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Wanted: Death

Wild umher irrend und doch mit einem Ziel vor Augen irrte Markus durch die Ruinen der Lagerhalle die einstmals Spiders Aushängeschild gewesen war. Überall lagen klitzekleine Steine herum, die sein Interesse weckten, denn sie sahen immer wie etwas aus was er schon mal gesehen hatte und bei so einem Zufall konnte er die Steine doch nicht einfach liegen lassen. Gerade hob er den zwanzigsten Brocken ehemaliger Decke auf, von dem er felsenfest meinte, dass er ihm noch ähnlicher sähe als die neunzehn Vorherigen. Deshalb ließ er dann auch alle anderen fallen und freute sich sein perfektes Ebenbild in Stein entdeckt zu haben… obwohl? Die Nase war irgendwie… falsch.
Aber sie kam ihrem echten Gegenstück schon sehr nahe. Er musste sich damit begnügen. Auch wenn es ihm schwer fiel… sehr schwer sogar, in seinem Inneren nagte etwas an seiner Fähigkeit das Aussehen von Steinen zu beurteilen.

Wenigstens war er, während er sich das Gehirn zermarterte nicht stehen geblieben, so wurde er bald von etwas anderem abgelenkt, was seine Aufmerksamkeit wirklich von den Steinen löste. Die Kellertür der Lagerhalle ragte vor ihm auf. Man sah ihr ihre Stabilität richtig an und dieser Anblick genügte um in Markus Unbehagen und Nervosität auszulösen. Auf der einen Seite wusste er, wie schlecht durchdacht seine Pläne immer waren, wie viel Mist er mit ihnen schon gebaut hatte und dass die meisten darin endeten, dass er danach noch mehr Probleme als vorher hatte, doch er musste einfach etwas tun und abgesehen von Tarot, bei dem er nun verschissen hatte, wusste er nur von Spider, dass dieser unabhängig war. Er würde ihn nach der Wandlung nicht der Camarilla zuschieben oder dem Sabbat ausliefern. Wenn es richtig gut lief würde er ihm sowieso verbieten irgendjemandem davon zu erzählen, dass er ihn gewandelt hatte und dann würde er zu den anderen zurückkehren, als mächtiger Vampir und könnte von da an Raziel und das kleine Wesen in ihr beschützen.

Noch einen Moment zögerte er, dann klopfte er mit der flachen Hand an die Stahltür, dass es dumpf wummerte. Er wartete. Nichts passierte. Richtige Nervosität machte sich in Markus breit, er schlenderte unentschlossen etwas im Kreis, dann entschied er sich ein weiteres Mal zu klopfen.
Der Sichtschlitz wurde ruckartig aufgezogen und er starrte in zwei Pistolenläufe und im Dunkel dahinter glommen zwei Augen die ihn taxierten und musterten. Schnell hob er beide Hände in die Luft um zu zeigen, dass er unbewaffnet war und keine Gefahr darstellte.

„Crap, was ist denn mit dir passiert?“ zischte Spiders Stimme aus der Dunkelheit. Markus sah wie die Waffenläufe aus dem Sichtschlitz verschwanden und er konnte ein paar Gesichtszüge von dem Mann hinter der Tür erkennen, als dieser näher an die Tür trat.

„Ich… ich brauche deine Hilfe. Bitte, lass mich rein.“ Erst durch den zitternden Klang seiner eigenen Stimme merkte er wie nervös er mittlerweile geworden war und behielt um Spider keinen Grund zum Misstrauen zu geben die Hände weiterhin oben. Er merkte wie die Vitae bereits aus den Poren seiner Achseln troff.

Spider hob abschätzend eine Augenbraue. „Ach, Lust auf größere Geschütze? Würde mich bei deinen Problemen nicht wundern.“ Dann ertönten einige Klick- und metallische Schabgeräusche auf der anderen Seite der Tür. Beim Öffnen der Tür fragte Spider wie zur weiteren Absicherung, ob Markus irgendwer gefolgt sei. Das verneinte dieser und trat langsam auf den Asiaten und den Eingang zu.

Erst als Spider die Tür gänzlich öffnete um ihn einzulassen fiel Markus das seltsame Outfit auf das sein Waffenschieber heute trug. Es war nicht die übliche ärmelfreie Motorradkluft, sondern schwarze, eng anliegende Kleidung…  und mit kleinen leuchtenden Lichtern, die seine Silhouette markierten. Dazu hing ein komischer Helm mit Lautsprechern und Bildschirmen an seinem Gürtel. Die beiden Pistolenholster die er jetzt wieder befüllte waren dagegen ziemlich unauffällig.
Markus versuchte dem Drang zu widerstehen, doch kaum dass er bei Spider angelangt war und das Outfit bestaunt hatte griff seine eine Hand auch schon nach dem nächsten kleinen Licht, doch sofort war Spiders Hand mit der Pistole dazwischen.

