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Stimmung

Das klicken der Waffe neben meinem Ohr ließ mich meinen Fehler erkennen. Langsam wandte ich den Kopf zum Waffenträger.

„Vampir?“, fragte er mich. Wie lächerlich. Wenn er wirklich war, für was er gehalten wurde, müsste er doch selbst eine Antwort auf diese Frage haben. Ich schüttelte den Kopf und bemerkte in seinem Blick, das es ihn wurmte nicht in meine Augen sehen zu können. Die Sonnenbrille verhinderte dies – und nahm jeden Winkel seines Gesichtes auf. Man konnte ihm ansehen, dass er schon ein paar Kriege hinter sich hatte – nicht nur gegen Vampire. Aber er war es nicht, um den ich mir Sorgen machte. Es war das Mädchen, das mich mit ihrem kalten Gesichtsausdruck durchbohren wollte. Sie war sicherlich zu all dem fähig, was ich auch beherrschte – und darüber hinaus. Ich kannte ihre Kraft – und ihren Biss.

Die beiden Jäger standen allerdings nicht auf meiner KOS-Liste, also hob ich brav die Hände und betrachtete dabei den nervösen Zeigefinger des Typen, ich sparte es mir direkt in den Lauf der Waffe zu sehen, ich wusste längst wie die Dinger von innen aussahen.

„Was hat euch hergetrieben?“, fragte ich. Irgendjemand musste ihnen einen Tipp gegeben haben – auch wenn ich da bereits soeine Ahnung hatte, wer das war.

„Das gleiche könnten wir dich fragen!“, war die einzige Reaktion. Sie trauten mir nicht. Woher auch.

„Ich…“, das Geräusch der Kugel, die durch die Luft zischte, unterbrach mich sofort. Geistesgegnwärtig riss ich den Kopf zur Seite. Der Schuß kam nicht von ihm, sondern vom Dach. Die Kugel zersplitterte den rechten Bügel meiner Sonnenbrille, schrammte an meiner Schläfe entlang und fraß sich durch die Haut. Den Schmerz an meinem Schädel bemerkte ich erst, als die Kugel ihren Flug hinter mir in der Wand beendete. Der Jäger eröffnete das Feuer auf den Scharfschützen noch während ich unkontrolliert nach hinten fiel und die Schwerkraft auf der Treppe gegen mich arbeitete. Ich flog direkt durch die Tür, durch die ich gekommen war wieder in das Gebäude hinein. Mit einer eher ungewollten Rolle rückwärts bewegte ich mich die Stufen hinab.

Als mein Körper sich wieder unter Kontrolle hatte spürte ich das Blut an meinem Kinn herabtropfen und das Pochen in meinem Kopf wurde immer lauter. Schüsse von oben drangen an mein Ohr und ich rappelte mich wieder auf. Der Schwächeanfall wurde einfach Kraft meienr Gedanken ignoriert und ich leerte meinen Geist, um mich aufs Wesentliche konzentrieren zu können. Das war fast ein Kopfschuß und er galt mir ganz allein. Ich machte kehrt und rannte die Stufen hinab, bis ich wieder in den Raum gelangte.

Die Beiden Frauen waren immernoch dort. Die Sirene am Boden im Fieber und die goldene Wächterin bei ihr, nicht wissend was sie tun sollte. Ich eilte an ihnen vorbei zum Ausgang.

„Hilf uns!“, flehte die Wächterin. Zwei Worte, die ihr viel Überwindung kosteten. Ich ging weiter, während ich mich halb zu ihr herumwandte um ihr in die Augen zu blicken. „Ihr haltet mich nur auf.“

Die Wächterin blickte mich enttäuscht an, offenbar hatte sie gehofft wenigstens ein bisschen Menschlichkeit in mir zu finden. Aber ich hatte keine Zeit.

„Tu mir diesen Gefallen, bitte!“, oho sie war bereit zu verhandeln. Ich blieb stehen und beantwortete dies kühl: „Das ist nicht nur ein Gefallen, das ist eine Lebensschuld.“

Sie nickte langsam, während sie sich erhob: „Dann soll es so sein.“

Ich eilte zur Sirene, ihre Augen waren verschlossen – das war gut so. Bevor ich sie hochhob prüfte ich den Sitz meiner Handschuhe, ich wollte sowenig Hautkontakt wie irgend möglich erreichen. Diese Kreatur war eine Plage ohnegleichen. Sobald sie den Mund öffnete oder den Blick direkt auf einen warf, warf sie ihre Seile aus, um einen an sich zu binden. Es gab schlimmere Zeitgenossen, aber sie verwirrte sowohl Feind als auch Freund. Wie sollte man wissen auf welcher Seite sie stand, wenn sie nichtmal ihren eigenen Standpunkt verstand?

