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Kapitel 8: Das Blut der Wölfe

Schweiß Tropfte von Tamaras Kinn, die Luft in diesem Raum war stickig und viel zu warm. Der Metallstuhl, an dem sie festgebunden war, sodass ihr das Blut gestaut wurde und dafür sorgte, dass ihre Gliedmaßen kribbelten, war mit Stahlschrauben am Boden fixiert worden. Sie konnte sich kaum rühren und bekam ihren Kopf nicht an die Schultern, um sich den Ohrstöpsel samt Mikrofon aus dem Ohr zu reiben.

Ihre Hände waren so verschwitzt, dass sie vorhin schon die Haarnadel verloren hatte, mit der sie wenigstens die Handschellen hätte öffnen können. Aber vielleicht reichte es, um sich bald aus ihnen heraus zu winden durch den Schweiß.

In ihrem Ohr hörte sie ein dumpfes Klopfen, wenig später das Quietschen einer Tür. Noch ehe diese vollends geöffnet wurde konnte Tamara das ihr bekannte Geräusch vernehmen, wenn eine Pistole mit einem Schalldämpfer ausgelöst wurde. Zwei Schüße wurden abgegeben, dann schloss sich die Tür wieder. Angestrengt lauschte Tamara, ob sie noch mehr hören konnte.

„Du hast gelogen.“, erschallte nun Glockenklar die Stimme von Cuervo aus dem Ohrstöpsel. Tamara zuckte zusammen.

„Sie sind nicht hier, das ist die falsche Wohnung.“, er trat ans Fenster heran und schloß es. Die Autos draußen verstummten.

„Du denkst doch nicht wirklich, dass ich dir sage wo sie sind. Damit du sie tötest? Niemals.“, keuchte Tamara mit trockener Kehle.

Cuervo’s Grinsen war beinahe zu hören: „Gut, du wolltest es ja nicht anders. Dann werde ich den gesamten Block durchforsten. Lügen dulde ich nicht.“

Tamara runzelte zuerst die Stirn, während Cuervos Schritte bereits wieder zu vernehmen waren. Er öffnete die Tür, ließ sie dieses Mal offen stehen und begab sich zur Nachbarswohnung. Mit einem gezielten Tritt brach er die Tür auf, riss die nächstbeste Zimmertür auf und gab kurz darauf einen weiteren Schuß ab. Tamara hörte seine schnellen Schritte und er öffnete eine weitere Tür in der Wohnung, schoß zweimal und war auch schon wieder aus der Wohnung raus.

Die dritte Wohnungstür flog in ihre Einzelteile, als er sich zu dieser Zugang verschaffte. Drinnen konnte man kurz einen erschrockenen Laut vernehmen, aber dieser war bereits in seinem Ursprung erstickt. Das gurgelnde Geräusch einer Frau war zu hören, bis es Totenstill war. Cuervo ging weiter in die Wohnung hinein und die zarte Melodie einer Spieluhr wurde langsam lauter.

„Capio!“, schrie Tamara, „Hör‘ sofort auf damit!“

Doch als Antwort bekam sie nur einen weiteren Schallgedämpften Schuß zu hören. Für einen Moment blieb Tamara das Herz stehen. Cuervo führte seinen Weg fort und sie hörte schon die nächste Wohnungstür krachen.

„Du bist wahnsinnig.“, flüsterte sie beinahe schon. Der Schweiß rann ihren angebundenen Körper herab, der ironische Trost war, das ihr Haar nicht mehr an ihr kleben konnte – es war keins mehr da, nirgends.

Die Tortur ihrer Seele ging weiter, sie konnte nichtmal aufhören zu zählen, wieviele Personen Cuervo einfach erschoss, wieviele Wohnungen er aufbrach. Die meisten Leute starben im Schlaf, die wenigen die noch – oder wieder – auf den Beinen waren, ereilte ein grausames Schicksal. Männer, Frauen, Kinder und Säuglinge – Cuervo machte vor nichts halt. Irgendwann war der Punkt gekommen, wo sie nur noch ein wiederholtes „Hör‘ auf.“ wimmerte.

~*~

…der gesamte Häuserblock wurde von einem noch nicht identifizierten Massenmörder getötet. Die Polizei will sich dazu noch nicht weiter äußern, aber wir wissen, dass er sich zu sämtlichen Wohnungen brutal Zutritt verschafft und die Menschen darin gezielt getötet hat. Diese Tat ist zu professionell, als das es sich hier lediglich um einen Amokläufer handelt. Sobald wir mehr Informationen haben, setzen wir sie natürlich in Kenntniss, das flackernde Blaulicht der Polizeiwagen im Fernseher erhellte den Raum bedingt.

Canis verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete die gezeigten Bilder des Nachrichtensenders. Diese Leichensäcke reichten um sämtliche Kapazitäten zu sprengen. Dann wandte sie sich Cuervo zu, der teilnahmslos in ihrer Nähe stand:

„Großartig, musste das sein?“

Cuervo blickte sie einfach nur mit ausdrucksloser Miene an.

„Kannst du mir mal erklären was das sollte? Weißt du eigentlich, was das für eine Arbeit ist, das wieder hinzubiegen? Ein Häuserblock, das sind bestimmt 80 Leute gewesen!“

„127.“, antwortete Cuervo nur.

Canis stellte sich vor ihn und blickte mit finsterem Blick zu ihm hoch: „Was ist los mit dir?! Dir fällt nichts besseres ein, als mal eben drei Hochhäuser Menschenleer zu fegen und hast keine Begründung für dein tun. Du bist völlig übergeschnappt, Cuervo! Weißt du was das heißt? Ich werde das dem Prinzen melden. Eine Geißel die durchdreht kann ich jetzt nicht auchnoch gebrauchen!“

Bei der Erwähnung des Prinzen öffnete Cuervo den Mund etwas und ließ ein schiefes Grinsen zum Vorschein kommen. Seine Augen verrieten, dass er nichts zu verlieren hatte.

~*~

„Mit Verlaub, eure Majestät. Das ist nicht Euer ernst.“, Canis schaute Serrah entgeistert an. Diese legte den Kopf schief und lächelte. Sie hatte die Beine überschlagen und tupfte sich mit einem Tuch den Mund ab, den Menschen vor ihr anschließend mit einer Handbewegung wegschickend.

„Ein guter Jahrgang.“, sprach sie zufrieden, ehe sie ihr Augenmerk wieder auf Canis richtete. „So wollt ihr also meine Enscheidungsfähigkeit anzweifeln, Sherrif?“

Canis senkte den Blick: „Natürlich nicht, mein Prinz.“

Ein zufriedenes Lächeln von Serrah: „Gut, dann dürft ihr euch wieder entfernen und die euren Aufgaben fortführen.“

Canis verbeugte sich tief, ging einige Schritte rückwärts vom Thron weg, ehe sie sich umwandte und den Saal verließ.

Wenig später saß Canis auf ihrem Motorrad auf dem Weg zum Stadtpark und hielt nach einer bestimmten Federgattung Ausschau.

Stimmung

Published inRollenspiel-Storys

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