Mein Blick ruhte wieder auf dem brennenden Pergament. Es war so einfach gewesen und, obwohl das Tier in mir sich instinktiv vor diesem Feuer zurückzog, konnte ich den Blick nicht abwenden. Meine Gedanken begannen zu kreisen. Verloren sich in diesem Feuer, tauchten wieder auf, wie ein Phoenix und versanken wieder darin.
Ich war hier und existierte noch, obwohl ich eine Begegnung mit dem Teufel hinter mir hatte, mehrmals gepflockt wurde und sogar bereits einmal von Muna gebissen wurde. Wir waren durch eine sehr seltsame Welt aus weißen Gängen und Räumen gegangen und hatten dann einen Bus genommen, den ein Skelett fuhr. Mein ganzes früheres Leben hatte sich in Rauch und Asche aufgelöst. Als das Spanks explodiert war hatte sich alles verändert. Ich wurde zum Vampir, Tamara, von der ich dachte ich würde sie kennen, entpuppte sich als Meisterhafte Vampirjägerin, die trotz ihres Ghuldaseins ihren Sire pflocken konnte. Ich traf auf verrückte Gestalten wie diesen Tarot oder Enigma, Markus und Muna, alles ebenfalls Vampire. Wir befanden uns in einem Haus das scheinbar sicher war und in dem es Räume gab in dem Blut in Kühlschränken gelagert wurde.
Es war alles seltsam. Meine Hand wanderte an meinen Hals, an dem sich immer noch die Wunden befanden, welche Munas Zähne und Beautrice´s Klauen geschlagen hatten. Spank hatte mir erklärt wie ich so etwas heilen konnte und ich tat es jetzt zum ersten Mal, indem ich mich auf die Wunde konzentrierte die Munas Zähne geschlagen hatten. Ich konnte spüren wie sich Haut und Muskeln wieder zusammenfügten und sich die Sehnen neu bildeten. Es war ein angenehmes Gefühl aber gleichzeitig auch schmerzhaft.
In meinem Inneren, irgendwo tief in meiner Seele kratzte etwas wieder an meinem Bewustsein. Das Tier meldete sich. Es war noch da und würde nie verschwinden. Ich hatte viel Blut verbraucht, um die Wunde zu schließen und die Bestie spürte das. Es testete seine Grenzen aus aber noch hielten meine geistigen Barrieren seinen Angriffen stand. Ihr leiser Ruf hallte durch meinen Geist.
„Hunger!“
Auch das hatte Spank mir erzählt. Unser Clan die Gangrel hatten eine besondere Bindung zu dem Tier in uns. Wieso sollte ich es also nicht kontrollieren können. Bisher hatte ich fast immer Hunger gelitten, aber seit einer Nacht war es endlich einmal satt gewesen und es vermisste diesen Zustand. Ich konnte es nachfühlen, auch wenn ich selbst derzeit nicht hungrig war. Das Biest musste gefüttert werden, denn es hatte immer Hunger.
Aber das konnte warten. Erst musste ich etwas Anderes erledigen. Was hatte Tarot gesagt? Wir haben den 01.06? Also war heute die Nacht vom 02. auf den 03. Keine erbauliche Erkenntnis, denn das bedeutete das ich mich seit zwei Wochen nicht bei Tamara gemeldet hatte. In der Nacht, wo Spank mich verwandelt hatte, sagte ich zu ihr, ich würde sie anrufen und das hatte ich immer noch nicht getan. Ich musste sie einfach sehen und sie fragen was das dort unten sollte und was sie noch vor mir verbarg. Ob ihre Gefühle für mich wirklich echt waren und wie es ihr ging.
Ein seltsames Gefühl überkam mich. Ich hatte gleichzeitig Angst vor Tamara und doch begehrte ich sie und wollte wissen was mit ihr los war. Wer sie wirklich war…sie faszinierte mich.
Aber, um ihr unter die Augen treten zu können, musste ich unversehrt sein. Ich wollte nicht das sie sich sorgen machte. Meine Füße gingen wie von selbst den Gang entlang und betraten das Zimmer, in welchem ich den Tag verbracht hatte.
Ich öffnete den Kühlschrank und nahm einige Blutbeutel heraus. Meine Fangzähne verlängerten sich wie von selbt und die Bestie heulte auf. Dann schlug ich die Zähne hinein und trank.
Das Tier beruhigte sich, als der rote Lebenssaft begann sich in meinem Magen zu sammeln. Ich genoß es die Ruhe in meinem Kopf und die starken Wände wieder zu regenerieren, die es schon niedergerissen hatte. Wieder konzentrierte mich und bot all meine Willenskraft auf auch die zweite Wunde zu schließen. Sie schloss sich, wenn auch wesentlich langsamer und mit mehr Widerwillen, als die Erste. Wieder begann das Tier in mir zu rumoren. Natürlich tat es das. Ich hatte ihm wieder Blut entzogen. Wieder die Nahrung geraubt aber es war mir egal.
„Lass mich raus!“
erklang seine Stimme. Deutlich, als würde es neben mir stehen. Die Wände waren dünn geworden. Dünner als vorher.
„Nein du bleibst da. Ich entscheide wann du zu essen bekommst nicht du!“
Befahl ich ihm. Der strenge Ton zeigte Wirkung. Es zog sich zurück. Ein wenig widerwillig aber auch kuschend, als wüsste es, das ich derzeit der Stärkere war. Das Letzte was ich von ihm hörte, bevor ich meine Zähne in einen weiteren Blutbeutel schlug war ein leises.
„grrrrrrrrrrrrrrrrrrr“
Wieder satt gestatte ich mir einen Blick in mein Inneres, auf das Gefängnis des Tieres, welches in mir lauerte. So Fremd und doch so vertraut kauerte es dort vor mir. Eingesperrt in dicke Wände aus Blut und Selbstbeherrschung, die ich selbst errichtet hatte. Aber mir fiel auf, das sie dünner waren. Dünner als ich sie zuletzt gesehen hatte. Nur Minimal aber die Bestie wusste es. Sie lächelte.
Dann ging ich hinüber in den Computerraum. Ich musste telefonieren.
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