Die Schatten der Berge verdunkelten sich durch die Rauchwolken, die weit in die Atmosphäre empor stiegen. Peitschen und Blaster knallten in der Dunkelheit. Doch die eisige Wüste blieb unberührt. Lyleks, die durch das Eis stapften, sahen sich witternd um und ergriffen die Flucht, als mehrere Transportschiffe am Himmel erschienen um mit einem ohrenbetäubenden Lärm zu landen.
Am Fuß einer Gebirgskette, die sich vom Rand der Sonnenseite bis viele Kilometer in die Tundra erstreckte, lag einer der Eingänge zur unterirdischen Stadt Joreikna. Die Luken der Schiffe öffneten sich und einige, bis an die Zähne bewaffnete Piraten verließen umgehend den Frachtraum um ihre Ware direkt am Eingang der Stadt entgegen zu nehmen. Aber wohl vor allem, um in der Kälte in Bewegung zu bleiben. Die Schmerzensschreie wurden lauter, je näher sie dem kleinen Portal kamen, dass sich bereits geöffnet hatte und man einen Blick in den, von unregelmäßigen Lichtblitzen, erleuchteten Tunnel zu werfen. Einer der Piraten ging einen Schritt hinein und bereute dies in dem Moment, als ihm ein Lekku direkt ins Gesicht peitschte.
Wildes Geschrei erklang, Waffen wurden geladen und Befehle aus den hinteren Reihen gerufen, als die ersten Twi’Lek herausgestürmt kamen. Die vordersten Piraten wurden sofort zu Boden geworfen. Es dauerte einen Moment, bis die sie begriffen hatten, was geschehen war und das Feuer eröffneten.
„Wir sitzen in der Falle!“ Schrie einer der ersten Twi’Leks, während er versuchte, dem Beschuss zu entkommen.
Doch seine Warnung kam zu spät. Immer mehr der Ureinwohner Ryloths rannten aus den Tunneln, nur wenige reagierten schnell genug, um nicht direkt in die Blastergeschosse zu laufen. Jene, die Ausweichen und in Deckung gehen konnten, sahen sich schnell umzingelt.
Vor ihnen waren die Piraten, die zwar darauf aus waren, einige der Twi’Leks als Sklaven zu verkaufen, aber auch nicht davor zurück schreckten, den größten Teil auszuschalten. Die, die übrig blieben, wären eh nur die Frauen und Kinder, die sich hinter den männlichen Tentakelmenschen versteckt haben. Und genau die waren es, die meisten Geld einbrachten.
Zu ihnen gehörte auch Jart. Gerade sechszehn geworden, wollte er sein Dasein als nun erwachsener Twi’Lek im Zentrum der Galaxie verbringen. Vielleicht hatte er ja das Zeug zu einem Jedi, oder Botschafter. Und wenn es nur zu einem erfolgreichen Händler gereicht hätte. Er hatte Pläne gehabt. Jart wollte sich einen Namen machen und seine Familie, seinen Clan ehren. Es war sein Geburtstag. In zwei Tagen hätte er den nächsten Kreuzer nach Tatooine genommen und dann eines der Handelsschiffe nach Coruscant. Es war alles perfekt sein können. Seine Eltern hatten ihm ihre Zustimmung erteilt. Um Geld musste er sich keine Sorgen machen, die Ryllminen warfen noch immer genug ab und viele aus ihrem Clan konnten sich an ihnen bereichern. Der Handel lief gut und Jart hatte genügend Ryll in die Hand gedrückt bekommen, um damit seinen Weg in die oberen Riegen der Geschäftsleute erkaufen zu können – was nicht hieß, dass er das vorgehabt hätte. Es war stets eine gute Idee, etwas Ryll zum Handeln dabei zu haben. Oder zum Verbrauchen.
Aber was nutzten die besten Pläne, wenn die Fehden unter den Twi’Lek Clans sie dann durchkreuzten.
