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Kapitel 3 – Zeitkollaps

((Musik))

Kaum hatte sich das Tor zu Lord Beautrices Anwesen wieder geschlossen, hüllte sich das Grundstück in Nebel ein, begleitet von den Klagelauten der Geister. Erst als diese verstummten, war das Grundstück für Aussenstehende nicht mehr zu sehen. Es war verschwunden…

Cuervo schaute zu, wie der Geisterbus sich langsam vor ihm auflöste. Nur wenige Augenblicke nachdem dieser komplett verschwunden war, hörte er auchschon ein Motorrad auf sich zufahren. Kurz darauf stieg er hinter Firewall auf dieses und die beiden fuhren zurück zum Berner Schloß.

„Wieviel Zeit haben wir noch?“, fragte Cuervo unterwegs. doch die Frage erübrigte sich bereits, als die Lichter der Stadt ausgingen. Ganz Hamburg war in Dunkelheit gehüllt. Jemand hatte den Stecker gezogen. Jetzt.

„Halt an!“, war der überflüssige Befehl der Malkavianer-Geißel. Firewall stoppte die Maschine. Es war zu gefährlich, jetzt so schnell in Bewegung zu sein. Keine Sekunde zu früh, denn auf einmal spielte alles verrückt. Die Zeit lief an verschiedenen Orten vorwärts und rückwärts zugleich. Die beiden Malkavianer konnten dem nur kurz folgen, bevor sie sich selbst in der Zeit verloren….

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Razorclaw strich sich durch das blonde Haar, bevor er die Zigarrette anzündete. In seinem Anzug war noch immer das Loch, welches der Holzpflock hinterlassen hatte. Mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck betrachtete er die Szenerie. An wenigen Stellen wollte die Zeit nichtso, wie er. Dort waren Personen, die selbst Einblicke in die Zeit hatten. Einige weniger, einige mehr.

Er setzte sich in Bewegung. Wie praktisch, dass man ihn erst kürzlich befreit hatte. Wenn er einen guten Tag hätte, würde er diesem Caitiff vielleicht sogar danken. Doch zuerst war die Rache wichtiger. Gemütlich spazierte er durch die Innenstadt und hielt nach besonderen Fluktuationen des Zeitstromes Ausschau. Er würde sie finden.

~*~

Niklas sank die Kinnlade herunter, als er realisierte, dass alles um ihn herum rückwärts ablief. Ein kurzer Blick auf seine Armbanduhr, die tatsächlich die Zeit rückwärts zählte. Als der Bus hielt und sich die Szene wiederholte, wo er eingestiegen war – nur eben rückwärts – stürmte  er aus dem Gefährt auf die Straße. Er selbst schien sich neben diesem Zeitstrom zu bewegen, was ihn nochmehr verwirrte.

Er blieb ein paar Augenblicke auf dem Bürgersteig stehen und betrachtete nochmals die Umgebung. Als wären die Flashbacks in den letzten Tagen nicht schon genug gewesen, nun schien die Zeit völlig aus den Fugen geraten zu sein. Es war zum verrückt werden. Aber das hatte Niklas schon aufgegeben. Was zur Hölle war hier los? Und… schaute der Typ da gerade direkt zu ihm?

Niklas bekam ein ganz schlechtes Gefühl bei dem Anblick dieses Mannes, mit einem Loch über dem Herzen in seiner Kleidung und der Zigarette im Mund, die nicht rückwärts geraucht wurde. Zudem schien sich die Person genauso wie er ganz normal ‚vorwärts‘ bewegen zu können. Und er hatte Niklas entdeckt!

Aus irgendeinem Instinkt heraus drehte Niklas sich von der Person weg und begann zu laufen. Was auch immer er war, Niklas war bewußt, dass er sich mit ihm nicht anlegen konnte. Die Zeit arbeitete gegen ihn… Personen rempelten ihn an, ein Auto raste knapp an ihm vorbei. Er war kein Teil von dem ganzen Zeitwirrwar und das machte ihm Probleme. Hinzu kam, dass dieser Typ scheinbar aus dem nichts auftauchte – immer wieder in unmittelbarer Nähe, aber ohne anstalten zu machen zu  rennen. Wie ein Spaziergang mit Sieben Meilen Stiefeln.

Niklas schob Panik, er kam sich so verloren vor. Als wäre er der einzige der von alledem etwas mitbekam…und nichts dagegen tun konnte. Gerade als Razorclaw noch näher kam, riss jemand anderes an Niklas‘ Arm…. und katapultierte ihn aus der Wirklichkeit. Razorclaw sah nur kurz den im Gesicht tätowierten Punk mit der schwarzen Irokesentolle auftauchen, sich Niklas greifen und ebenso schnell wieder verschwinden – als hätte ein schwarzes Loch die beiden verschluckt.

~*~

Owen stockte kurz. Irgendetwas war passiert. Es war nicht Stix, der in der Zelle gegen die Wand starrte. Es war… als hätte jemand irgendetwas extremes mit der Wirklichkeit gemacht. Etwas, dass durch Mark und Bein ging. Für einen Moment…als hätte jemand die Zeit angehalten. Dann wurde alles seltsam. Owen sah sich selbst. Wie ein Geist, der aus ihm heraustrat. Allerdings verfielfältigte sich dieses Abbild noch ein paarmal.

Alle ‚Owens‘ sprachen wild durcheinander. Einer hob die Waffe und schoß Stix in den Kopf. Ein anderer Owen öffnete die Zellentür. Je nachdem was getan wurde, reagierten auch mehrere Stix-Varianten darauf. Es war, als hätte jemand verschiedene Szenen übereinander gelegt und ließ diese gleichzeitig ablaufen. Eine wahre Horrorvision, die den menschlichen Verstand überstrapazierte. Im Film…okay. Aber nicht in der Wirklichkeit. Was war jetzt noch wirklich? Was war…jetzt?

Owen stand wie versteinert da und betrachtete das Wirrwarr aus mehreren gleichen Personen noch eine Weile, bis sein Kopf abschaltete und sein Körper in sich zusammensank.

~*~

Tarot stand im Berner Schloß neben Raziel, die mit einem Fuß wippte. Ihre Anspannung war kaum zu bemerken – außer für ihn. Die beiden waren in ihrer Zeitblase sicher vor den verwirrenden Effekten des Kollapses und konnten als Betrachter dem ganzen beiwohnen.

„Am meisten Sorgen macht mir, dass du wusstest was passiert, Billy.“, murmelte Raziel und rückte doch etwas näher an den Malkavianer heran. Tarot zählte mit den Fingern…zwei….drei…..vier…. und schloss die Augen, antwortete nur leise: „Conserver, Jeanne.“*
Raziel  zögerte einen Moment und schaute zu der Eingangstür des Thronsaales. Als diese sich nur einen Spalt öffnete, ergriff sie Tarots Arm mit beiden Händen. Tarot ließ sich und Raziel in völliger Dunkelheit verschwinden und blickte konzentriert zur Tür, durch die Razorclaw trat…

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*conserver, fanz.: (an etwas) festhalten

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