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Breakout

Stimmung

Ich hob meinem Blick zum Rückspiegel des Wagens, sodass ich mir selbst in die Augen schauen konnte. Wenn Blicke töten könnten, wäre das glatter Selbstmord gewesen.
Bist du jetzt zufrieden, ja?, mein Kiefer mahlte.
Nein, sie lebt immer noch.
Halt einfach die Klappe, ich kanns nicht mehr hören. Dein Problem ist völlig unwichtig, hörst du? Warum verschwindest du nicht einfach wieder und lässt uns in Ruhe? DU MACHST NUR PROBLEME!

Ich konnte Ryuos Grinsen sehen, obwohl ich im Rückspiegel nur die Augenpartie sah. Ich verschwinde nie wirklich, schon vergessen? Wir sind eins und du Idiot versuchst uns schon wieder zu trennen. Mach nur weiter.

Ohja er hatte Recht… es durfte nicht nochmal soweit kommen… Ich schloss die Augen wieder. Du hast Jasmin kaputt gemacht.

Du kannst die Schuld nicht von dir weisen. Wir sind eins – auch wenn ich mich ungern wiederhole.

Okok, du hast Recht. Ich hab‘ sie kaputt gemacht. Ich habe zerstört, was ich beschützen wollte und weder sie noch ich können das verzeihen. Das wars. Ich öffnete die Augen wieder, der Zorn war Trauer gewichen. Was soll ich jetzt tun?, soweit war ich also… so verzweifelt die Dunkelheit in mir so etwas zu fragen. Ich hatte richtig scheiße gebaut, vielleicht die größte bisher.

Überlass‘ mir einfach das Feld, solange du zu nichts nutze bist.
Natüüürlich…damit du Anastasia und Rain tötest.

Das nicht sofort ein Widerspruch kam, irritierte mich. Ich hatte jetzt mit irgendeiner Lüge gerechnet. Aber Ryuo hüllte sich auf einmal in Schweigen. Bedeutete das vielleicht…?
Was ist mit Rain? Bist du gar nicht sauer auf sie, wegen dem Kinnhaken?
Nein.

Ich verlor dieses Spiel, das wusste ich jetzt. Er hatte das völlig ernst gemeint. Ich verstand es nur nicht…. ich verstand mich selbst nicht. Argh! Was zur Hölle ging in Ryuo – in mir – vor?

Mein Blick wanderte herum, als würde die Antwort irgendwo im Auto liegen. Schließlich entdeckte ich Rain draußen auf der Straße, sie ging an der Seitengasse vorbei, in der ich geparkt hatte und entfernte sich von der Wohnung. Ich bemerkte erst bewußt, dass ich ihr auf den Hintern gestarrt hatte, als die ersten Häuser den Blick auf sie blockierten. Dann grollte mein donnerndes Selbst durch meinen Schädel, sodass ich mir reflexartig die Hände an die Ohren hielt.

SIE GEHÖRT MIR!!!

Überrascht blickte ich wieder in den Rückspiegel. Ryuo strahlte mir mit blauen Augen entgegen, was mich noch mehr verwirrte. Ich schloss die Augen, sank im Fahrersitz zurück und hielt beide Hände über mein Gesicht. Mir wurde schwindelig und ich fühlte mich wie in Watte gepackt. Einen einzigen Gedanken bekam ich zusammen. Ich will doch gar nichts von ihr…

Es dauerte ein paar Minuten, bis ich erneut versuchte mein Gedankenkarusell zu stoppen. Die Spirale, in der ich mich befand ging stetig abwärts – ich brauchte irgendetwas zum festhalten. Aber was? In Japan war das leicht gewesen, da gab es genügend Dinge und Personen, an die ich mich geistig stützen konnte. Aber hier? Seitdem ich Okinawa verlassen hatte war es zunehmends schlimmer geworden.

Aber du kannst nicht immer davor weglaufen.

Ja… entweder ich bleibe zu Hause und habe keine Probleme – würde dann aber irgendwann vor Langeweile sterben… oder ich musste mich der Scheiße stellen, die überall auf mich wartete. Dabei bin ich in den letzten vier Jahren wirklich Harmonie-liebend geworden… Harmonie, Rin. Das war es!

Ich ließ die Hände wieder sinken und richtete meinen Oberkörper gerade auf. Mit immer noch geschlossenen Augen atmete ich ruhig ein und aus – und atmete, und atmete… ich atmete einfach, ließ meine Gedanken aus mir herausströmen und leerte meinen Kopf. Ich ging die Tai-Chi Bewegungen im Kopf durch und war gut damit beschäftigt dies nur im Kopf zu tun und mich selbst kein Stück dabei zu bewegen. Ich konnte mich erstaunlich gut darauf konzentrieren, vielleicht weil ich dabei die Stunden mit Rin vor Augen hatte. Sie strahlte diese gewisse Ruhe einfach aus – ich sollte das eigentlich auch tun.

Ah, da waren sie wieder, die Selbstvorwürfe. Genervt öffnete ich meine Augen wieder. Tja, wie oft hatte ich mir schon gesagt, dass ich endlich mal etwas richtig machen sollte – irgendwie hat das nie so richtig funktioniert.

Was ist richtig, was ist falsch?

Hmmmm… ja vielleicht sind meine Entscheidungen doch gar nicht so falsch gewesen? Nein, das klingt lächerlich. Ich kann nicht einfach anfangen meine Taten als richtig darzustellen, das wäre ziemlich Ignorant…

Weniger denken…

Weniger denken. Ich machte mir um viel zuviele Sachen Gedanken, vieles das mich eigentlich gar nichts anging…. dabei versuche ich doch nur zu helfen. Verdammt!

Ich ließ meine Stirn gegen das Lenkrad sinken. Vielleicht sollte ich einfach nochmal ganz von vorne anfangen… vielleicht wollten die Leute meine Hilfe gar nicht – ich machte sowieso nur alles noch schlimmer. Es gab eigentlich nie wirklich Dank dafür, nur noch mehr Probleme…. war je jemand glücklich darüber, was ich tat? Also – abgesehen von Okinawa…

Mein Kopf ruckte hoch und ich sprach den Gedanken aus: „Anastasia!“

Published inRollenspiel-Storys

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