Die Schüsse hatten aufgehört und das war gut und schlecht zugleich. Ich nahm die Sirene auf die Arme und eilte hinaus, dicht gefolgt von der Wächterin. Der Schütze musste noch auf dem Dach sein, also rannte ich so schnell wie irgend möglich über den Platz, dabei jede Deckung nutzend, die sich mir bot. Ich war langsamer mit der Sirene als Ballast, aber es reichte um zu überleben.

Ich warf die Sirene auf den Rücksitz des Wagens und spurtete zu meiner Maschine. Die Wächterin musste jetzt alleine mit ihr klar kommen. Auf dem Weg zur Ninja schlugen zwei Kugeln neben mir im Boden ein, hastig startete ich diese und brauste davon.

Immerhin setzte sich das Auto hinter mir bald in Bewegung, das Leben der Wächterin gehörte mir!

Beim verlassen des riesigen Grundstücks erkannte ich eine Gestalt, die mit übernatürlicher Geschwindigkeit durch das Gestrüpp lief. Das Flirren in der Luft war zeitweise das einzige Indiz für ihre Anwesenheit. Als ich mein Ziel erkannte riss ich die Maschine den gepflasterten Gehweg hoch direkt ins Grün. Durch den Regen war das Gras rutschig geworden und ich brauchte beide Hände an der Maschine, schießen war so unmöglich. Also gab ich Gas und bretterte hinter der Vampirin hinterher. Sie änderte ihren Lauf nicht und ließ mich herankommen, bis ich nur noch die Hand nach ihr ausstrecken musste, um sie zu berühren.

Blitzschnell drehte sie sich um ihre eigene Achse und nutzte den Schwung, um mich mitsamt des Motorrads umzureißen. Sie sprang einfach auf mich zu und holte mich von meinem Gefährt – zusammen schlidderten wir über die Rasenfläche. Ich brauchte eine Hand, um ihren Hals zu packen und die andere für ihr rechtes Handgelenk. Ihre Fangzähne berührten fast mein Gesicht und sie streckte ihre Zunge nach dem Blut an meiner Schläfe aus. Das filigrane Messer in ihrer rechten Hand war auf meinen Brustkorb gerichtet – sie war noch nicht in Raserei, auch wenn sie mitgenommen aussah.

Sie fing an zu grinsen, als ihre Kraft zunahm. Ihr Blut pulsierte und so drückte sie meine Hände langsam von sich weg. Als die Rutschpartie endete, hatte sie meine Hände mit den ihren am Boden. Siegessicher blickte sie mir entgegen. Ich hatte ihren Blick fixiert.

Ein letztes Zucken ging durch ihren Körper, während ihr Kopf auf den Boden rollte. Der Matsch aus Vitae und Asche prasselte auf mich nieder, um anschließend vom Regen größtenteils wieder weggewaschen zu werden. Ich blieb für einen Moment liegen und blickte in den bewölkten Himmel. Langsam näherten sich die Schritte mir bis ich schließlich in den Lauf des Scharfschützengewehres blicken konnte. Auch erkannte ich sofort, dass die Waffe von einer – wenn auch sehr vermummten – Frau geführt wurde.

„Das war mein Ziel.“, begann ich das Gespräch mit einer Feststellung.

„Du warst zu langsam.“, antwortete sie und stieß mich mit der Waffe an, damit ich mich erhob.

„Schnell genug, um deiner Kugel auszuweichen.“, ich stemmte mich hoch und klopfte mir demonstrativ den Dreck von der durchnässten Kleidung – eine sinnlose Handlung, sie war mehr symbolischer Art, die Arbeit war erledigt.

„Das funktioniert aber nur einmal.“, sie hob etwas vom Boden auf. Es glitzerte im Scheinwerferlicht meiner gefallenen Maschine. Irgendein spezielles Projektil mit der Wirksamkeit einer Rasierklinge. Das war schlecht für den Hals der Vampirin gewesen.

Ich nickte: „Also, wie kann ich dich erreichen?“

Der verwirrte Blick ihrerseits sprach Bände: „Wie…?“

„Damit ich dich das nächste Mal informieren kann, wenn wir wieder das gleiche Ziel jagen.“, in diesem Moment schnappte ich mir ihr Gewehr und rammte es in den matschigen Boden. Sie schlug nach mir, aber ich ergriff dabei ihren Arm und wirbelte sie mit einer gekonnten Bewegung um ihre eigene Achse, bis sie am Boden aufschlug. Der Moment ihrer Desorientierung wurde von mir genutzt, um zurück zu meinem Motorrad zu sprinten. Als sie wieder auf den Beinen stand jaulte bereits der Motor auf und ich zischte davon.

Entweder hatte mein Auftraggeber eine gute Erklärung dafür oder ich musste ihn von meiner Gehaltsliste streichen – in Blut.

Published inRollenspiel-Storys

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