Es fühlte sich an, als würde ein Messer ihre Eingeweide zerfleischen. Nur war es ihr eigener Körper, der sich gegen sich selbst wendete. Sie hatte ihre Kräfte aufgebraucht, sogar ihre eigene Essenz angezapft. Ihr eigenes Lebensmuster verbogen, damit sie mehr Energie hatte, um Rain, Anastasia und Teshi zu helfen. Aber jetzt zahlte sie langsam den Preis. Der Mangel an Energie machte sich bemerkbar. Eigentlich sollte das Gespinst ihres Körpers angefüllt sein mit Essenz, die durch sie hindurch floss. Essenz, die sie abrufen konnte, aber sie fehlte. Hatte die Energie schon aufgebraucht und nun löste sich das Gespinst langsam auf, weil nicht heilte, was sie bei ihrer Suche nach Kraft zerstört hatte. Jasmin betrachtete sich selbst im Spiegel. Es war nicht zu sehen, wie es in ihr aussah. Und das war auch gut so. Teshi würde sie nur einsperren oder überhaupt nicht mehr als Hilfe heranziehen, wenn er genau wüsste wie schlecht es ihr im Moment eigentlich ging. Sie brauchte neue Quintessenz, am Besten aus einem reinen Knoten. Damit könnte sie die Selbstheilungskräfte ihres Körper wieder herstellen und die Schmerzen würden aufhören. Aber da es hier keinen Knoten gab, auf den sie Zugriff hatten, würde sie es ertragen. Sie würde nicht wieder aufhören zu suchen. Diesmal würde sie ihre Ziele erreichen.
Lächelnd sah sie dem schwarzen Qualm zu, wie er sich um sie herum wand. Immer dicker und fester schien er zu werden. Bildete glänzende Schuppen und rotglühende Augen schälten sich aus der Finsternis.und der schlangenartige Drachenleib schmiegte sich an ihren Körper. Der Kopf legte sich auf ihre Schulter und sie legte ihm zärtlich eine Hand auf das schuppige Haupt. Eine schmale, gespaltene Zunge schoss zwischen den Lefzen des Drachen hervor und züngelte in der Luft herum.
„Was denkst du? Was soll ich tun?“ fragte sie flüsternd, immer noch in den Spiegel blickend. Ganz leicht nur hob der Schwarze Drache den Kopf. „Weitermachen. Wir können nicht wieder aufhören und du darfst nicht noch einmal stehen bleiben.“ antwortete der Drache zischend. Jasmin nickte und genoss die Wärme, die durch den Drachenkörper floss und so auch langsam auf sie überging. Das linderte den Schmerz ein wenig, wenn es ihn auch nicht völlig auslöschte. „Schmerz ist nicht schlecht. Er erinnert dich an dein Ziel. An Unser Ziel!“ Die Augen des Drachen glühten in einem satten Rot und sie spürte seinen Zorn darüber, dass sie den Schmerz nicht so willkommen hieß wie er. „Schhht. Ich werde auch ohne Schmerz mein Ziel nie wieder so aus den Augen verlieren. Ich hätte dich ohne diese Zeit nicht wiedergefunden. Ohne Teshi wären wir immer noch getrennt. Du kannst ihm also nicht die Schuld daran geben.“ Das Zischen des Avatars klang wüten, während er die Umarmung aufgab und seinen Kopf über den ihren streckte. Jasmin verlor ihr Lächeln nicht. Eher wurde es immer seliger.
Er wollte auf sie aufpassen, auch wenn seine Methoden anders waren. Er meinte es nur gut, genau wie Teshi eigentlich. Wieso wehrte er sich eigentlich so gegen die Entspannung und den Sex den sie ihm anbot? Er musste doch irgendwann einmal den Kopf abschalten und sich einfach fallen lassen. Das konnte er weder mit Rain noch mit Anastasia haben. Hatte er Angst vor einer Gefühlsbindung? Hatte sie selbst eine zu ihm?
