Zum Inhalt

Things have changed

Stimmung

„NIKLAS!“, Spice war vor ihm auf die Knie gefallen und rüttelte den am Boden liegenden Magus. „Niklas, komm zu dir, verdammt!“ Eilig schob sie seine Jacke zur Seite und zerrte an dem darunter liegenden T-Shirt. Es reichte, um die Eintrittsstelle der Pistolenkugel zu sehen. Als sie mit zwei Fingern über das austretende Blut strich, gab sie einen überraschten Laut von sich. Ihre Finger kribbelten und schmerzten, es roch nach verbranntem Fleisch – ausgelöst durch das Weihwasser der Kugel. Spice wedelte heftig mit der Hand, um den Schmerz abzuschütteln, während sie mit der anderen Hand Niklas am Kinn drückte, sodass sein Gesicht sich dem ihren zuwandte. Seine Augen waren geschlossen und Spice fand, dass er ganz schön blass geworden war.

Spice schob ihre zitternden Finger an seinen Hals und suchte den Puls, beugte ihr Gesicht zu seinem und hoffte auf ein Atemgeräusch. Doch es war schwer sich zu konzentrieren, in ihrem Kopf machte sich ein Strudel breit. Blitzschnell rauschten Gedanken und Erinnerungen an ihr vorbei und sie konnte nicht unterscheiden ob es ihre eigenen oder die von jemand anderem waren. Sie sah jemanden sterben, der ihr alles bedeutet hatte – die ganzen tausende von Jahren. Verzweiflung machte sich breit in Spice.

Sie starrte auf Niklas und ihr liefen blutige Tränen über die Wangen, Panik stieg auf: „Nein, nein, nein, nein, NEIN!“ Abermals rüttelte sie ihn: „Du darfst nicht sterben! Hörst du? Niklas!“

Wandel ihn!

Spice schüttelte den Kopf und legte ihn anschließend auf Niklas Brust. Nein, nein, nein, nein…

Du hast nicht viel Zeit, bis auch dein Blut ihm nicht mehr helfen kann.

„Das kann ich doch nicht tun…“, schluchzte Spice.

WANDEL IHN!

Spice wandte sich von Niklas ab und starrte geradeaus, auf den Fußboden mit den Scherben der Phiole. Sie flüsterte: „Nein, das kann ich ihm nicht antun.“

ER STIRBT!

Spice zuckte zusammen und schaute wieder in Niklas‘ Gesicht, die Lippen waren bereits fahl und er sah ganz schön tot aus – das sich eine andere Erinnerung über ihre Wahrnehmung gelegt hatte, war ihr nicht bewußt. Sie begann leise in ihrer Heimatsprache ein Gebet zu sprechen, die Thematik war Vergebung vor dem Herrn.

DU VERLIERST IHN!

Spice verhaspelte sich beim Sprechen und beugte sich zu Niklas, sie brachte das Gebet nicht zuende. Nur zögerlich verlängerten sich ihre Fangzähne, als täten sie dies zum ersten Mal und die Trägerin wand sich eigentlich dagegen. Doch kaum hatte sie dem Tier diesen winzig kleinen Schritt gegeben, konnte sie sehr genau die pulsierende Hauptschlagader von Niklas ausmachen. Doch ihr Gedanke darüber, dass nur ein funktionierendes Herz noch so pumpen könne, wurde im Keim erstickt.

TRINK!

Spice tat wie ihr befohlen, war es doch nur ein anderer Teil von ihr, der das Verlangen schürte. Ein wohliges Seufzen war die Antwort von Niklas auf ihren Biss. Kaum Blut auf der Zunge, war es um ihren unschuldigen Verstand geschehen. Sie nahm alles auf, obgleich sie nicht hungrig war… und gab ihm ihre Vitae, die noch vermengt war mit den paar Tropfen aus der Phiole.

~*~

Stummer Schmerz, als das Brennen in seinem Leib unerträglich wird. Sein schwarzes Ebenbild krümmt und windet sich, die Flügel gehen in Flammen auf und die Magick verdampft zusammen mit seinem Avatar. Ein Jaulendes Echo erklingt in seinem Kopf, bis es ihn wahnsinnig macht. Er will nur noch, dass das Jammern des sterbenden Ebenbildes verstummt. Doch es endet nicht, langsam kocht etwas hoch, tief aus seinem Inneren. Es zerschlägt den Avatar mit seinen Krallen und reißt die letzten Federn mit den Fängen aus.

Dann ist es für einen Moment still. Der Avatar ist tot, das Tier ist erwacht.

Stimmung

HUNGER!

Niklas riss die Augen auf und fletschte die Zähne. Mit einem wilden Fauchen setzte er sich ruckartig auf, die Adern in seinen Augen platzten, sodass sie sich rot färbten. Er sah nur einen blutigen Schleier, aber das war egal. Er hatte keine Kontrolle, nur Hunger! Das Tier wusste, wo es sich nähren konnte und ignorierte den erschrockenen Ausruf von Spice, als sich die Fänge in ihren Hals bohrten.

Für einen Moment war sie wie erstarrt, das Ganze war reizvoll, doch auch ihr Tier meldete sich irgendwann – sein Hunger schien nicht zu stoppen zu sein. Schließlich biss auch sie wieder zu, sodass die Beiden sich ineinander verbissen. Das Knäul aus geknurre, Blut trinken und ineinander krallen, rollte ein paarmal über sich selbst im Raum und nahm dabei weitere Glassplitter der Phiole auf. Spice schrie auf, als sich eine größere Scherbe in ihren Rücken bohrte.

Niklas verbrauchte die aufgesogene Vitae, indem das Tier versuchte die Schußwunde zu heilen, irgendwo in seinem jetzt untoten Körper war noch immer Weihwasser gefangen und das schmerzte, stachelte das Tier nur noch mehr an weiterzutrinken…

~*~

Stimmung

Niklas saß auf dem Fußboden, die Beine an den Körper angezogen und die Arme darauf gestützt. Sein Gesicht war von Blut benetzt und tropfte stetig an seinem Kinn herab auf das Gras. Seine linke Hand war verkrampft zu einer Faust geschlossen, dennoch rieselte etwas Asche daraus. Es dämmerte und er blickte der Sonne entgegen, die sich langsam an den Himmel schob.

Die Seile um seinen Körper waren mit Karabinerhaken im Erdboden verankert, um das Tier davon abzuhalten, einfach zu fliehen. Eine leichte Brise huschte an ihm vorbei und trugen die blutigen Tränen auf weitere Grashalme. Er schrie abermals, wie er es schon einige Male getan hatte. Wut und Trauer mischten sich mit Unverständnis für das Schicksal. Doch es war kein Wort, dass er formte. Er konnte ihren Namen nicht mehr aussprechen.

Nicht, nachdem er sie selbst getötet hatte.

Published inRollenspiel-Storys

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert