Zum Inhalt

Burning Heart

Stimmung

Ich lehnte am Wagen und betrachtete den Wald um mich herum. Die Hände locker in den Hosentaschen und der Atem ruhig, aber mein Herz raste. Ich verbot mir selbst, zurück zum Haus zu schauen. Es war ohnehin zu weit entfernt, um noch etwas sehen zu können…

Meine Hand fuhr über meine Stirn, dort, wo sie mich geküsst hatte. Es war wieder da… dieses schlechte Gefühl. Das Wissen, das alles so seine Richtigkeit hatte – aber das Gefühl viel mehr zu wollen. Dieses hin- und hergerissene war ein Teil von mir, jetzt wo ich wieder ganz war… und es würde wohl auch immer ein Teil von mir bleiben. Ich dachte an die letzte Nacht zurück und horchte in mich. All das war allein wegen Sex passiert… um des Aktes wegen. Zu behaupten, es wären keine Gefühle dabei gewesen, wäre eine Lüge. Aber es war anders, unerklärlich anders. Egal ob Eve oder Umeko – es war nicht komplett. Etwas fehlte, ein winziges Detail, was die Dauerhaftigkeit der Beziehung in Frage stellte.

Mein Atem wurde schwerer, es hatte wehgetan. Da war dieses Stechen bei ihrer Berührung. Ich wusste warum, ich hatte genug Zeit gehabt darüber nachzudenken. Ich wusste das es niemals anders sein würde. Eve hatte Recht Erzähl deinem Herz mal, was dein Verstand denkt. ich wusste nicht, ob Eve sich jemals von mir lösen konnte… aber wenn es genauso war, wie bei mir zu Ronja… ich schüttelte zu mir selbst den Kopf. Der Verstand musste siegen oder alles würde kaputt gehen.

Gefühle waren nicht logisch, sie waren nicht zu analysieren oder zu kontrollieren. Sie hat dir mehr wehgetan als ich ihr! Ich lächelte ironisch. Wenn man nicht vergeben kann, warum sollte einem dann vergeben werden?

Ich schloss die Augen und dachte an das Duell mit mir selbst zurück. Inmitten des Trainingsraumes, in dem ich auchschon mein Tier geschlagen hatte. Mein dunkles Spiegelbild stand mir gegenüber. Beide waren unbewaffnet und er grinste mich nur an. Aber ich hatte mein Ziel klar vor Augen.

„Gib auf.“, forderte ich.

Er lachte nur und griff direkt meine Gefühle an. Natürlich sprach er mir aus der Seele, wollte mich anstacheln, mich hervorlocken. Es war zugegeben nicht ganz einfach, sich nicht davon hinreißen zu lassen. Er hatte Recht, es hatte wehgetan…

„Du hast kein Recht darauf zu existieren, nicht SO!“

„Ohh, ich habe also kein Recht darauf. Natürlich sowas sagt die Mutter auch, wenn sie ihr Kind nicht ernähren kann und es deswegen von sich stößt!“, sein Gesicht sprach von großer Selbstsicherheit.

„Das hat nichts mit ernähren zutun, du hättest dich nie abspalten dürfen.“, er stocherte in etwas sehr altem herum. Heute wusste ich, dass es mich wahrscheinlich gar nicht mehr geben würde, hätten meine leiblichen Eltern mich nicht weggegeben,

„Es wird wieder passieren! Du weißt das! Wir haben die Kraft dazu! Denk nach!“

„Unsinn, das war die Kugel!“, ich kam ins Grübeln.

„Das meine ich nicht, deine Fähigkeiten!“

„Gedankenmagick ist nicht fähig Körper zu erschaffen, höchstens als ein Schattenabbild – aber dann kann ich dich immer wieder zurückholen! Das kann ich kontrollieren. Die Kugel… das war nie für dich bestimmt.“

„Hah, DU hast mich doch zum Leben erweckt!“

„Das war ein F…“, er unterbrach mich einfach: „Ein Fehler? Warum? Ich tue doch nur das, was du dir sosehr gewünscht hast!“

Ich setzte nochmal an: „Es war ein Fehler! Du mordest hier rum!“

„Ich habe niemanden getötet.“, konterte er.

„Du hast es versucht! Du hast sie verletzt!“

„Hat sie dich nicht auch verletzt? Mehr noch als ich es bei ihr getan habe.“

„Das ist trotzdem kein Grund! Es sind meine Freunde!“, ich ignorierte den Gedanken, dass er Recht hatte einfach mal für den Moment.

Er lachte wieder: „Du gehst mir auf die Nerven.“

„Und ich kann dich nicht so weitermachen lassen. Ich müsste dich an mich Ketten, damit du da draußen weiter existieren dürftest. Was tun wir also?“

„Tja du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du tötest einen Teil von dir oder du nimmst mich in dir auf, mit allem was ich bin.“

Darüber hatte ich längst entschieden: „Tja, ich habe dich erschaffen… und du bist hier der Spezialist für Zerfall, also wirst du diesen Körper gefälligst auflösen. Ich kann dich nicht frei rumlaufen lassen… und einen Teil zu töten kommt gar nicht in Frage.“

„Hah, willst du mich zwingen? Versuchs doch!“

Ich konzentrierte mich kurz auf mein Katana – und es materialisierte sich in meiner Hand. Auch mein Ebenbild war nun bewaffnet und lachte wieder. Aber darüber war ich nicht verwundert, ich hatte damit gerechnet. Überhaupt war alles bisher ziemlich kalkulierbar für mich gewesen.

„Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass wir sosehr zusammenhängen, das wir den gleichen Schmerz spüren?“, fragte ich beherrscht.

„Also, ich habe deinen Fuß nicht gespürt!“

„Aber es ist bisher auch kein Blut geflossen.“

„Dann sollten wir das herausfinden.“

„Darauf hast du doch schon die ganze Zeit gewartet.“, bemerkte ich trocken.

Das hatte er tatsächlich, mit einem wütenden Kampfschrei stürzte er sich auf mich, die Spitze des Katana sauste direkt auf mich zu. Ich rührte mich keinen Milimeter, hatte meine Waffe nicht zur Parade erhoben – ich erwartete einfach diesen Treffer ohne mit der Wimper zu zucken. Die Klinge stoppte direkt vor mir. Es war nicht, dass er gezögert hätte. Sein Angriff hatte die volle Wucht des Schlages inne. Aber er prallte einfach ab an der Mauer meines Willens. Dann packte ich ihn und schickte ihn auf die Bretter. Noch während er fiel ging ich wieder zurück in die Ausgangsposition – nichtmal eine Abwehrhaltung hatte ich eingenommen. Es war überhaupt keine Kampfpose.

Ein wütender Aufschrei erklang von ihm: „Warum?!“

Mein Ebenbild sprang wieder auf und trat nach mir, ich lenkte den Tritt ab – ein Zweiter folgte. Auch diesen konnte ich mühelos abblocken. Dabei brachte ich ihn in eine für mich günstige Position und brachte ihn wieder zu Boden. Diesmal hielt ich ihn jedoch dort fest. Er schrie wieder: „Waruuuuuuuuuum?!“

„Spezifiziere deine Frage.“, ich hatte ihn fest im Griff.

Warum hast du es nicht getan? Du wolltest es doch! Du wolltest sie töten! Sie haben dir wehgetan!

„Weil es meine Freunde sind! Weil ich ihnen niemals etwas tun könnte!“

Er erschlaffte, langsam verlor seine Gestalt an Konsistenz. Die schwarze Motorradkluft veränderte sich, formte sich zu einem Kimono. Ebenso wie mein helles Hemd. Er war der schwarze, der immer da sein würde. Ich war der helle, der seinen Weg fortführen würde. Auch wenn ich den Pfad bestimmte, es war kein entgültiger Sieg. Ich war wieder ganz, aber das hieß auch, dass die negativen Gefühle ein Teil von mir waren.

Ich kehrte zurück, mein Geist trat wieder nach außen und ich öffnete die Augen. Die frisch zurückerhaltenen Gefühle rauschten noch durch mich hindurch, aber ich konnte sie bändigen und sortieren. Für den Moment bestand keine Gefahr… und ich war tierisch erleichtert, dass der Spuk nun ein Ende hatte… er löste sich tatsächlich auf, sogar mit all den materiellen Dingen, die er geklaut hatte.

Ich war irgendwie ausgelaugt, zufrieden aber auch traurig. Das folgende Gespräch mit Eve war anstrengend. Aber eher, weil ich mir selbst aus der Seele sprach. Ich konnte sie gut verstehen. Aber ebenso Ronja… es war so, wie es eben war. Wir waren alle so eng zusammengeschweißt… und klammerten so sehr das man schon gar nicht mehr merkte, dass es auch etwas Luft zum atmen bedurfte. Eve brauchte Luft, aber sie konnte mir nicht für immer aus dem Weg gehen, ich hatte es bei Ronja auch nicht geschafft… und musste mich jetzt damit zufrieden geben, was ich bekommen konnte ohne etwas zu verlangen.

Ich betrachtete Ben, aber da war kein Hass. Er gehörte zu Ronja wie der Himmel zur Erde. Er war ihr Wächter und würde mit ihr Fallen und sich erheben, immer und immer wieder. Es waren zwei Hälften eines Herzens und ich trug Sympathie in mir für ihn. Vielleicht war die Bezeichnung befreundete Rivalen nicht so falsch… irgendetwas hatte entschieden, dass diese Beiden zusammen gehörten und ich würde nicht der Keil sein, der sie auseinander reißt. Nein, ich würde da sein, wenn ihr Band sie handlungsunfähig macht, um sie dann zu schützen… und wenn es das letzte wäre, was ich tun würde.

So wie heute. Ich war bereit gewesen meine Existenz zu beenden, damit meine Freunde in Frieden weiterleben konnten. Wäre das der Preis gewesen, um Ryuo zu vernichten – hätte ich ihn bezahlt.

Ich ging nochmal ein Stück in den Wald hinein und nahm mir einen stabilen Ast mit, bevor ich in den Wagen einstieg, um nach Hause zu fahren.

Dort spitzte ich ihn an.

Published inRollenspiel-Storys

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert