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[Akt 03] Roter Regen


Stimmung
Langsam glitt ihr Bewusstsein wieder an die Oberfläche. Ein Duft von Lotosblüten stieg ihr in die Nase. Ihr ganzer Körper fühlte sich angenehm schwer an. So wie man sich nach einer erholsamen Nacht fühlte. Energiegeladen zum einen, aber noch viel zu schwerfällig, um diese auch zu nutzen. Seufzend öffnete sie ihre Augen und musste kurz blinzeln, denn das was sie sah war nicht was sie erwartet hatte. Sie befand sich nicht in ihrem Bett und sie hatte nur sehr verschwommene Erinnerungen an die letzten Stunden, nachdem das Auto auf den Hof gefahren war. Rin versuchte sich zu erinnern, aber über allem lag ein seltsamer Schleier, aus Vertrautheit und der Leichtigkeit. Müde richtete sie sich auf und sah sich genauer um. Der Raum in dem sie sich befand war traditionell eingerichtet. Die Wände waren mit Papiertapete beklebt und darauf waren klassische Japanische Motive gezeichnet. Einige Schwarzweiß andere in prächtigen Farben. Es gab Landschaften voller Kirschblüten, Schlachtenszenen und Städte voller Leben aber allen Bildern war eines gemein. In jedem Bild fand sich ein aufrecht gehender Tiger der ein schwarzes Fell mit gelben Streifen trug. Also genau Gegensätzlich zur normalen Farbgebung. Ihr Blick glitt langsam auf das Bett in welchem sie sich befand. Das Laken, die Decke alles war rot. Sie blinzelte mehrmals bis ihr klar wurde das es kein Blut war, sondern allein die Farbe der Seide, die sie einhüllte. Sie schlug die Decke ganz beiseite und runzelte die Stirn. Wie war sie in diese Kleider gekommen? Ein Seidennachthemd besaß sie überhaupt nicht und zudem war es auch noch blutrot, genauso wie die Bettwäsche.

Wieder hob sich ihr Blick. Das Zimmer war spartanisch eingerichtet. Das große Bett in dem sie lag war das zentrale Element des Raumes. Eine kleine schwarze Kommode stand noch an der Wand, in der sich drei Schubladen befanden und auf der sich verschiedenfarbige Glasfläschchen zu befinden schienen. Neben dem Bett lag weitere Kleidung, die aber nicht ihr gehörte, wo waren ihre Sachen, die sie getragen hatte, als, ja als was eigentlich, passierte? Rin versuchte sich zu erinnern, während sie aus dem Bett endgültig aufstand.

Sie hatte Tee gekocht, um Umeko wie jeden Abend zu begrüßen, wenn sie aus ihrem Haus kam. Dann hatte sie ein Auto gehört. Teshi wollte kommen, dass hatte ihr die Kainitin erzählt. Aber es war nicht Teshi gewesen, der aus dem Auto gestiegen war, sondern ein ihr gänzlich unbekannter Japaner, der zuerst nach Umeko gefragt hatte und dann…was war dann geschehen? Sie erinnerte sich nur noch an den Duft von Jasmin und Lotos. Danach verschwamm alles in diesem seltsamen Nebel. Die Anziehsachen die sie inzwischen aufgehoben hatte waren auch Rot. Dieselbe Farbe wie schon das Nachthemd. Da schien jemand einen ziemlichen Rotfimmel zu haben. Seufzend lies sie Sachen vorerst liegen. Es war hier oben arm genug, als das sie sich auch so bewegen konnte, ohne zu frieren. Außerdem war das Hemd ziemlich Blick dicht, was sie von Seide gar nicht erwartet hätte. Ihr erste Weg führte sie zu der Kommode. Die Glasfläschchen waren Flakons. Einen hob sie an und roch den Lotosduft, der den ganzen Raum einzuhüllen schien noch intensiver. Jetzt fielen ihr auf dem hellen Holz des Bodens auch die Blütenblätter auf, die überall herumlagen. Sie leckte sich über die Lippen und zog eine der Schubladen auf. Darin befanden sich Bürsten, Haarpflegemittel und verschiedne Töpfe und Tiegelchen. Auch die anderen Schubladen offenbarten ihr das dies hier eine Schminkkommode war, allerdings ohne Spiegel.

Wo war sie hier? Wer hatte sie hergebracht und warum? Der Raum hatte kein Fester, aber es war so still. Kein Geräusch schien den Weg in dieses Schlafzimmer zu finden. Wenn sie mehr herausfinden wollte, würde sie sich von hier wegbewegen müssen. Sie hob die Wäsche wieder auf, die auf dem Boden lag und runzelte wieder die Stirn, da die Kleider nicht so recht in dieses Ambiente passten. Es war ein langes rotes Kleid mit neumodischem Schnitt. Sowas hatte sie letztens auf einer Modenschau gesehen. Schulterfrei, mit wenig Dekolleté und bis fast zum Boden. Dazu waren Getas bereitgelegt worden, welche zwar zum Ambiente aber nicht zum Kleid passten. Rote Spitzenunterwäsche lag dabei. Woher kannte derjenige ihre Größe? Auch das Kleid saß perfekt. Da hatte jemand ziemlich viel….