Noch vor einigen Tagen hatte Jarts Vater ein neues Abkommen mit den Handelsabgeordneten der reichsten Clans getroffen. Die Sicherheit seiner Familie sollte gewährleistet sein – für eine ganze Weile. So sagten es die Verträge aus. Aber oft galten Verträge nicht auf Ryloth. Twi’Lek hatten ihre eigene Interpretation von Regeln. Vor allem Rach`talik Muvunc. Jart hatte nichts gegen Lethan. Zumindest nicht Effektives. Und das Mittel, dass gegen Rach`talik helfen konnte, musste sicherlich noch erfunden werden. Als eines der Oberhäupter der Muvunc, hatte er sich einen gewissen Ruf in Jureikna aufgebaut. Er war skrupellos, arrogant, egoistisch… Eigentlich vereinte er alle schlechten Eigenschaften, die ein Twi’Lek imstande war, hervor zu bringen. Und ihm hatte Jarts Vater vertraut. Es war ein schrecklicher Fehler gewesen. Denn hinter dem Rücken der Idrall wurden abkommen mit den Hutts geschlossen. Sklaven und Ryll gegen mehr Macht und Technologien. Dinge, die man auf Ryloth eigentlich nicht brauchte. Zumindest vertrat Jart diese Meinung und er konnte es auch einfach nicht nachvollziehen, wieso man Handel mit den Hutts abschloss. Diese schleimigen Biester waren einfach … schleimig.
Jart duckte sich, als wieder ein Geschoss über ihm in die Felswand einschlug. Vor Kälte zitternd sah er sich nach seiner Mutter und seinen Schwestern um. Sie hatten keine Zeit gehabt, sich warm zu kleiden. Jart wusste nicht einmal, wohin sie liefen, als sein Vater ihnen befahl, mitzukommen. Jart sah nur Krieg. Ein Krieg, der tief unter der Planetenoberfläche tobte. Twi’leks töteten ihre Artgenossen. Frauen und Kinder wurden mit Peitschen durch die Korridore gescheucht und jeder Mann, der es wagte, sich zu widersetzen, sofort erschossen. Jart hatte sich nur geduckt und war den Stiefeln seines Vaters gefolgt. Stets darauf achtend, dass der Rest seiner Familie hinter ihnen blieb. Andere aus seinem Clan hatten sich ihnen angeschlossen. Jarts Vater und andere hochrangige Clansbrüder schienen in kürzester Zeit einen Fluchtplan zu entwickeln. Und dann standen sie auch schon unter Beschuss der Piraten.
„Seely, hast du Vater gesehen?“ rief Jart seiner jüngeren Schwester zu. Sie war erst sieben. Sie hatte noch nicht viel von der Welt gesehen oder gehört, auf der sie lebte. Die Galaxie war noch ein dunkler Fleck in ihrer Vorstellungskraft. In den Höhlen fangen spielen und mit ihrer Mutter auf den Märkten einkaufen. Das war ihre Welt gewesen. Es gab keine Gewalt, keinen Tod. Nun wurde sie damit konfrontiert. Völlig paralysiert saß sie einige Schritte von ihm entfernt. Sie zuckte bei jedem Aufprall eines Geschosses. Jart musste dreimal ihren Namen rufen, bis sie ihn ansah.
„Seely, wo ist Vater? Siehst du ihn?“ Seely starrte ihren Bruder eine Weile fragend an. Dann sah sie, dass er sich in eine Nische im Felsen versteckt hatte und so seine Umgebung nicht im Blick hatte. Sie sah sich um. Sich immer wieder duckend. Doch Seely schüttelte nur den Kopf.
„Er ist nicht hier!“ rief sie mit Tränen in violetten Augen. Ihre Lekku wirbelten aufgeregt umher. Jart verstand, was sie ihm sagen wollte. Vater war einer der ersten gewesen, die aus dem Tunnel gestürzt waren.
