar, das Rileona damit wohl sich selbst meinte.
„Wie nennen wir uns? Wächter und Boten?“, grübelte Rileona laut.
„Die Numenor waren ehrbare Kämpfer, die sicherlich auch ein Schild führten…“, vollendete Berethion ihre Überlegungen.
„Dann nennen wir uns Boten Numenors!“
Berethion war damit zufrieden und hob den Krug: „Auf die Boten Numenors!“
„Auf die Boten!“
So war es denn beschlossen.
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