„Finger weg. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie teuer so was ist.“

„Tut mir leid, ich wollte nicht… ich kann nicht anders…“ murmelte Markus als er die Hand langsam zurück zog. Wie um das Thema zu wechseln blickte er sich nun in den abgedunkelten Räumlichkeiten um. Er war schon zwei, drei Mal früher hier gewesen, deshalb wusste er ungefähr, dass sich in der Tiefe des Raumes noch die Panzertür zu dem unterirdischen Waffenlager und den Quartieren, sowie der Schießstand befand. Den Schießstand konnte er sogar leicht sehen, er war in bläuliches Licht getaucht, das aus einem Türschlitz heraus schien. Mit dem Finger deutete er auf die nur angelehnte Tür.

„Du wirst mir wohl nicht verraten was hinter dieser Tür ist?“

Ein Grinsen kam auf Spiders Gesicht.

„Mein neues Spielzeug, aber deshalb bist du nicht hier… Mensch.“ Das letzte Wort spie er förmlich aus und auch das Grinsen war dabei wie von seinem Gesicht gewischt und er zeigte keine weitere Regung.

„Mmmh, dir ist es also schon aufgefallen…“ Markus wusste nicht was er noch weiter sagen sollte, deshalb starrte er einfach mit einem ähnlich gleichgültigen Ausdruck zurück in die leuchtenden Augen. Seine Finger zitterten ein bisschen aus Nervosität und er spürte jeden einzelnen Tropfen Vitae, der quälend langsam seinen Körper herab rann.

„Sagen wir, deine Aura widerspricht deinem Geruch… was ist also passiert?“

„Dass ich kein Vampir mehr bin ist mein Problem, du hast es ja selbst schon erkannt…“

„Dafür riechst du so als hättest du in einem gebadet…“  bei diesen Worten trat er einen weiteren Schritt auf Markus zu und musterte ihn noch mal.
„Wie ist das möglich?“

„Ich habe Vitae getrunken… viel Vitae…“

Spiders Hand wanderte sofort wieder zu seiner Pistole. „Ein Ghul auch noch, von wem?“

„Nein WARTE!“ blitzschnell hob Markus die Arme in einer abwehrenden Geste nach oben. „Nicht direkt aus einem Vampir, aus einer Phiole… tu nicht Unüberlegtes…“

Nun waren die Waffen ganz aus dem Holster. „Das ist gequirlte Scheisse, du kannst kein Mensch sein, niemand wird einfach so wieder sterblich.“

„Wir sind in eine andere Dimension gereist und haben meinen Körper gestohlen, du weißt doch, das letzte Mal bin ich dir in dem Körper von Huan begegnet, du wolltest mir nicht glauben, bitte schieß nicht, ich bin keine Gefahr für dich… Tarot hat mich dann von Huans Körper in meinen neuen, also den geklauten Körper aus der anderen Dimension übertragen… sie mich an, ich bin ein Wrack, wie soll ich dir gefährlich werden?“

„Du willst mich verarschen…“

„Nein, kannst du nicht in meiner Aura sehen,  dass ich die Wahrheit sage?“

Die Waffen wurden sinken gelassen und Spider befreite einen Finger von dem Abzug, um mit ihm etwas von der dunklen Vitae aufzunehmen, die so langsam aus jeder von Markus´ Poren rann.

„Pass auf, bevor du es kostest… ich bin aus einem bestimmten Grund zu dir gekommen, hör mich kurz an…. oder kannst du es dir schon denken?“

„Fuck, wie viel Vitae hast du getrunken?“ fragte Spider stirnrunzelnd ohne auf ihn einzugehen.

„Eine Phiole voll, rein und konzentriert…“ dabei ging ein Zucken durch das japanische Gesicht „Und ich biete es dir alles im Gegenzug… für einen Gefallen.“

„Der da wäre?“ kam die prompte Gegenfrage, während das dunkle Blut zwischen den Fingern verrieben wurde.

„Mach mich zu deinem Child.“

Zuerst laut auflachend, dann genau so schnell wieder ernst werdend verengten sich die kleinen Augen zu noch kleineren Schlitzen.

