Da lag sie also. Die Bettdecke war noch blutverschmiert, aber ihr schlafendes Gesicht wirkte dagegen. Es wirkte so rein und harmlos. Ganz die Gestalt ihres wahren Ichs.
Langsam schlich der Euthanatos näher an das Bett heran. Sie war der Schlüssel zu Basil. Ihr Tod wäre sein Tod. Der junge Mann lächelte boshaft. Endlich würde alles ein Ende nehmen. All seine Demut würde mit einem Stoß verschwinden. Er nickte zu sich selbst. Außerdem würde er seine Mutter befreien von ihren Qualen.
Nun stand er direkt neben dem Bett und blickte auf die blonde Lockenpracht Kathleens herab. Sie würde es nicht einmal bemerken. So einen sanften Tod hatte nicht jedes Opfer der Euthanatos. Thomas zog das Eisschwert und setzte es an ihrer Kehle an.
Dann ein wütendes Knurren und der junge Euthanatos fühlte sich durch die Luft gehoben. Sein Flug endete zwischen einem Tisch und zwei Stühlen, die er mit sich riss. Erst dann spürte er seinen zertrümmerten Wangenknochen und das pulsieren des Blutes, dass ihm nun übers Gesicht lief. Der Knochen war aus dem Fleisch getreten und hatte eine nette Schnittwunde hinterlassen.
Thomas blickte sich nach seinem Angreifer um, aber ehe er ihn sah, wurde er bereits wieder am Kragen in die Luft gezogen und flog gegen die nächste Wand. Dieses Mal zerschmetterte es ihm den linken Ellenbogen und er presste die Zähne aufeinander, um den Schmerz zu unterdrücken. Sein Arm hing schlaff herab und es brannte wie die Hölle in Dosen.
Genau das hatte er nun auch vor sich. Sein Angreifer stand unmittelbar vor ihm und funkelte ihn böse an. In der Dunkelheit des Raumes erkannte man bloß die blau leuchtenden Augen des Ahroun. Madalions Rasta-Zöpfe hingen ihm wild im Gesicht und er hatte die Zähne gefletscht. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er hatte sich vor Thomas aufgerichtet.
„Wag es ja nicht, sie anzufassen!“, knurrte der Garou und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Euthanatos. Thomas zog sich mit dem rechten Arm an der Wand hoch und lehnte sich an diese. Mit diesem Kraftpaket voller Zorn hatte er hier nicht gerechnet.
Nebenbei schaute sich Thomas nach der Eisklinge um, die er beim ersten Flug aus der Hand verloren hatte. Dem Hünen entging der Blick nicht und er knurrte abermals drohend. Aber darauf reagierte Thomas überhaupt nicht und grinste Madalion plötzlich siegessicher an.
Ehe der Weiße Heuler wirklich bemerkte, was geschah, spürte er kaltes Silber zwischen seinen Rippen. Trotz der Schmerzen wirbelte er herum und warf auch diesen Eindringling zu Boden. Er hielt sich die Brust und blickte auf das weiße Fell von Thomas’ Komplizin. Es war Sarah und sie hatte ihre Klaive in dem Ahroun vergraben.
Madalion schloss für einen Moment die Augen und konzentrierte sich. Sarah war i ihrer Crinosgestalt und ließ eine ihrer Pranken auf ihn zuschnellen. Aber diesen Angriff blockte Madalion mit einer Hand ab und blickte ihr dann direkt in die Augen. Mit seiner anderen Hand zog er sich langsam die Silberwaffe aus den Rippen ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
Dies machte Sarah etwas nervös und so wich sie einen Schritt zurück und blickte verdutzt auf die Hand Madalions’, mit der er ihren Angriff eben abgeblockt hatte. Mit einem Schmerzenslaut riss dieser nun die Klaive endgültig aus sich heraus und verwandelte sich in der gleichen Bewegung in die Kriegsform der Garou. Nun überragte er Sarah um mehr als einen Kopf und ein wütendes und drohendes Wolfsknurren ließ sie einen weiteren Schritt zurückweichen.
Die beiden Weißen Heuler standen sich nun so scheinbar unendlich lange Sekunden gegenüber und blickten sich einfach nur an. Madalions Blick war sehr durchdringend und Sarah verlor das Niederstarren nach einer Minute.
Thomas war in der Zwischenzeit wieder bei Kathleen angelangt und holte erneut mit der wieder gefundenen Eisklinge aus. Madalions Instinkte warnten ihn vor und so grub er seine beiden Pranken einmal quer durch den Magier.
Thomas viel mit offenen, starren Augen zu Boden und rührte sich nicht mehr. Das ließ Sarah aufheulen und sie sprang den ihr überlegenen Crinos an. Madalion und Sarah kugelten sich quer durch den Raum und vergruben ihre Pranken in dem Fleisch des anderen. Stühle und Tische gingen zu Bruch und der Lärm war im ganzen Haus zu hören.
Plötzlich stießen blutrote Schwingen aus Sarah’s Rücken und ihre Augen färbten sich rot. Sie kreischte los, sodass Madalion fast die Trommelfelle geplatzt wären: Der Schrei der Todesfee…
Madalion knirschte mit den Zähnen. Nicht nur, dass ihm die Wunde der Klaive zu schaffen machte, jetzt vernebelte Sarah auchnoch seine restlichen Sinne. Aber in ihm war der Beschützerinstinkt erwacht. Dieser, der auftritt, wenn man seine Familie beschützen will.
Und Kathleen war nun seine Familie. Ihr Kind würde ein Spiritgeborener werden…
So holte Madalion zum vorerst letzten Schlag aus und sah noch, wie Sarah’s Kopf zwischen seinen Pranken zerquetscht wurde. Der Aufprall ließ ihr Blut durch den ganzen Raum spritzen…
Hechelnd und wimmernd ging letztendlich auch der Ahroun zu Boden. Seine Rippen schmerzten ihn und sein Gewissen ebenfalls. Er hatte nie vorgehabt einen Artgenossen zu töten und gerade nach den Nächten mit Kathleen war ihm Mord zuwider geworden…
Er musste Neneliel über den Tod ihres Sohnes unterrichten… wenn er wieder erwacht.
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