Da war eine unförmige Gestalt, die ich verschwommen wahrnehmen konnte. Umso näher ich kam umso mehr erkannte ich, dass es zwei Gestalten waren. Die Frau war aus Glas und wurde von der anderen Person in den Armen gehalten. Er hatte mir den Rücken zugewandt, aber ihr Gesicht konnte ich erkennen, als ich nah genug dran war.
Es war Inga und ihr gläserner Körper hatte Risse. Hinter dem Glas konnte ich Dunkelheit sehen, die sich bewegte. Es waren die Würmer, sie waren in ihr drin und zerstörten langsam das Glas aus dem ihre Hülle bestand.
Der junge Mann drehte sich langsam zu mir um, erst sein Kopf, dann der Rest von ihm. Er starrte mich fassungslos an. Ich hob beschwichtigend einen Arm: „Es tut mir Leid!“
Sein Blick veränderte sich schlagartig, als er meine metallenden Arme entdeckte. Seine Pupillen zogen sich zusammen und wurden katzenhaft, sein Körper wuchs rasend schnell. Auf seiner Haut bildeten sich dunkle Streifen, die zu Fell wurden. Als er mich auf japanisch anschrie, hatte sich sein Gebiss schon zu dem eines Raubtiers verformt: „Du bist tot!“
Er ließ Inga fallen, als er mich ansprang. Mein Blick hing auf ihrem Körper, der auf dem Boden aufschlug und zersplitterte. Die Scherben waren aus schwarzem Kristall.
Dann hatte ich Fell und Pranken vor mir, die meine Arme durchstießen, welche ich schützend vor mich hielt. Er packte mit einer Tigerpranke meinen Hals und hob mich daran hoch, mit der anderen holte er aus.
Akio spuckte mir Blut entgegen, bevor er meinen Kopf zerschlagen konnte. Wir fielen beide hin und er verwandelte sich rasch zurück in seine menschliche Gestalt.
Eine silberne, nur zu bekannte Klinge ragte aus seinem Brustkorb heraus, dort wo sein Herz war.
Ich folgte mit dem Blick der Klinge bis zum Griff, bis zum Träger der silbrigen Machete. Es war Anastasia.
Ich nickte ihr bestätigend zu: „Danke.“ Als sie bei mir war, nahm ich ihr die Waffe wieder ab: „Das war die Ausnahme. Ich bleibe dabei, du rühst meine Klinge nicht an.“
Prüfend betrachtete ich die Machete und blickte dadurch in meine eigenen, blauen Augen. In der Spiegelung konnte ich auch ihre sehen. Sie waren mit Tränen gefüllt. Ohne sie nochmal an zu blicken steckte ich die Waffe ein und wandte mich zu den Kristallscherben.
Langsam öffnete ich wieder die Augen. aber ich hatte noch immer das Gefühl, ewig weiterschlafen zu können. Zumal ich nicht geschlafen hatte. Es war nichts erholsames in Bewußtlosigkeit. Meine Glieder fühlten sich noch immer an wie Blei.
Der Aufschlag am Boden war zu erwarten gewesen und doch konnte ich ihn nicht auffangen. Dafür war der Sturz einfach zu tief. Der metallische Geschmack meines Blutes sammelte sich auf meiner Zunge und in einem kurzen Hustenreflex spie ich davon auch etwas aus. Ohne noch irgendeine Kontrolle darüber zu haben sackte mein Kopf zur Seite weg. Ich lag auf dem Rücken, alle viere von mir gestreckt.
Neben mir krachte noch eine Person in die Blumen. Auch ihr Kopf glitt entgegen jeglicher Anstrengung zur Seite weg. Ich konnte in ihre Augen blicken. Sie waren genauso blau wie meine eigenen. Unfähig, Worte zu formen, schob ich mich mit verzerrter Telepathie in ihren Kopf.
‚Warum hast du das gemacht?‘
Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, das war die einzige Reaktion. Auch ihr Körper war kaum zu mehr fähig.
‚Wenn du fällst, falle ich mit dir.‘
Ich erinnerte mich noch genau. Das war das Versprechen oder die Androhung, welches sie mir gegeben hatte.
‚Wir werden uns wiedersehen.‘, das wiederum war nun mein Versprechen.
Tränen flossen über meine Wangen und mein Herz schmerzte.
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