Candle und Firewall prallten an der Bürotür zusammen, als sie beide gleichzeitig nach dem Türknauf griffen. Die Tür wurde aufgerissen und sofort schnatterten die beiden Schönheiten los: „Jack!“
Der Erzeuger der beiden Malkavianerinnen blickte von dem Buch auf, welches er gerade in einer Hand hielt und las, während er schmatzend auf einem Stück Niere herumkaute.
„Hast du schon gesehen, es gibt eine Hochzeit.“ – „Eine Vampirhochzeit!“ – „Bei Tarot!“ – „Und wir sind eingeladen!“ – „Auf eine Hochzeit!“ – „Eine richtige Hochzeit!“ –
und dann synchron: „Gehst du mit mir dahin?“
Crazy hörte nicht auf zu kauen, während er mit den Blicken zwischen den beiden Frauen hin und her blickte, um immer die anzusehen, die gerade sprach. Mittlerweile standen sie direkt vor seinem Schreibtisch und blickten ihn nun erwartungsvoll an. Er legte den Rest der Niere zurück auf den Teller, wo die anderen Organe ruhten, wischte sich die Fingerspitzen an einer Servierte ab und griff zum Lesezeichen, steckte es zwischen die Seiten und klappte das Buch zu, bevor er es vor sicha uf den Tisch legte. Anschließend faltete er die Hände ineinander und schaute noch einmal von einer zur anderen – und spannte sie damit nur noch mehr auf die Folter.
„Ja.“, war seine Antwort. Eifrig nickten die Frauen und machten sich sofort Gedanken darüber was sie anziehen sollten, während sie den Raum ebenso schnatternd wieder verließen. Der Malkavianer schüttelte lächelnd den Kopf, ehe er diesen weder zum Computerbildschirm wandte. Er drückte noch einmal auf den Hasen, der wieder über den Bildschirm hüpfte, die Einladung aus dem Hut zog und vorlas. Dann griff er zum Telefon und rief Tarot an: „Guten Abend Billy, brauchst du noch Hilfe bei der Vorbereitung der Party? Ich habe hier zwei sehr eifrige Frauen am Start die sowieso gerade nichts besseres zutun haben.“
„Du kannst Candle und Firewall gerne zu mir schicken… bitte erinnere sie daran, dass es eine Hochzeit wird und keine Silvesterparty. KEIN KONFETTI!“, war Tarots Antwort.
„Selbstverständlich. Man sieht sich.“, Crazy legte auf. Ob Tarot wohl bewußt war, dass man bei so einem Ereignis gerne mit Reis warf? Crazy zweifelte für einen kurzen Moment daran und griff wieder nach dem Buch, auf dessen Deckblatt stand „Complete History of Jack the Ripper“. Er schlug die Seite wieder auf, bei der er stehen geblieben war und las weiter – schmunzelnd.
Cuervo wandte seinen Blick vom Mond ab und schaute auf den Computerbildschirm. Er hatte zwei neue Mails, eine war sehr kryptisch und die andere hatte einen Dateianhang. Der alte Malkavianer schlug seine Augen zu, ehe er sich dann auf den Stuhl setzte, um sich das näher an zu sehen. Welch Ironie, dass die beiden Absender einmal Orpheus und einmal Harlequin waren. Von Beiden hatte er keine Post erwartet…
Ziemlich unbeeindruckt betrachtete Cuervo das animierte weiße Häschen und die erklingende Einladung zur Hochzeit. Er wusste längst, welche Gäste noch dort erscheinen würden. Er wusste auch, dass Serrah nicht mal dafür aus ihrem Loch kommen würde, auch wenn er es hoffte. Die Toreador liebten solche Veranstaltungen… da konnte sie als Prinz eigentlich unmöglich fehlen.
Cuervo schlug abermals die Augen nieder. Er war so verdammt müde… dabei war es gerade mal Mitternacht. Ohne hinzusehen griff er nach dem Telefon, wählte eine Nummer aus seinem Kopf. Am anderen Ende meldete sich Wynn Atlas: „Guten Abend, Primogen.“
Cuervo lehnte sich in dem Stuhl zurück und sprach, noch immer mit geschlossenen Augen: „Wird der Prinz zur Hochzeit in Tarots Elysium kommen?“
Wynn dachte nach und seufzte schließlich: „Sie ist noch nicht soweit.“
Der Telefonhöhrer gab knirschende Geräusche von sich, als das Material langsam dem Druck von Cuervos Fingern nachgab, aber er beherrschte sich: „Der Prinz ist sich gewiss im Klaren darüber, dass dies eine Veranstaltung ist, die für den Clan der Toreador von Bedeutung ist.“
Wynn wich aus: „Werdet Ihr anwesend sein, Primogen?“
„Darauf kannst du Gift nehmen.“, dann legte Cuervo auf, indem er den Telefonhörer gänzlich zwischen seiner Faust zerstörte. Die Reste davon ließ er einfach fallen. Er erhob sich wieder und stellte sich zurück ans Fenster, blickte zum Mond auf.
Es war Zeit das Schlachtfeld zu betreten. Das Schlachtfeld wo die einzige Waffe die eigene Zunge war, man sagt ja dort seien die Toreador wahre Meister.
Er würde sie bezwingen.
Wie immer.
Cecilia klemmte das Telefon zwischen Ohr und Schulter, während sie den Einkauf aus dem Korb holte und in den Kühlschrank einsortierte: „Du müsstest doch noch einen Anzug von der Taufe haben, passt der nicht mehr?“, sie schmunzelte ein bisschen. Peter lachte am anderen Ende der Leitung: „Ohja, erinnere mich bloß nicht daran. Der war schrecklich. Nein, nein. Ich werde mir einen neuen kaufen, der alte Plunder ist doch nicht mehr zeitgemäß.“
„Also das ist jetzt aber keine Ausrede, du weißt doch das viele Kainskinder alte Sachen lieben.“, antwortete sie mit einem gewissen Humor in der Stimme.
Müller wurde allerdings wieder ernst: „Apropos – was ist mit den Anderen des Clanes?“
Cecillia schloß den Kühlschrank und räumte die Verpackungen in den Müll, ehe sie die Küche verließ und das Telefon wieder in die Hand nahm: „Die wurden tatsächlich nicht eingeladen, du kannst dir bestimmt vorstellen wie Isaac reagiert hat.“
„Als würde ihn so eine Hochzeit wirklich interessieren… der würde doch eh nur seinen Sprössling hinschicken.“
Die Ghulin ging durch das Wohnzimmer zum Arbeitszimmer, seufzte beim Anblick ihres Mannes und antwortete dann ins Telefon: „Wahrscheinlich schon. Aber ich muss zu ihm auch nichts weiter sagen, denke ich… es ist sicherlich besser so. Immerhin beweisen die Nosferatu so, dass sie das alte Königshaus immer noch aktzeptieren.“ Sie hob den schlafenden Vampir etwas an, zog die Dokumente unter ihm hervor und legte ihn wieder ab. Die Papiere legte sie fein säuberlich neben ihn ohne einen Blick darauf zu werfen. Vorsichtig bettete sie seinen Kopf mit Hilfe seiner eigenen Arme gemütlich auf den Schreibtisch. So sah er nicht mehr so aus, als wäre er von einer Sekunde auf die andere umgekippt – was natürlich der Fall gewesen war. Er hatte es mal wieder nicht geschafft zu seiner Schlafstätte zu kommen ehe die Sonne aufging.
„Mh, sei da vorsichtig.“, lenkte Peter ein. „Orpheus spricht nicht für die Nosferatu als Clan, der hat mit Politik wenig zutun. Das ist im allgemeinen gesünder für die Einheit.“
„Du weißt ganz genau, dass man nicht ’nichts mit Politik zutun‘ haben kann. Niemand kann sich davon unabhängig erklären, das beste Beispiel dafür sind Anarchen.“
Vincent verschränkte die Arme vor der Brust: „Soll das ein Witz sein?“
Michelle grinste: „Also ich find’s lustig.“
Beide Brujah schauten auf den Bildschirm, der schon etwas flackerte, da er in der Vergangenheit ein paar Schläge zuviel abbekommen hatte. Dann schüttelte Vincent den Kopf: „Diese Einladung ist eine Beleidigung… und ich geh‘ doch nicht auf eine Hochzeit, wo sich die Lackaffen erst Recht gegenseitig beturteln.“
Michelle zuckte mit den Schultern: „Es sind ja nicht nur Ventrue und Toreador da, immerhin ist das ne Nossi-Hochzeit. Das wird bestimmt…schaurig?“, sie grinste.
„Hmpf.“, kam nur von ihm.
„Außerdem… wäre Tether bestimmt hin gegangen, der mag sowas doch.“, sie duckte sich unter Vincents grimmigem Blick.
