„Das war äußerst unbedacht, Parker.“
„Ich weiß, es tut mir Leid. Das nächste Mal werde ich…“
„Schluss damit. Das habe ich jetzt oft genug gehört!“
Johnny hielt das Handy von seinem Ohr weg, als sich die Stimme der Gildehausleiterin förmlich überschlug. Er wartete einen Moment, bis sie mit ihren Verwünschungen fertig war und sich langsam wieder beruhigte.
„Wissen Sie eigentlich, was mich das kostet, Parker?“
„Ich kann nur Vermutungen aufstellen…“
„Hören Sie, noch weiter kann ich sie gar nicht herabstufen…“
„Das ist mir bewußt. Ich werde nach der Jagd umgehend zu Ihnen kommen. Mir knurrt der Magen.“
„Beeilen Sie sich.“
Johhny legte auf und verstaute das Handy in der Innentasche des Mantels, während er eilig über den Kiez ging. Heute hatte sich offenbar alles gegen ihn verschworen. Er klappte den Kragen hoch, um wenigstens dort kein Wasser abzubekommen. Es goss in Strömen und die Besucher der Rotlichtmeile hatten es sehr eilig. Freude für all jene die unerkannt bleiben wollten, in Mänteln und Regenkleidung und mit Regenschirmen über dem Kopf sahen sie alle gleich aus.
Inmitten von dem Treiben stand eine kleine Gestalt, welche scheinbar vor Staunen über diese Welt an Ort und Stelle verharrte. Sie hatte gelocktes, blondes Haar und als Johnny ihren Blick traf war es um ihn geschehen. Das Mädchen von vielleicht 7 Jahren hatte eine übermenschlich charismatische Ausstrahlung. Obgleich sie wie der Farbtupfer in dem ganzen Grau der Szenerie wirkte und in ihrem Alter um diese Zeit hier erst Recht nichts zu suchen hatte, zögerte Johnny einen Moment.
Das bezaubernde Mädchen hatte seinen Blick jedoch bemerkt. Sie lächelte ihn an und er blieb stehen, wartete als sie zuihm ging. Sie hatte eine bezaubernde Stimme: „Entschuldigung… ich habe mich verlaufen. Mein Bruder wohnt hier irgendwo. Kannst du mir helfen?“
Johnny nickte ohne zu Zögern. reines Kinderblut… „Natürlich. Komm mit, Kleines.“
„Ich heiße GinaDenise und du?“, sie nahm ihn an der Hand, wie es ein Kind bei seinem Vater tat und zog ihn in eine Richtung. „Ich glaube wir müssen da lang..“
Johnny bemerkte kaum, dass sie ganz zufällig ebenso von der Hauptstraße runter wollte wie er. Ihre Ausstrahlung bannte ihn zu sehr. Bald schon waren sie in einer unbeobachteten Seitengasse angelangt. Sie starrte ihn an, sodass er sich zu ihr hinabbeugen musste. Eine Hand an ihrer Wange. Gina hatte keine Angst, auch nicht als dieser fremde Mann ihre Haare zur Seite strich… und zubiss.
Nach dem ersten Schluck riss Johnny die Augen auf, das Mädchen war offensichtlich selbst auf der Jagd gewesen – er war nur etwas schneller in der Ausführung. Er schmeckte ihre Vitae noch auf der Zunge als er sich zurücklehnte und sie betrachtete. Die verlängerten Eckzähne wirkten surreal an dem Kind. Sie machte einen Schmollmund: „Du bist auch ein Vampir? Sowas blödes, ich hatte gedacht das ich endlich meinen Hunger Stillen könnte.“
Zu blöd, das keiner von Beiden den Anderen rechtzeitig als Vampir enttarnt hatte…
„Wie heißt du?“
„Johnny Parker.“
„Trink noch etwas.“, ihr Lächeln war einfach zu bezaubernd und so tat er wie verlangt, dieses Mal von ihrem Handgelenk.
„Komm mit, Sklave.“
Johnny hielt sich die Nase zu, als Gina die Wohnungstür öffnete. Es stank, er konnte nur nicht genau einordnen nach was. Zögerlich trat er ein, sie verschloss die Tür sogleich hinter den Beiden und ging weiter in die Wohnung.
„Gregor! Ich bin wieder zu Hause…und ich hab Besuch mitgebracht!“, rief sie fröhlich.
Johnny hatte ein schlechtes Gefühl, obgleich er sich aus dem Bann des Mädchens nicht mehr lösen konnte. Als benannter Gregor den Kopf durch die Tür steckte schluckte Johnny laut. Der Anblick der Knochenfortsätze am Kopf des Hausherrn, die wie Hörner im Einklang mit seinem Irokesenschnitt waren, schnürte Johnny die Kehle zu.
Der Tzimisce grinste ihn an und meinte: „Interessanter Besuch, Gina.“
„Darf ich ihn behalten?“, fragte sie Gregor, während sie sich von ihm über den Kopf streichen ließ.
„Hmmm…“
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