Stimmung
Spice schlug ihre Augen schlagartig auf. Es schien noch etwas Dämmerlicht durch den Türschlitz, die Sonne war noch nicht vollends unter gegangen. Das vibrieren eines Basses war zu hören, irgendjemand spielte Musik, doch es war mehr eine ungeordnete Reihe von Klängen, welche einfach nur dazu da waren die Stille zu durchbrechen.
„Niklas.“, flüsterte sie mehr zu sich selbst und schob sich langsam hoch, sodass sie an die Tür gelehnt zum sitzen kam. Sie schaute sich um, die Umgebung war seltsam scharf – zu aktiv, sie hatte das Gefühl jedes Detail was sie sah stach ihr in die Augen.
„Er hat dich eingesperrt.“
Spice zuckte zusammen und bewegte wie von selbst ihre Hand in ihre Hosentasche, nahm den runden Taschenspiegel und klappte ihn auf. Sie hob beide Augenbrauen: „Hat er nicht, warum sollte…“
„Sieh nach.“, antwortete ihr Spiegelbild.
Spice hob den Kopf zum Türknauf und runzelte die Stirn. Was war gestern eigentlich geschehen? Ihre Erinnerungen waren wie in einem Nebel, nah aber nicht sichtbar.
„Schau, wie er dich wegsperrt, als wärest du nur ein Ding.“, ein hinterhältiges Kichern folgte dem Satz.
„Sei still.“, Spice rüttelte nochmal an dem Türknauf. Es war abgeschlossen. Das konnte nicht sein. Spice stand auf und zog mit beiden Händen daran, dann schlug sie mit der flachen Hand gegen die Tür: „Hey! Kann mal jemand die Tür aufmachen? Das ist nicht witzig, Jungs!“
Es erschallte laute Musik von irgendwoher, jeder Ton von Niklas‘ Bass war wie ein Stich. Sie wurde ignoriert.
„Süße, die wollen dich gar nicht hören. Die haben dich weggesperrt und machen jetzt Party. Ohne dich. Wahrscheinlich haben sie sogar den Schlüssel weggeworfen.“
Spice schmiss den Spiegel gegen die Wand. „Lass mich in Ruhe! Warum sollten sie sowas tun?“
„Weil du tot bist.“, ein höhnisches Lachen begleitete diese Feststellung.
Spice wurde es mit einem Schlag bewußt. Sie griff sich an ihr verstummtes Herz, führte die Hand zu ihrem Hals – kein Atem – und betrachtete ihre weiße Haut, fühlte wie kalt sie war. Etwas in ihr Zerschellte und sie schrie.
Als es endete, saß sie wieder auf dem Boden. Sie lachte und hob den Kopf wieder zu dem Türknauf, legte den Kopf gegen die Tür, an der sie mit ihren Fingerspitzen entlangfuhr. „Ich kann nicht ewig hier bleiben. Ich muss raus. Ich muss RAUS hier. Ich brauche eine Verbindung.“, dann schlug sie wieder mit der flachen Hand gegen die Tür: „Lasst mich RAUS!“
„Du kannst den Computer vergessen.“
„WAS?!“, das schlagen gegen die Tür wurde stärker.
„Er hat alles gelöscht, es geht nichts mehr. Cyril hat…“
„Ich bring‘ ihn um! LASST MICH RAUS!“, jetzt benutzte sie ihre Fäuste und hämmerte auf die Tür ein.
Sie stimmte eine Art wehleidiges Jaulen an: „Lasst mich rauuuuus. Bittteeeeee!“, gefolgt von verzweifeltem Kratzen an der Tür. „Feine Tür, liebe Tür….geh auf. GEH AUF!“
Ihr Kopf knallte gegen die Tür und ein leises: „Bitte….“, folgte dem.
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