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199 – [13.08.2014] Der Tag an dem Sarah hinwarf und das Monster entkam

„Scheiße.“, flüsterte Matt und starrte inmitten der Menschenmenge auf eine Frau, die gerade dabei war, tentakelartige Auswüchse aus ihrem Kopf zu bilden. Sarah war bei ihm eingehakt und folgte seinem Blick. „Was ist?“, fragte sie ebenso leise. Dadurch, dass sie kleiner als er war, konnte sie nicht über so viele Köpfe hinweg sehen und erkannte daher nicht, was er meinte.

Matt zog Sarah eilig durch die Leute, während er erklärte: „Ich hab wieder was entdeckt. Komm.“ Er nahm die Verfolgung auf, denn das Monster bewegte sich schnell von dem öffentlichen Platz weg – in Richtung der Parkplätze. Matt kannte die Gegend in Atlanta mittlerweile ganz gut und wusste, dass es da eine Seitengasse gab, die ziemlich verwinkelt und unbeobachtet war. Das wäre die Chance!

An der Gasse angekommen, war das Monster genau dort, wo er es ungesehen aus dem Weg räumen konnte. Der Griff des Messers schnappte aus dem Ärmel in seine Hand und er beschleunigte seinen Schritt abermals – bis Sarah ihn einfach losließ. Matt warf einen kurzen Blick nach hinten zu ihr, um zu prüfen, ob sie wieder blass wurde. Aber dem war nicht so. Sie verschränkte die Arme unwohl vor der Brust und hatte ein gewisses Entsetzen in ihren Augen: „Matt, nein!“, ihre Stimme versagte beinahe dabei.

Verständnislos war der Blick, den er ihr zuwarf. Sarah deutete auf das Monster: „Das Kind!“

Matt war nun schon einige Schritte von Sarah entfernt und näher an der Tentakelkreatur dran. Diese drehte sich zu Matt herum und starrte ihn aus schwarzen Augen an, während die ach so menschliche Haut sich immer mehr ebenfalls in diese Dunkelheit hüllte. Er brauchte einen Augenblick, um sich kurz von diesem bedrohlichen Anblick zu lösen – dann entdeckte Matt erst das Kind an der Hand des Monsters, welches nun ebenfalls in seine Richtung schaute.

Er wurde langsamer.

Innerlich verfluchte er sein eigenes Zögern und zugleich schmetterten sowohl Sarahs als auch der Blick des Kindes seine Entschlossenheit nieder. Dieser kleine Mensch hatte nichts monströses an sich. Wie war das möglich? Täuschten die Monster ihn jetzt schon derartig? Schützten sie sich mit Wehrlosen? Matt biss sich auf die Unterlippe. Die Monster stellten ihn auf die Probe, das musste es sein!

Sarahs kühle Hand legte sich auf seinen Arm, wodurch er erst bemerkte, dass er mittlerweile stehen geblieben war. Das Monster und das Kind blickten ihn noch immer an. Das Kind wurde hochgehoben und schützend auf den Arm genommen. Nein, es wollte das Kind nur einfach behalten. Es war die Beute des Monsters!

„Matt.“, flüsterte Sarah zu ihm. „Matt, hör auf… bitte.“ ihre Stimme machte dabei einen kleinen Aussetzer, als würde sie gleich wieder weinen. Das bewegte ihn auch dazu, sie an zu schauen.

Dieses Häufchen Elend, das sich ihm nun präsentierte verursachte einen harten Schnitt in seiner Brustgegend. Sie war so zerbrechlich, als würde Sarah gleich in Scherben zerfallen. Die letzten drei Monate machte sie ihn damit schon verrückt. Dieses wechselhafte, zerbrechliche, wunderschöne Wesen bat ihn gerade mit jeder Zelle darum, von dem Monster ab zu lassen.

„Es… ist zu gefährlich, jetzt wo es uns gesehen hat.“, es war ein innerlicher Kraftakt die Worte überhaupt aus zu sprechen.
„Wie du meinst.“, sie unterdrückte ihre Tränen und ließ ihn los. Schlimmer noch – drehte sie sich herum und lief wieder aus der Seitengasse heraus, weg von dem Monster. Weg von Matt.

Dieser starrte ihr noch einen Moment hinterher, bevor er sich wieder dem Monster zuwandte, welches noch immer dort stand und ihn anblickte. Matts Emotionen waren völlig durcheinander geworfen, seine Brust schmerzte. Was, wenn sie wieder zusammenbricht?

„Verflucht!“, sprach er zu sich selbst und wandte sich von dem Monster ab. Er rannte aus der Gasse heraus und versuchte daraufhin Sarah wieder zu finden. Aber er sah sie nicht. Das Messer verschwand eilig wieder in der Halterung im Ärmel. Er huschte zwischen Leuten hindurch und umso länger er suchte, umso fahriger wurde er. Sie konnte doch nicht einfach weg sein.

„Sarah?“, rief Matt schließlich. Er konnte doch alle überblicken, da musste er doch etwas sehen! Matt stellte sich auf den Rand des Springbrunnens, der auf dem Platz stand, um einen besseren Überblick zu bekommen. Er sah sie nicht. Dafür aber eine Menschentraube. Scheiß drauf. Matt rannte dort hin.

Tatsächlich lag Sarah auf dem Boden, zusammengekauert wie ein Baby, und weinte. Matt stieß die Leute einfach zur Seite, wodurch er sich Empörung und Kopfschütteln einfing. Er ignorierte die Leute, die sicher auch nur helfen wollten und hob Sarah vom Boden auf. Sie hatte in der Tat etwas zugenommen und schaffte es zeitgleich noch zerbrechlicher als zuvor zu wirken.

„Lass mich.“, flüsterte sie, aber Matt ignorierte auch das und trug sie nicht nur von dem Platz, sondern auch den ganzen Weg zurück zum Motel.

Published inRollenspiel-Storys

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