Mit beruhigendem Rauschen lagen die Imladris-Fälle vor ihnen, die Bäume waren von seltsamer Energie durchwachsen, welche weiteres Wohlbehagen auslöste. Zumindest empfand Rileona dies so. Sie blickte seelig über die Stätte der Elben und faltete die Hände in den Schoß, nachdem sie mit dem Harfenspiel fertig war. Dann blickte sie zu Druswyn hoch, welche neben ihr Stand und eine Weile den Klängen gelauscht hatte.
„Du wolltest mich sprechen, Rileona?“, für Druswyn war Bruchtal voller Erinnerungen des Wandels. Nicht nur, dass Rileona hier geheilt wurde und offensichtlich den Elben nun einen Schritt näher war, ihre Sprache lernte und sich in Musik und Heilkunst übte – auch Druswyn hatte hier wieder zu sich selbst gefunden, wenn auch nie so erfolgreich wie ihre beste Freundin.
Elsyrion hatte gut daran getan sie zum Schmieden zu bewegen, damit sie ihre Wut in die Hammerschläge stecken konnte. Jetzt war sie zu einem passablen Waffenschmied geworden, doch die Zwerge in Thorins Hallen erwarteten sie bereits, damit sie noch viel mehr lernen konnte. Aus Zorn wurde etwas Nützliches.
„Du hast den weiten Weg aus Bree auf dich genommen, weil eine Freundin danach verlangt und das, obwohl du nicht mehr nach Imladris kommen wolltest. Dein Herz ist nicht so verdorben, wie du vielleicht denkst.“, Rileona lächelte warm und bedeutete Druswyn, sich zu setzen.
Diese winkte ab: „Danke, ich bleibe stehen.“
„Allzeit bereit, Frau Hauptmann?“, Rileona schmunzelte und nickte. „Du kannst deine Vorurteile, deine Angst du könntest so ein ‚Weichei‘ werden, solltest du noch länger bei den Elben verweilen, für einen Moment zur Seite schieben um dich um Andere zu kümmern. Du wächst über dich hinaus, über deine menschlichen Ängste um genau das zu sein: Menschlich.“
Druswyn runzelte die Stirn: „Worauf willst du hinaus?“
Rileona schlug die Beine übereinander und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. In dem weißen Gewand und mit dem elbischen Schmuckstück auf ihrem Kopfe wirkte sie wie eine von ihnen. Rileona sah nicht nur aus wie eine Elbenfrau, sie sprach auch so. Erstaunlich für eine so junge Frau. Die Heilung durch Glorfindel schien weit mehr bewirkt zu haben als die dunkle Brut aus ihr zu treiben. Sie war reiner denn je.
„Hör zu, Druswyn. Ich weiß, dass du den Fluch nicht hier aufheben willst…. kannst. Für dich ist ein anderer Weg bestimmt. Du hast ihn längst beschritten. Dein früherer Sinn für Gerechtigkeit kehrt zurück. Das ist es auch was die Anderen brauchen. Es fehlt ihnen an Führung, jemand der den unentschlossenen Herzen eine Richtung gibt. Ich bin nicht dafür geschaffen, das ist dein Talent. Ich kann ihnen nur Hoffnung geben, damit sie nicht stehen bleiben sondern ihren Weg weitergehen… du jedoch bist jene die sie auf diesem Weg begleitet und ich weiß du bist bereit Blut und Schweiß für jene zu geben die dir zur Seite stehen. Du bist der Hauptmann, Druswyn. Man hört auf dein Wort.“
Druswyn seufzte und ließ den Blick schweifen. Hier in Bruchtal war alles viel leichter zu sehen. Das Verderbnis, der Schatten der nach der Welt griff war hier so fern. „Sie folgen mir nicht, sie wissen um den Fluch den Pharonir…Angmar mir auferlegt hat. Sie trauen mir nicht mehr. Sie sind dir gefolgt, als Freunde und Beschützer. So bleiben es nur noch die Freunde die mit uns sind. Sieh dich um, wir sind wenige geworden.“
„Aber sind es nicht eben jene Freunde die noch da sind weil sie interesse an der Gemeinschaft haben? Jeder von ihnen bringt seine Opfer und jeder erhält seine Freude wenn er mit uns zieht. Wir mögen wenige geworden sein, aber dafür ist der Zusammenhalt umso besser. Etwas mehr optimismus täte dir gut, Druswyn.“, Rileona schaute aufmunternd.
Druswyn schloß die Augen und legte den Kopf in den Nacken: „Warum führst du sie nicht weiter? Warum übrträgst du diese Bürde auf mich?“
Rileona erhob sich geschmeidig und trat an ihre Gefährtin heran, legte eine Hand auf Druswyns Schulter: „Ich werde in Imladris bleiben. Ich werde nie wieder eine Waffe führen, nicht mehr töten. Hier ist es sicher und ich kann viel lernen. Du jedoch kämpfst für die Freiheit, dein Weg ist Verteidigung durch Angriff. Das ist nicht meine Welt, Dru. Ich war nie dazu fähig, ich kann nur Wunden pflegen und eine Schulter anbieten.“
Druswyn senkte den Kopf wieder und betrachtete Rileona: „Du versteckst dich vor dem Unheil… vor dem was dir angetan wurde. Ich respektiere das. Aber ich werde Vergeltung einfordern. Wenn es dir nicht mal möglich ist, dich frei zu bewegen um nicht von Angmars Schergen aufgegriffen zu werden… dann müssen wir etwas dagegen tun.“
Rileona schloß die Augen kurz und nickte: „Wenn das dein Wunsch ist, werde ich wiederum dies respektieren.“, danach blickte Rileona Druswyn wieder an: „Es gibt noch etwas Anderes, dass du für mich tun kannst.“
Druswyn schaute sie fragend an: „Was immer dir auf dem Herzen liegt.“
„Finde Berethion…“, nun war Sorge in Rileonas Gesicht getreten. „Ich fühle das der Schatten ihn ergriffen hat. Finde ihn, bitte. Etwas schreckliches passiert.“
Druswyn nahm Rileona in die Arme und drückte sie freundschaftlich. Es war ein Versprechen über den Tod hinaus.
Nur wenige Stunden später hetzte Druswyn auf ihrem Pferd durch die Trollhöhen, es gab Aufgaben zu erledigen. Glorfindel hatte Druswyn wieder auf den Weg geschickt, den zuvor Rileona bestritten hatte…
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