„Er hat Angst vor dir!“ flüsterte der Drache. „Er ist ein Tiger und der Tiger weiß das der Drache ihn verschlingen kann.“ Die Verbena schloss die Augen, als sich der Drachenkörper wieder enger um ihren Leib schlang und sie wärmte. „Aber ich würde ihn niemals verschlingen. Das weiß er doch. Wovor fürchtet er sich?“ Der Schlangendrache schwieg. Sie blickte wieder in den Spiegel und strich über das Schuppenkleid des Drachen. „Wir brauchen wieder mehr Kraft, wenn wir weitermachen sollen.“ Nur ein Nicken antwortete ihr. „Vielleicht hat er Angst das ich ihm seine Kraft nehmen könnte, wenn wir…“ sie verstummte. „Möglich. Aber willst du wirklich diese Mühe auf dich nehmen?“ Sie nickte. „Er braucht jemanden bei dem er sich vollkommen ohne Gefühle fallen lassen kann. Wie soll er mit dieser Angst leben?“ Ein Fauchen lies schwarzen, öligen, Qualm aus dem Maul ihres Avatars quellen. „Hat er deine Zuneigung denn verdient?“ Jasmin seufzte. „Ich weiß es nicht.“
~*~
„Lass die Finger von ihr!“ Natascha blickte Gambit ungerührt an. „Ich habe sie nur untersucht und damit festgestellt das sie offenbar nicht krank ist.“ Gambit verschränkte die Arme vor der Brust. „Du wirst sie nicht noch einmal berühren, verstanden?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich denke nicht das sie da Mitspracherecht haben. Ich hatte sie gefragt, ob ich sie und Amanda untersuchen darf und sie hat eingewilligt.“ Gambits Zähne malten. „Ich vertraue dir nur soweit wie ich die gesammelten Kräfte der Technokratie werfen kann.“ Natascha lächelte kalt. „Ich weiß das mir hier niemand vertraut. Ich bin in einer ziemlich schlechten Position, was Forderungen oder ähnliches angeht und das ist mir auch bewusst.“
Die Genetikerin bewegte sich durch das Wohnzimmer wobei die Sonne spiegelnde Reflexe auf ihrer Rüstung produzierte. „Wieso denken sie wohl bin ich immer noch hier?“ Gambit folgte ihr mit dem Blick. „Weil sie ihre Experimente nicht allein lassen wollen und dem Wissenschaftlichen Fortschritt nicht hinterherhinken wollen?“ Der Sarkasmus war deutlich zu hören, aber Natascha reagierte nicht darauf. „Unter Anderem, dass stimmt. Allerdings kann ich auch nicht zurück, ohne zu riskieren alles zu verlieren, inklusive meiner Forschungen. Also bleibe ich lieber.“ Gambit stieß ein Schnauben aus. „Genau und nutzen uns gleichzeitig als Schutzschild.“ Sie sah ihn lange an, statt aber zu antworten lächelte sie nur. „Nein.“ „Lügnerin!“ knurrte Gambit und das Lächeln von Natascha wurde breiter.
Gambit drehte sich um und in der Tür stand Inga, deren Gesicht Verwirrung und ein wenig Angst zeigte. „Nun meine Liebe was sagst du?“ Inga schaute erst zu Natascha und dann zu Gambit, wobei er sich nicht sicher war, ob Ekel das beschrieb was er in ihren Augen sehen konnte. Es war schon fast so etwas wie Verachtung. „Ich bin nicht hier, um den Streit zwischen euch Beiden zu schlichten, sondern nur um…“
„Inga?“ Akios Stimme war befehlend, kalt aber auch Sorge mischte sich in einer ganz winzigen Nuance in die Stimme. Gambit hatte gelernt so etwas herauszuhören und tatsächlich betrat Teshis Zwilling kurz darauf das Wohnzimmer. Nun stand Natascha zwischen Akio und Inga. Damit trennte sie ihn von den Beiden, allerdings, wenn es stimmte das Akio wirklich ein Bastet war und auch noch ein Tiger, war es ihm nur Recht, wenn die Beiden etwas weiter von ihm weg standen. Akio legte einen Arm, um Ingas Hüfte, als er Natascha entdeckte. Gleichzeitig wurde auch sein Gesichtsausdruck wesentlich kälter und Abweisender. Hier braute sich gerade ein Gewitter sondergleichen zusammen. Er hatte allerdings wenig Lust im Zentrum des Klauensturms zu stehen, wenn er losbrach. Natascha leckte sich über die Lippen und Inga schaute verständnislos zu ihm auf.
„Ich denke wir sollten Beide wieder nach oben gehen Inga.“ meinte er dann kalt. „Aber ich will mir mal die Beine vertreten. Ich habe das Gefühl schon ewig nicht mit herumgelaufen zu sein. Bitte lass mich.“ Hoffnungsvoll schaute sie zu ihm auf. Aber er schüttelte nur den Kopf. „Nein, es ist besser, wenn du dich noch ausruhst.“ Inga wollte widersprechen aber Natascha kam ihr zuvor. „Akio, du solltest sie wirklich einmal gehen lassen. Das kann sich sonst unvorteilhaft auf…“ „Sei still!“ fuhr der Kahn sie an und machte zwei Schritte auf die Technokratin zu. „Halt dich da raus! Du hast keine…“
Akio erstarrte. Natascha lächelte noch immer, doch ihr silbriger Anzug flimmerte in einem seltsamen Muster.. Er reflektierte das Licht irgendwie falsch. Das schien allerdings Akio vollkommen in ihren Bann zu schlagen. „Geh! Lass sie sich Bewegen.“ Akio richtete sich ruckartig auf und drehte sich um. Er nickte Inga noch einmal zu und verließ das Wohnzimmer. Natascha lächelte noch einmal, bevor sie sich anschickte ihm zu folgen. Gambit wollte noch etwas sagen, aber Ingas verwirrter Gesichtsausdruck lies ihn verstummen, bis Natascha verschwunden war.
Dann drehte sich Inga zu Gambit um. „Was war das denn?“ fragte sie verständnislos. „Das war ein riesiges, gestreiftes Problem.“ Gambit sah Inga nicht an, während er antwortete. Erst, als er den Blick wendete und sie wieder ansah, bemerkte er das sie direkt vor ihm stand. Ihre blauen Augen waren Pechschwarz und sie reflektierten das Licht wie schwarzer Kristall. „Spiel nicht mit mir!“ flüsterte sie mit Mitternachtsstimme. Gambit lief ein Schauer über den Rücken und trotz das draußen mehr als dreißig Grad waren, fror er.
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