„Ich wiederhole, Ziel ist in Sichtweite!“, hörte Raymond entfernt den anderen Brujah irgendwo hinter sich, während er bereits in Reichweite des sprintenden Toreadors war. Seine Geschwindigkeit war etwa genauso weit ausgebildet, wie die des Verräters. Mit einem festen Griff an dessen Arm wollte Raymond ihn packen und zum stoppen bringen, doch der Mistkerl schlug einen Haken, wobei er fast das zugeschnürte Bündel auf seiner Schulter verlor.
Matsch spritze, als die Füße von Fliehendem und Verfolger durch den noch morastigen Boden hinter dem Berner Schloss rannten. Raymond pumpte noch immer Blut in die Disziplin, doch er wusste, sein Tier würde zuerst die Kontrolle übernehmen, Peter hatte eine weitaus niedrigere Generation und konnte ihm früher oder später davonlaufen. Der geschlossene Sack auf dessen Schulter wippte schnell auf und ab, die Person darin schien kopfüber zu hängen.
Raymond wartete, bis Peter erneut einen Haken schlug und sprang ihm direkt hinein. Der Matsch gab nach und so konnte er die Sprungkraft nur aus einem der Beine holen. Es reichte aber, um sein Ziel mit umzureißen. Unsanft prallten die drei Körper zu Boden, Raymond brachte seine Faust zielsicher im Gesicht des Toreadors an. Knochen barsten und der Riss im Schädel war gut zu hören, doch den zweiten Schlag musste Raymond abbremsen. Zwischen seiner Faust und dem Toreador hing jetzt der Jutesack mit dem Opfer, viel zu schnell wurde dieser hochgerissen. Raymonds Muskeln protestierten gegen den harten Stopp, irgendwo hinter dem Opfer konnte er das Grinsen von Peter erahnen, während sich sein Arm verkrampfte.
Nur einen Augenblick hielten die beiden Vampire inne, dann war der Brujah bereits wieder in der Luft, um über Peter und das Opfer hinweg zu springen. Der Toreador nutzte dies allerdings, um wieder auf die Beine zu kommen und los zu sprinten, sein Opfer dabei unliebsam hinter sich her schleifend. Diese mangelnde Deckung nutzte Raymond unter voller Konzentration. Er zog seine Pistole, landete wieder auf den Füßen und schoß auf Peter, so schnell wie es das Material der Waffe zuließ.
Die Holzkugeln durchschlugen den Toreador und brachten ihn zu Fall, er strauchelte vorwärts und versuchte trotz der gelähmten Partien seines Körpers weiter voranzupreschen. Noch ehe er komplett den Boden berührte, war Raymond mit einem Satz bei ihm und brach ihm geübt das Genick. Doch er hatte keine Zeit zu verlieren, die Anderen würden sich schon um den Rest kümmern.
Mit einem schnellen Griff in den mittlerweile Matschbespritzten Anzug hohlte er eines seiner Vorratspackungen aus der Innentasche, ließ den Drehverschluß mit einer schnellen Bewegung des Daumens dagegen sich selbst aufschrauben und stürzte das Blut hinunter, ehe er seinen Lauf wieder mittels Geschwindigkeit beschleunigte. Wenn das hier vorbei war, würde er sehr hungrig sein.
Der Knopf in seinem Ohr war schon sehr locker, aber er konnte dennoch die Meldung vernehmen, die kurze Zeit später durch den Funk der Sicherheit rauschte: „Eines der Ziele ist in gewahrsam, er hatte jedoch kein Opfer dabei. Ich wiederhole, kein Opfer, nur ein Kartoffelsack!“
Raymond spürte, wie das Blut durch ihn rauschte, er war reingefallen – und jetzt stinksauer! Das Tier übernahm für einige Zeit die Hatz und beruhigte sich erst, als er genügend Vitae aufgenommen hatte. Der schmerzerfüllte Schrei des Giovanni riss Raymond aus dem Schleier der Raserei – und war zudem noch eine sehr gute Positionsangabe.