Jart harrte weiter aus. Er wusste nicht, wie er seine Schwester retten sollte. Einfach losrennen war riskant. Sie könnten erschossen werden. Der Felsen mochte vielleicht genügend Schutz bieten, um verborgen davon zu kriechen. Aber in welche Richtung? Die Schüsse schienen von überall zu kommen. Jart warf einen Stein nach Seely. Das geräuschlose Lekku vermittelte ihr, sich umzusehen, ob es eine Fluchtmöglichkeit gab.
Seely nickt nur und kroch ein Stück zur Seite. In dem Moment, in dem sie Anstalten machte, über den Felsen zu linsen, schreckte die kleine Idrall zurück und ein Schatten zeichnete sich vor ihr auf dem Boden ab.
Das Blasterfeuerwerk schien nachzulassen und Jart hatte den Eindruck, als würden sich die Kämpfe entfernen. Nun hörte er auch die Schritte, die hinter dem Felsen näher kamen. Seely und ihre Mutter, die nun schreiend zu ihrer Tochter sprang, drückten sich dicht an die Felswand.
„Sie mal einer an. Da haben wir ja zwei besonders hübsche Exemplare.“ Eine helle Stimme erklang und Jart zog sich tiefer in seine Nische zurück.
„Hey Okla, sieh dir diese beiden an. Eine junge Twi’Lek und ihre Mutter. Was meinst du, werden die uns einbringen?“
Ein zweiter Schatten erschien. Seely und ihre Mutter fingen an zu weinen als eine Hand abwechselnd ihre Lekku angrabschte.
„Sie sehen nicht nur aus, wie Goldstauen, sie werden auch eine Menge Gold im Sinne von Credits abwerfen.“ Antwortete eine zweite, tiefere Stimme.
Jarts Mutter entdeckte ihren Sohn, mit zusammengekniffenen Lippen und einem Schleier aus Tränen vor ihren Augen, befahl sie ihm, sich verdeckt zu halten. Die Piraten deuteten das Schwenken ihrer Lekku als lustigen Tick dieser Wesen. Jart schüttelte mit dem Kopf.
„Ich werde euch niemals einfach diesen Piraten überlassen! Ich komme mit euch, sollen die mich auch verkaufen. Wir bleiben zusammen!“
„Männliche Twi’Lek sind auf dem Sklavenmarkt nicht viel Wert, Jart. Sie werden dich entweder gleich töten oder an irgendwelche Perverse verheuern. Bleib da unten und beweg dich nicht. Wir werden überleben, so lange wir gehorchen. Finde du einen Weg, uns wieder zu befreien.“
„Mutter nein!“
Aber Jarts Mutter sah nicht mehr hin. Sie sprang auf und zog Seely mit sich hoch.
„Wir werden mit euch kommen. Es wäre töricht von uns, sich zu widersetzen. Außerdem, ich tanze gerne und meine Tochter auch. Eine gut besuchte Cantina in der Galaxie wird sicherlich hohes Interesse an uns haben.“
Jarts Mutter grinste den Piraten entgegen und so elegant sie konnte, kletterte sie über den Felsen.
Seely folgte ihr. Für einen kurzen Moment konnte sie noch einen letzten Blick auf ihren Bruder werfen. Jart sah die Angst in ihren Augen. Er konnte spüren, wie ihr kleines Herz zu rasen schien.
„Lebe wohl kleine Schwester. Ich werde dich finden, das verspreche ich dir“
Dann wurde Seely über den Felsen gehoben.
Leise weinend versteckte sich Jart zwischen den Felsen, bis er hören konnte, wie die Piraten wieder abflogen, und selbst noch, als ein Rudel Lyleks sich an den Leichen der erschossenen Twi’leks gütlich tat, pulsierten seine Lekku.
Es sollte zwei Tage dauern, bis der Schmerz ihn nicht mehr lähmte.
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