Plötzlich schien ein Strahl Licht durch den Nebel zu brechen. Im Auto hatte sie hinten gesessen und der Mann hatte neben ihr gesessen und Fragen gestellt. Sie hatte sie alle beantwortet und es war ihr da auch überhaupt nicht komisch vorgekommen. Er hatte sie auch nach Kleidergrößen gefragt, jetzt erinnerte sie sich wieder.

Vollständig angekleidet schob sie dann die Tür zum nächsten Raum auf. Ein modern eingerichtetes Wohnzimmer erwartete sie. Ledercouch, Sessel, ein Mahagonischrank auf dem frische Pflanzen standen, ein riesiger Flachbildschirm hing an der Wand. Hier lagen flauschige Teppiche und dieselben weißen Blüten auf dem Boden wie schon in ihrem Schlafzimmer, aber irgendetwas trübte die friedliche Atmosphäre, die der Raum sonst ausstrahlte und es dauerte einige Sekunden, vielleicht sogar Minuten, so genau konnte sie das nicht sagen, bis sie begriff was es war. Unter dem Geruch nach Lotos war ein zweiter, ihr ebenfalls vertrauter Geruch, den sie aber gerade nicht zuordnen konnte. Es gab nichts was darauf hindeutete bei wem sie sich befand. Zwar gab es hier Dekoration in Form von Asiatischen Motiven, vornehmlich Tiger, aber auch Drachen, Wolken und Schwerter waren da. Was es aber gar nicht gab waren Fotos. Keinerlei Familienportraits oder ähnliches. Nicht einmal Zeichnungen oder sonst etwas. Rein gar nichts persönliches und immer noch war es gespenstisch still.

Das seltsamste war das sie gar keine Angst hatte. Sie war wahrscheinlich entführt worden, aber sie hatte keine Angst. Im Gegenteil sie fühlte sich richtig wohl. Was war das für ein Ort? Oder stimmte mit ihr etwas nicht?

Noch während sie über diesen Umstand nachdachte öffnete sie die nächste Tür und entdeckte ein prunkvolles Badezimmer. Sie blinzelte. In der geräumigen Dusche mit Regenfunktion hatte sie gestern geduscht, bevor sie zu Bett gegangen war. Auch daran konnte sie sich erinnern. Zusätzlich an eine kalte Frauenstimme, die ihr gesagt hatte das er sie morgen sehen wollte, sie sollte bereits sein. Ob sie mehr gesagt hatte, oder sie vergessen hatte zu Fragen entzog sich ihrer Kenntnis, aber das Wasser war warm und angenehm gewesen, daran erinnerte sie sich sehr wohl. Der Geruch nach Lotos war hier wesentlich geringer, aber der andere Geruch war viel stärker. Was war das für ein Geruch, der ihr so vertraut war? Noch einmal schüttelte sie den Kopf, um sich endlich vollkommen zu erinnern, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen.

Es blieb noch eine Tür, welche sie nun öffnete. Als diese aufschwang erstarrte Rin. Ihr ganzer Magen drehte sich herum und ihr Hirn schien anfangs nicht begreifen zu wollen was sie hier vor sich sah. Sie stolperte zwei Schritte zurück und schnappte nach Luft, aber das füllte ihre Lungen nur mit dem Geruch den sie bis eben nicht zuordnen konnte. Ein Würgereiz überkam die junge Frau und sie erbrach sich auf den glatten Holzboden des Wohnzimmers. Der klebrige Geschmack von Blut breitete sich in ihrem Mund aus, als sie noch einmal hoch sah erwartete sie fast, nein hoffte das sie sich das nur eingebildet hatte, aber das stimmte nicht. Der kleine Raum vor ihr war am ganzen Boden mit Blut bedeckt. Blut das frisch aus dem Mann tropfte, der unter der Decke aufgehangen war. Die Beine fast unmöglich angewinkelt, auf den Rücken mit den Armen zusammengebunden. Er schien aus hunderten von kleinen Schnitten zu bluten, fast wie Sprühregen verteilte sich sein Lebenssaft auf dem Fliesenboden. Rin wurde wieder übel. Wie konnte jemand so etwas tun? Sie musste ihm helfen, sie musste den Mann retten, aber sie konnte sich vor Schock nicht rühren. Ihr Blick war auf den leblosen Leichnam des Asiaten gerichtet, der sich langsam an dem Seil drehte, mit dem er von der Decke baumelte.

Dann trafen sich ihre Blicke und sie bemerkte das er nicht tot war, sondern die reine Panik in seinen Augen stand. „Tasukete kudasai!“* brachte er hervor. Rin schrie.

* Hilfe

Published inRollenspiel-Storys

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