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Grant: I’m on the highway to hell II

Grant umrundete mit bedächtigen Schritten das Gesicht, darauf bedacht nicht zu nah heran zu kommen, falls es sich entschied einfach zu zu beißen. Eine Hand suchte fast unterbewusst den Griff an den pulsierenden Wurzeln und als sich seine Hand darum schloss, hatte er das Gefühl, als könne er die Essenz des Lebens spüren. Wärme und andere Gefühle durchzogen seine Hand, doch eine genaue Beschreibung entzog sich seiner Fähigkeit. Sein Blick war für einen Moment von dem Gesicht gewichen, doch dann lag er wieder darauf. „Was bist du?“

„Macht.“, ist das erste erklärende Wort, welches die urtümliche Stimme spricht. Die Ranken schienen seinen Körper zu umschließen, denn sie bewegten sich leicht, als er seine Arme hob: „Leben, aber auch Tod. Teil des Kreislaufs, Herr über Elemente.“, dann hob er das Kinn ein bisschen und blickte Grant von oben herab an: „Eine Inkarnation.“

„Hat diese Inkarnation auch einen Namen?“ Die Frage klang angriffslustiger als Grant es geplant hatte, doch er war auch ein bisschen angenervt. Er fühlte sich auf einmal von diesem Ding an der Nase herumgeführt, in seinem eigenen Verstand auch noch, wenn er das so richtig dachte und das brachte ihn vor Verwirrung fast ins Straucheln.

„Ich habe viele Namen.“, war die erste niederschmetternde Antwort. „Bilde dir nichts darauf ein, ich war bereits Begleiter anderer Menschen, auch du bist nur ein Teil meines Zyklus.“, das Wort ‚Menschen‘ klang tatsächlich sehr herablassend. Doch so bedrohlich er auf der einen Seiten wirkte – besonders weil sein eigentliches Potential noch verborgen war – so schien er auch zurückgehalten zu werden. Vielleicht von Grants Geist, der noch nicht bereit war, alles davon zu fassen, vielleicht von diesen Ranken, die ebenfalls ein Teil von Grant und diesem höheren Bewusstsein waren. Die Wahrheit lag irgendwo dazwischen. „LO-„, der Rest des Wortes klang mehr wie ein verzweifelter Versuch, Luft zu holen, denn er war deutlich leiser, sanfter irgendwie. Als hätten die Ranken ihm die Luft aus den Lungen gequetscht kam es wie ein Seufzer heraus:“-dur“. Grant wusste, da war noch mehr. Da steckte noch mehr Verwegenheit dahinter. Aber Lodur hatte die Gabe, ein Vielgesicht zu sein und so sprach er auch etwas freundlicher, wenn auch immer noch kraftvoll: „So darfst du mich nennen.“

„Das ist ja… nett, von dir.“ Seine Stimme troff vor Zynismus. Wenn Lodur nicht begeistert von den Menschen war, dann galt das andere Extrem für Grant. Und die Wechselhaftigkeit dieses Wesens war ihm jetzt schon unsympathisch. Es hatte ohne Zweifel etwas vor ihm zu verbergen. Und da es in ihm zu wohnen schien ließ ihn diese Aussicht gleich noch schlechtere Laune bekommen. „Was ist das alles hier, was ist mit mir passiert? Ich habe Probleme das alles zu verstehen, denn wenn, wie ich glaube, das alles nur eine Halluzination ist, ausgelöst durch einen Tumor in meinem echten Kopf, dann würde ich mich gerade mit mir selbst unterhalten und dann würde ich mir selbst auf die Nerven gehen. Hast du eine bessere Erklärung, die ich glauben könnte?“

Lodur hob einen Mundwinkel, wie jemand der sich mit einem Kind unterhielt, welches die Welt noch nicht verstand: „Dies hier ist mein Reich und du bist der Gast darin. Da das hier in dir verankert ist, kannst du mich hier jederzeit wiederfinden. Wenn du gehen willst, dann geh. Aber erwarte nichts von mir ohne Gegenleistung. Die Kräfte, die ich dir leihe sind aus einer anderen… Welt. Du bist nicht verrückt, du bist erwacht, siehst endlich alles, wie es wirklich ist.“

Grants Gesicht zeigte die Distanz die man zu jemandem einnahm der eindeutig nicht ganz bei Sinnen war. „Du bist in mir, also gehört dir hier schonmal gar nichts. Wenn du hier bleiben willst zahlst du Miete und da trifft es sich ganz gut, dass du anscheinend Dinge weißt, an denen ich interessiert bin. Deshalb heißts erstmal: Du gibst mir was im Austausch dafür, dass ich dich hier lasse.“

Nun hob sich auch der andere Mundwinkel: „Mich los zu werden wird ein steiniger Weg, den du nur verlieren kannst.“, er ließ diese Aussage für einen Moment so stehen und sprach dann freundlich weiter: „Aber auch ich mache Geschäfte, wie du bemerkst, gebe ich dir bereits Auskunft über deinen aktuellen Wesensstand und verrechne dies natürlich mit der Leihgabe deines Geistes.“

„Ich werde mich auf keinen Deal einlassen, der uneinsichtig ist. Wenn ich mehr über dieses Erwachen wissen will, darüber was das für Kräfte sind von denen du sprichst, dann will ich im Vorfeld wissen was du dafür willst.“

