Cuervo starrte auf die doppelflügige Tür des Thronsaals, als wolle er diese einschüchtern. Er hörte noch sehr genau die etwas eiligeren Schritte von Spank und seiner Neugeborenen, wie sie das Schloß auf dem direkten Wege verließen. Sie hatte ziemlich viel Angst gehabt und auch dem Priimogen der Gangrel haftete etwas Unsicherheit an. Sie waren schwach und nicht mehr als Streichhölzer, die Cuervo zerbrechen würde, bevor sie Feuer fingen.
„Du magst sie nicht.“, stellte Loup Garou fest, als er sich langsam dem Thron von hinten näherte. Er trat fast lautlos aus der Dunkelheit heraus, nur Cuervo war es möglich, ihn wahrzunehmen. Doch nicht aufgrund der Geräusche, sondern allein wegen dem Geruch der Vitae die in seinem Körper ruhte. Es war ein unglaublich verlockender Duft. Cuervo hatte immer noch Hunger. Mit einem Satz, als wäre er leicht wie eine Feder, stieß er sich mit den Füßen von der Lehne des Thrones ab, auf der er gehockt hatte und landete nach einer Drehung in der Luft direkt vor Loup Garou, sodass dieser die ausgefahrenen Fangzähne betrachten konnte.
„Verräter.“, zischte Cuervo ihn an. Loups Haltung veränderte sich, er spannte sich an, wie ein Beutetier, dass vorausahnte, dass der Jäger gleich zupacken würde. Sprungbereit und aufmerksam. Dennoch schwang Ruhe in seinen Worten mit: „Ich habe es dir schonmal gesagt. Das war nur dazu da, um dich vor Dummheiten zu bewahren.“
Cuervos Antwort war ein Knurren und er ging noch weiter auf Loup zu, welcher respektvoll zurückwich. „Das bist nicht du. Du hattest überhaupt keinen Grund Mc Fain anzugreifen. Verdammt, sieh einfach ein, dass du einen Fehler gemacht hast. Spider ist dir nicht gut bekommen. Verflucht. Cuervo! Reiß dich zusammen.“, Loups Worte wurden immer hektischer, umso näher die Wand hinter ihm kam. Er wagte es nicht, davonzulaufen. Seine Chancen standen denkbar schlecht und er wollte den Malkavianer nicht mit hektischen Bewegungen reizen.
Loup kam nicht bis zur Wand, da Cuervo ihn einfach am Hals packte und daran in die Luft hob. „Ihr habt euch hinterrücks gegen mich verschworen, du und dein Kind!“
Der Gangrel hob abwehrend beide Hände: „Nein!“
Der Prinz drückte seine Finger in Loups Hals, sodass dieser zu brechend rohte, wie ein Streichholz. Der Gangrel bekam kaum genug Luft herausgepresst, um seine Worte zu formen: „Du bist unberechenbar, wir könnten nie… niemals Pläne gegen dich schmieden… aber gegen Spider… das war allein seine Rache…. versteh das doch!“
Überrascht kam Loup wieder mit seinen Füßen am Boden auf und blickte sich suchend nach dem Malkavianer um. Es war so Totenstill, dass dem Tod selbst der Atem gefrieren musste. Der Seneschall renkte seine Halswirbel wieder ein und machte ein paar vorsichtige Schritte zurück in den Raum hinein. Cuervo war nicht mehr da.
Er fand ihn schließlich am See, auf dem sich das Mondlicht spiegelte. Der Rabe war unruhig, hungrig, das war deutlich zu spüren. Dennoch hatte der Mond etwas magisches an sich, er kam oft her, wenn er über Dinge nachdachte. Selbst auf den Dächern der Stadt wandte er sich immer dem Mond zu, wenn er Pläne schmiedete. Loup gesellte sich zu Cuervo. Dessen Blick gegenüber dem Mond war jedoch nie bewundernd, sondern voller Hass. Doch das waren Dinge, über die fragte der alte Gangrel seinen einstigen Mitstreiter um seiner eigenen Gesundheit willen besser nicht.
Cuervo sog die Luft ein und sprach schließlich: „Sie sind in der Domäne und werden den Kainiten bald ihr Angebot unterbreiten. Wieviele werden dann noch bleiben?“
Loup betrachtete sein Spiegelbild in dem See: „Für mich sind ihre politischen Absichten genauso undurchschaubar wie für dich. Auch, ob ihre Angst oder ihr Verstand siegt ist mir nicht klar. Sie alle haben eine Menge Angst. Bleibt nur die Frage, ob sie mehr Angst haben von dir regiert zu werden oder auf der anderen Seite von dir zu stehen.“, dabei hob er den Blick wieder, um Cuervo direkt anzusehen.
Doch dieser begnügte sich mit einer undurchschaubaren Miene.
„Hol mir die Nosferatu ins Schloß.“
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