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John MacLaren – Traum VIII

„Gut so…“, kalte Hände ruhen auf deinen, deine die blutig sind. Er streicht behutsam über die langen Krallen, versucht deine zitternden Hände ruhig zu halten. Angst und entsetzen, dein Blick schwenkt wieder zu dem Soladten…oder vielmehr was davon übrig geblieben ist. Dir wird wieder schlecht, schaust an dem Gangrel empor, der neben dir steht. Du hockst, noch immer etwas kauernd.

Er lässt deine Hände los und nickt zufrieden. „Ich räum‘ das für dich weg, ruh dich aus.“

Sein Gesicht ist ein Schatten, seine Silhouette schwarz. Doch keine Angst, nur die fehlende Erinnerung an ihn, deinen Erzeuger. Nur die Stimme bleibt, der Geruch. Blut.

Er schleift dich durch die Erdhöhle, weiß genau welchen Gang in dem verfluchten Labyrinth er nehmen muss. Zu oft hast du dich verlaufen. „Wenn du auf Anhieb den Weg von draußen in mein Lager findest, zeige ich dir mehr Geheimnisse.“, erwähnte er jedesmal beiläufig. Auch heute Nacht. Euer Ziel war in der Tat sein Lager, dort wo er und seine Nachkommen hausten – etwas abgelegen von den anderen Gangrel.

Ein paar flüchtige Blicke von den Rudelkameraden, etwas Getuschel. Du bist immernoch voller Blut. Die letzten Meter gehst du allein, lässt dich in dein Lager aus Stoffen fallen. Er steht noch am Eingang der Höhle. Wieder wird dir bewußt, dass man nur so hausen kann, wenn man nicht atmen muss. Alles ist beengend hier, du kauerst dich wieder zusammen und schaust auf deine Hände. Die Krallen sind nicht mehr da.

„Hat er jetzt also auchnoch angefangen es dir beizubringen.“, eine Gestalt sitzt unmittelbar neben dir. Eine Frau. Sie sitzt im Schneidersitz auf ihrem eigenen Lager. Blutsschwester. Dann beugt sie sich zu dir vor und  ergreift deine Hand. „Lass mal sehen.“ Kurz bleibt der Blick an ihrem Gesicht hängen, auf ihre Art eine schöne Bestie. Ihr langes, braunes Haar berührt dich leicht, sie sieht ehrlich besorgt aus.

„Oh, ich sehe schon. Den Fehler habe ich auch gemacht… konzentriere dich nicht zusehr auf deine Finger als Ganzes, sonst springen dir irgendwann deine Knochen entgegen…“, sie bewegt deine Finger. Schmerz. „Du hast sie dir bereits gebrochen.“, sie schüttelt den Kopf und schaut strafend zum Eingang der Höhle, zu ihm.

Leise fügt sie an: „Ich hoffe du bist seiner neuen Aufgabe gewachsen, es wird höllisch wehtun und vielleicht zerreißt es dich. Aber wie sagt er so schön: Nur die harten kommen in den Garten. Wenn du das überstehst, dann bist du einer von uns.“

Sie streicht über deine Hände und blickt dich mit ihren grauen Augen an. Wärme verbirgt sich hinter ihrer Raubtierfassade. Irgendetwas verbindet euch, mehr noch als das ihr den gleichen Erzeuger habt.

Eine Nacht, in der ironischerweise das Menschsein dominierte…

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