Stimmung
Brody lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und betrachtete die flackernde Deckenlampe im Gang zu den Zellen. Die Tür zu den Büros war zwar geschlossen, aber er hörte jedes Wort darin. Die Beamten waren mit Telefonaten überlastet, hinzu kamen die Leute, die persönlich vorbeischauten um ihrer Angst hier freien Lauf zu lassen. Irgendwo lief ein Fernseher mit Nachrichten – Schreie, splitterndes Glas und das knurren von widernatürlichen Kreaturen war zu hören. Überall war es Thema nummer eins: Werwölfe und Vampire lieferten sich offene Schlachten auf den Straßen und hatten eine Kirche, ein Gotteshaus zerstört! Wer war jetzt noch sicher? Es musste die meisten Menschen förmlich erschlagen, dass es offensichtlich Beweise für die Existenz von solchen Horrorkreaturen gab.
Brody hörte nicht nur die Hysterie, er spürte sie auch in den Personen dort im Büro immer mehr aufwallen. Der Werwolf schloss die Augen und sah förmlich vor sich, wie bald nur noch Straßenzüge von Autos brannten, Menschen panisch und halbtot umherrannten und sich jeder gegenseitig umbrachte. Inmitten dieses Chaos aus Tod, Angst und Zorn öffnete sich am Boden ein riesiges pupillenloses, schwarzes Auge und blickte ihn direkt an.
Er schrack zusammen und schüttelte den Kopf, der Anblick des Wyrm holte ihn zurück in die Wirklichkeit. Er rammte die geballte Faust in die Wand der Zelle und fluchte kräftig.
Stefan wischte sich Tränen und Blut aus dem Gesicht und legte den Wagenheber auf den Tresen vor sich. Die Polizistin hatte beinahe einen mitleidigen Ausdruck auf dem Gesicht und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Dann sprach sie: „Sie wird es schaffen, sie haben da draußen großes geleistet für ihre Familie….“ Stefans Blick war leer und er nickte nur langsam zu dieser Aussage.
„Dennoch muss ich sie bitten, die….Kleidung der ‚Vampire‘ zu identifizieren… mehr haben wir nicht außer einer Menge Asche. Wenn sie uns sagen können, mit welchen davon sie zutun hatten…“ Stefan blickte an sich herab, überall war Blut, er nickte langsam.
Im Schatten der Dämmerung huschte eine Gestalt über das Drachenblume Anwesen und eilte in den unbebauten Keller. Das eine Kellerfenster wurde verrammelt, bevor die schwarze Plane samt Inhalt in eine Lichtfreie Ecke gelegt wurde. Steven ließ seinen Sohn kurz dort liegen und huschte in den Nebenraum, um eine größere Kiste zu finden.
Vash öffnete die Augen einen Spalt, er war träge und schläfrig, sein ganzer Körper schmerzte. Als er es endlich geschafft hatte, die Hand auf den Brustkorb zu legen – dort wo die Silberkugeln ihn durchbohrt hatten, war Steven schon wieder bei ihm und riss ihn hoch. Der Vampir hatte dem tagsüber nichts entgegen zu setzen und so wurde er in die Holzkiste verbannt. Der Deckel schloss sich nicht ganz, als aus der Kiste ein krächzendes: „Papa…“, kam.
Steven hielt für einen Moment inne und starrte auf den Deckel, der zwischen ihm und Vash war. Dann schloss er die Augen und schloss die Kiste. Während er diese mit Nägeln versiegelte, hörte man ein schwaches kratzen an den Innenwänden. Mit dem Silber in ihm würde er hier nicht so bald herauskommen…
Kaum kam Steven Archelli aus dem Keller, entdeckte er auch schon den Polizeiwagen vor der Haustür. Er richtete seinen Hemdkragen und begrüßte die Gesetzeshüter mit einer relativ neutralen Grundhaltung.
„Guten Morgen, gibt es ein Problem?“, fragte er direkt heraus.
Als er jedoch registrierte, dass der Polizist und die Polizistin ihre Mützen in der Hand hatten, entgleisten seine Gesichtszzüge und er fragte mit Nachdruck: „WAS ist passiert?“
„Ihre Freundin Lu-„, weiter kam die Polizistin nicht, denn er rannte überstürzt zu seinem Wagen, die Beamten riefen ihm noch irgendetwas nach, doch das ging im Quietschen der Reifen unter. Die roten Ampeln waren ihm auf dem Weg zum Krankenhaus egal.
„Du hast gelogen.“, Saschas Sillhouette zeichnete sich in dem weißen Raum ab. Mit verschränkten Armen starrte er auf den Rücken von Valentine, welcher aus der Plastikscheibe nach draußen in die Sonne blickte und ihre Wärme auf seiner Haut genoß. Der hochmütige Mann zeigte keinerlei Reaktion.
„Hab Geduld.“, sprach er nach ein paar Augenblicken.
Sascha schüttelte mit dem Kopf: „Geduld?! Wenn du noch länger brauchst, frisst sie mich mit Haut und Haaren!“
Valentine lächelte.
„Und… das wäre doch nicht gut für deinen grandiosen Plan! Ich meine, hey! Ich hab auch son dummes Symbol, ja!“ Sascha wartete noch einen Moment, ehe er sich kopfschüttelnd zur Tür begab und weiter leise vor sich hinfluchte.
Erst als er hinausgetreten war, antwortete Valentine: „Dein Symbol braucht niemand, nichtmal ich.“
Niklas schloss die Augen, zeitgleich zum unterdrückten Schmerzenslaut von Spank. Als die Laute nicht verebbten, drehte Niklas den Kopf zur Seite weg und öffnete seine Augen wieder. An der Stelle der Wand, auf die er jetzt blickte, war Blut gespritzt. Eine weitere Gestalt ganz in weiß kam heran, Niklas schluckte beim Anblick des Folterinstruments welches die Person bei sich trug. Das sollte sogar bei einem untoten Mann schmerzhaft werden. Niklas ruckte nochmal an den Ketten, doch da tat sich nichts.
„Fragt ihn doch endlich, was ihr eigentlich von ihm wollt, ihr Säcke!“, sprudelte es irgendwann aus seinem Mund. Verdutzt drehten sich die vier Gestalten zu ihm herum. Niklas machte einen angewiderten Gesichtsausdruck, als er das Ergebnis ihrer Taten auf Spank sah. Sicher, es war nur eine Frage der Zeit bis sie sich ihn vorknöpfen würden, aber was machte das alles für einen Sinn?
Niklas verlor den durchdringenden Blick auch nicht, als eine der Gestalten mit einer Art Fleischbohrer zu ihm trat. „Hat man euch die Zungen rausgeschnitten, oder was ist los?“, knurrte er beinahe. dabei konzentrierte er sich, wie Spice ihm das so oft versucht hatte zu erklären, um die wahre Gestalt dieser Kreaturen zu erkennen. Es klappte und was er sah ließ ihn zurückweichen. Die Person vor ihm war ein verzerrtes Abbild ihrer selbst, eine Seelenlose Hülle mit weit aufgerissenem Mund, in dem schwarze Unendlichkeit lauerte. Die Augen waren hohl und stanken nach Verwesung.
„Fuck!“, sprach Niklas leise und umklammerte die Ketten an denen er hing, mit den Händen. Er schloss die Augen und konzentrierte sich stärker – die Ketten wurden rissig und nach kurzer Zeit zersprangen sie in viele kleine Einzelteile, die rostigen Überreste benutzte er, um damit nach der Gestalt vor sich zu schlagen und anschließend zu erwürgen.
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