„Warum gerade ich?“

„Weil ich weiß wie mächtig du bist, weil du unabhängig bist… weil du keine Verantwortung irgendjemandem gegenüber übernimmst wenn du mich wandelst. Du bekommst die Vitae, ich die Macht die zu schützen die mir am Herzen liegen und niemand muss je davon erfahren, dass du dafür verantwortlich bist. Der Sabbat oder die Camarilla würden mich indoktrinieren und nie mehr gehen lassen wenn sie mich überhaupt wandeln würden, das kann ich nicht riskieren.“

Der Blick lag wider auf seinen Fingern mit der Vitae daran. „Die Camarilla hat mich im Auge, ich darf mir wie jeder andere keine unerlaubte Zeugung leisten.“

Markus´ Schultern sackten merklich zusammen. „Bitte, ich habe mir viele Feinde gemacht, ich kann nicht zu einem xbeliebigen Straßenvampir gehen und mich von ihm beißen lassen… dafür ist das hier“ und er strich sich über die Wange „auch viel zu wertvoll.“

„Dafür musst du mir aber schon was wirklich gutes bieten.“

„…Cuervo Negro…“

Ein weiteres Zucken. „Mich würde ja mal interessieren, wo du das herhast…“

„Ich habe Tarots Vorrat ausgetrunken und wurde dafür aus dem seinem Elysium verbannt… siehst du in welcher Notlage ich bin?“

Spider entfuhr ein überraschtes Pfeifen. „Tarot hatte nen Vorrat von Cuervos Blut? Das ist interessant…“
Dann steckte er die Finger in den Mund, riss sofort die Augen auf und schüttelte sich dann ein bisschen. „Fuck, du hast recht.“

„Ich bin momentan ganz und gar nicht dazu aufgelegt dich anzulügen, dafür ist mir das alles hier zu wichtig…“ eine zitternde Hand streckte sich wieder vorsichtig in Richtung leuchtender Lämpchen aus.

Spiders Blick wanderte zu der Hand. „Dafür spielst du aber ganz schön mit deinem Leben…“

„Ich kann nicht anders, bitte versteh, ich hatte zu viel Malkkontakt. Haben wir einen Deal?“

„Ja, das ist der ganze Haken an der Sache… es ist Malkavianerblut… das könnte mir ganz schön Schwierigkeiten machen,“ er machte einen Schritt zurück und schien darüber nachzudenken.

Markus ließ sich auf den Boden und seine Hände sinken, damit sie keine weiteren Spirenzchen machen konnten und schaute hoffnungsvoll nach oben.

Dann endlich streckte ihm Spider die Hand entgegen. „In einer halben Stunde geht die Sonne auf, wir machen das morgen bei Sonnenuntergang.“

Er schlug in die angebotene Hand ein und ließ sich aufhelfen. „Keine Möglichkeit das schneller hinter uns zu bringen? Der Abend scheint so weit entfernt zu sein…“

Spider betrachtete etwas unter ihm, aber Markus sah ihm nur in die Augen.

„Meinetwegen, bevor du noch mehr davon verlierst… du kennst die Prozedur ja bereits.“

„Ja, ich bin schon einmal ausgetrunken worden.“

„Ich weiß, Glückspilz,“ er grinste schief und legte das Equipment ab, das er bei sich trug. Helm und Pistolen landeten auf einem Transporttisch.

Markus zog sich das nasse und komplett vollgesogene Tshirt über den Kopf um Spider mehr von seinem Hals bieten zu können, während er leise murmelte, „So langsam bin ich oft genug gestorben.“

Spider bleckte die Fangzähne, die sowieso die ganze Zeit zu sehen gewesen waren.

„Dann sollte das hier dein letztes Mal sein.“

„Bis gleich… genieß es.“

Das letzte was Markus sah und hörte war das Grinsen von Spider. „Darauf kannst du Gift nehmen.“

Als sich dessen Fangzähne in Markus´ Hals gruben rollte eine Welle unerbittlicher Schmerzen über ihn hinweg und er schrie und versuchte sich zu wehren, doch der Griff des Vampirs war eisern. Der Schmerz befand sich an der Grenze zur Bewusstlosigkeit, doch er steuerte haarscharf an ihr vorbei, dass ihm nicht die Erlösung durch die Schwärze gewährt wurde. Erst als Blut und Vitae dem Ende zugingen wurden die Schreie leiser und die Zuckungen schwächer.

Dann starb Markus.

Published inRollenspiel-Storys

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