„Nagut, ich möchte wenigstens dabei sein, wenn über mich hergezogen wird. Wir gehen da hin.“
Nina betrachtete ihre Blutgeberin aufmerksam und fühlte sich so deplatziert inmitten der Nosferatu, obwohl sie doch ein Ghul des Clanes war. Vagna hatte ihre ungleichmäßig langen Finger auf ihrem kahlen Kopf, während sie diesen auf die Handfläche stützte. Mit der anderen Hand strich sie sich unbewusst ihr linkes, spitzes Ohr entlang. Die Brutmutter war in Gedanken versunken, vielleicht hing sie irgendwelchen Erinnerungen nach – es war still im Thronsaal. Horizon nahm als lautestes Geräusch den Atem von Nina wahr, während er hinter ihr Stand.
Als Vagna schließlich die Stille unterbrach, klang sie lethargisch: „Wir sollten den Beiden ein ganz besonderes Geschenk machen…. Horizon, kontaktiere Tarot. Wenn er mehr Leute für die Sicherheit der ganzen Veranstaltung benötigt, wird der Clan welche stellen, damit sich niemand dabei Dummheiten erlaubt. Niemand, der nicht eingeladen wurde, soll dieses Ereignis stören – sprich auch mit deinem Erzeuger, ich will deine Brüder als Aufseher wissen.“
Horizon verneigte sich: „Wie ihr wünscht, Seneschall.“
Schließlich wandte sich Vagna zu Nina: „Auf der Hochzeit herrscht hoher Besuch, die Erstgeborenen und die Sheriffs sind eingeladen. Wenn irgendjemand mitbekommt, was da läuft kann entweder die Hochzeitsgesellschaft oder ein anderer, dadurch vernachlässigter Ort angegriffen werden. Der Clan wird die Domäne beobachten wie immer, wir halten die Informationen zur Hochzeit so gering wie möglich… aber ich mache mir Sorgen um den Prinzen.“
Nina nickte, meinte dann aber: „Der Prinz ist alt und mächtig und sie weiß was sie tut. Das Schloss ist ja nicht unbesetzt während dieser Zeit – ihr wird schon nichts geschehen…. sie hat sich auch gegen die Jäger behauptet..“
Der Seneschall hob den Kopf von der eigenen Hand hoch und blickte zum Doppelflügigen Tor des Thronsaals, dass sich gerade öffnete. Eine gebeugte Gestalt trat ein und ging etwas zögerlich auf den Thron zu. Vagna war positiv überrascht, als sie den Gast schließlich vor sich hatte: „Muhk, was führt dich aus der Kanalisation hierher?“
Nina machte einen respektvollen Schritt vor dem auf den ersten Blick noch recht menschlich aussehenden Nosferatu weg. Lediglich die milchigweißen Augen sahen wirklich ‚kaputt‘ aus. Dennoch war ihr in Muhks Nähe nicht wohl. Die gebeugte Gestalt beugte sich noch weiter hinab um sich zu verneigen, ehe sie sprach: „Ich bringe Euch Kunde über die neuesten Aktivitäten des Feindes und muss dafür persönlich mit Euch sprechen.“
Vagna nickte: „Sprich.“
„Wir haben einen Maulwurf in unseren Reihen.“
Der Seneschall lehnte sich im Thron zurück und nickte: „Dann wird diese Hochzeit noch interessanter…. lasst uns allein.“
Horizon und Nina verneigten sich, ehe sie kehrt machten und den Thronsaal verließen.
Ifar betrachtete den Kalender der Gruppe ‚Weißer Stern‘ und hob eine Augenbraue, als er den dick markierten Eintrag entdeckte: Hochzeit von Jan Gruner und Sofia Ganzo. Sogleich schnappte er sich Cecil, die gerade an ihm vorbei ging, am Handgelenk. Sie machte dadurch einen Richtungswechsel und landete direkt neben ihm, schaute ihn fragend an. Der Toreador war unter seiner Sonnenbrille immer schwer ein zu schätzen, er tippte direkt auf den Eintrag und fragte, mit seinem typisch finnischen Akzent, wodurch die Worte sehr weich klangen: „Was machen wir da?“
Cecil lächelte: „Wir sorgen für die musikalische Unterhaltung.“, auf seinen fragenden Blick hin erläuterte sie weiter: „Wynn hat die Liste der Songs noch nicht ganz fertig, deshalb gab es noch keine Notenblätter.“
Ifar Biz verzog den Mund, was seine Unzufriedenheit darstellte, sie legte ihm die Hand auf die Schulter: „Ja, ich weiß was du sagen willst: Zuwenig Zeit um die Songs zu proben. Er ist jetzt eben auch noch mit seinem neuen Posten beschäftigt… ich muss deshalb auch weitermachen, ihm dabei helfen.“
Der Pianist nickte knapp und betrachtete wieder den Kalender.
Eine Zerreißprobe.
Wie immer.
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