Raymond ließ schnell den Blick streifen, um die Lage einzuschätzen: Am Boden neben ihm lag eine von hinten gepflockte Vampirin mit offenen Augen, Lorenzo wand sich unter Raymonds Biss, krallte seine Hand in dessen Brustkorb, und…
Raymond spürte es in seiner Brust explodieren, als die sofortige Verwesung darin einsetzte. Durch den Schmerz ließ er von dem Giovanni ab, packte aber kurz daraufhin wieder zu. Er erwischte Lorenzos Handgelenk, pumpte Blut und riss kraftvoll daran – so leicht würde der Nekromant ihm nicht entkommen. Mit einem unschönen Knacken riss der Arm aus der Schulter und beide Männer fielen durch den Kraftaufwand rückwärts um.
Raymond ächzte, der Pflock, welcher aus Muna ragte, hatte sich von hinten in seinen Brustkorb gebohrt. Glücklicherweise knapp an seinem Herzen vorbei, aber er war dennoch so gut wie unbeweglich. Lorenzo lachte, auch wenn sein Hals aussah, als hätte ein Haifisch ein großes Stück Fleisch herausgerissen. Er hob die ihm verbliebene Hand langsam gen Himmel und irgendetwas passierte. Der Brujah konnte es im ersten Moment nicht begreifen, aber als die Dinger, die sich aus der Erde wühlten, sich als humanoide Zweibeiner entpuppten, fletschte er seine Fangzähne.
Er versuchte sich mit dem rechten Arm und Bein aufzustemmen, die andere Seite war gelähmt, während die Zombies sich an ihren Herrn wandten und auf Befehle warteten. Lorenzo betrachtete Muna und meinte: „Schade, dass ich nicht dabei sein kann.“, dann sprach er zu den wandelnden Toten: „Fresst sie auf, alle Beide.“ Wie ferngesteuert wandten sich alle Zombies synchron zu den am Boden liegenden Vampiren herum und bewegten sich gemächlich zu ihnen hin.
Raymond fluchte, die Dinger waren jetzt im Weg, um Lorenzo wenigstens noch eine Kugel zu verpassen. So schoß er eben mit den verbliebenen Kugeln auf die Zombies, doch die reagierten darauf wie Vampire, wenn sie eine normale Kugel abbekommen würden – so gut wie gar nicht. Nichtmal Kopfschüße interessierten die, dafür waren bereits knochinge Finger um sein linkes – gelähmtes – Handgelenk gelegt und zogen an dem Arm. Zähne schlugen sich hinein und rissen ein Stück davon heraus. Ohne zu Kauen schluckte das untote Scheusal das Stück herunter und wollte gleich nochmal zubeißen. Ein herzhafter Schlag mit dem Pistolenknauf zerschmetterte ihm den Schädel. Raymond presste die Zähne aufeinander und trat und Schlug um sich, damit weder er noch Muna als Festessen endeten.
Endlich schaffte er es auch, sich von dem Pflock zu befreien, sprang schnell auf die Beine, während er Muna mit hoch riss und stellte fest, dass er von den zwei Dutzend Zombies eingekesselt war. Einen kurzen Moment lenkte sichs eine Aufmerksamkeit auf die gepflockte Vampirin in seinem Arm. Sie hatte die Augen noch immer geöffnet und schaute ihn an, nahm ihn also wahr. Er griff nach dem Holzpflock, zog ihn heraus und schleuderte diesen direkt einem der modernden Leichen in den Schädel – was leider nur dafür sorgte, dass der Zombie kurz stehen blieb und dann mit dem Holzpflock im Schädel weiterging.
Raymond sah mittlerweile ziemlich angenagt aus und er rettete gerade Munas Arm vor einem weiteren bissigen Zombie, als er die heißen Dolche in seinem Hals spürte. Er hätte sie sich wohl genauer ansehen sollen, dass Loch in ihrem Brustkorb war sehr groß – so groß wie ihr Hunger. Der Brujah verdrehte die Augen und schaffte es gerade noch, seine Knie dazu zu überreden, nicht einzuknicken. Soeinen Vampirbiss hatte er noch nie gespürt, trotz der Wildheit des Tiers war da noch etwas anderes, unbeschreibliches.
Raymonds Stöhnen ging unter den seltsamen Geräuschen der Zombies fast unter, als er mittels des kleinen Mikrofones, dass mit dem Knopf im Ohr verbunden war, der Sicherheit des Berner Schlosses noch etwas mitteilte:
„Sektor…. acht….brauche….Hilfe….“
Raymonds Tier lag längst auf der Lauer….
Schreibe den ersten Kommentar