Lodur bewegte seine Augen hin und her, schräg nach oben, nicht um etwas mit dem Blick zu verfolgen, sondern als Zeichen, dass er darüber nachdachte und nickte dann, wissend lächelnd: „Damit kann ich etwas anfangen.“ Er blickte Grant wieder direkt an und fuhr fort: „Du wirst es nicht alles auf einmal wahrnehmen, geschweige denn verstehen können, aber noch habe ich die Hoffnung, dass du dich weiterentwickeln kannst.“

„Pass auf, ich glaube ernsthaft, dass du auch etwas davon hast hier zu wohnen, oder zu existieren, was auch immer. Und deshalb sollte es auch in deinem Sinne sein, dass wir beide ganz gut miteinander klar kommen. Wie wäre es also, wenn du dieses herabblickende Getue aufgibst und wir richtig miteinander umgehen können?“

„Such dir einen Mentor, wenn du jemanden willst, der auf deiner Stufe steht.“, grollte er zurück. Das Licht in der Höhle wurde etwas weniger und auch Lodur selbst zog sich in das Rankengebilde zurück, er schloss die Augen und es wirkte einfach alles, als wäre das Gespräch für ihn beendet.

Grant kontemplierte einen Moment über die Worte. „Du hast echt keine Ahnung von der Welt da draußen, wie soll ich denn einen Mentor für was überhaupt finden? Ich kann ja schlecht ne Annonce aufgeben: Hallo, bin erwacht, suche Mentor, sehe jetzt die ganze Wahrheit. Ein kleeeein bisschen Hilfe von deiner Seite wäre schon ganz praktisch.“

Es blieb still, aber nach kurzer Zeit konnte Grant etwas glänzendes in dem Zwielicht zwischen Dunkelheit und Ranken den Boden entlang gleiten sehen. Bei genauerer Betrachtung war es als Schlange zu erkennen, die hinter Grant in der Dunkelheit verschwand. Das Gesicht von Lodur schien nun genauso hölzern zu sein wie die Wurzeln um ihn herum.

„Moment…“, den Schluss konnte Grant schnell ziehen und ohne groß darüber nach zu denken stürzte er sich der Schlange hinterher in die Dunkelheit.

Das Licht folgte hierhin nicht und Grant wusste schon nach ein paar Schritten nicht mehr, wo die Wurzeln des Baumes hingen. Die Schlange war beinahe lautlos und gerade als Grant die Orientierung völlig verlor, ergriff ihn eine Hand an der Schulter. Nicht grob, sondern freundlich unterstützend – vielleicht als einziger Halt in dieser Dunkelheit: „Vielleicht sind wir beide mit dem falschen Fuß aufgestanden heute.“, erklang Lodurs Stimme, die sich so anders anhörte. Lockender, bemüht menschlicher und vor allem zuvorkommender.

„So muss es sich im Gefängnis in der Dusche anhören, wenn man die Seife fallen lässt,“ äußerte Grant seinen ersten Gedanken zu dieser Situation laut. Aber er machte keine hastigen Bewegungen, sondern drehte sich der Stimme entgegen. Es war so dunkel, dass er nichtmal die Umrisse der Person wahrnehmen konnte. Trotzdem streckte er auf gut Glück die Hand aus. „Dann nochmal von vorne. Ich bin Grant und das hier ist mein Geist.“

Ein kurzes, aber amüsiertes Lachen kam aus seinem Munde und er ergriff Grants Hand mit seiner. Da war sofort wieder dieses Gefühl, in Besitz göttlicher Macht zu sein, sie aber aufgrund von mangelndem Wissen – oder Möglichkeiten – nicht nutzbar war. „Loki, Avatar des Feuers.“

Grant schüttelte die Hand einmal, bevor er aufgrund der eintretenden Erkenntnis nicht mehr auf diese Bewegung achtete. „Lodur sagte mir nichts, aber mit Loki kann ich was anfangen. Du kannst unmöglich einer der Arsen sein.“

„Man kennt mich unter vielen Namen, wie bereits gesagt.“, er ließ Grants Hand wieder los und obwohl es dunkel war, konnte man das zufriedene Grinsen des Gottwesens irgendwie spüren: „Ich kann jeder sein und ich kann in jeder Form von Existenz bestehen. Diesmal in Form der Macht, die dich ausfüllt. Stell dir einfach vor, ich hätte lange geschlafen.“

„So oder so gehe ich nachher erstmal zum Arzt. Gut, ich akzeptiere das erstmal ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen. Ich hab dir eben noch eine Frage gestellt und du hast die Flucht ergriffen. Willst du es dir jetzt vielleicht gönnen mir eine Antwort zu geben?“

„Die Ungläubigen werden dir nicht das erzählen, was du hören musst. So ein Quacksalber bringt dich nicht weiter, aber die Pfade offenbahren, dass du auf jemanden treffen wirst, der dich einige Zeitlang begleitet. Es könnte ein Mentor sein, der dich mit den… aktuellen Gepflogenheiten der Machtnutzer füttert. Du musst nur zurück zu diesem Illusorischen Verwirrspiel gehen, welches sie mit diesen grässlichen Tönen untermalen.“, offensichtlich hielt Loki auch nicht allzuviel vom Zirkus.

„Ahja, also ich treffe einfach auf diese Person und muss selbst nicht viel machen? Gut, damit kann ich umgehen.“ Grant schaute sich in der Dunkelheit um. „Scheint, als hätte ich den Weg verloren.“

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Published inRollenspiel-Storys

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