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Cuervos Erinnerungsschübe I.II

Er sinkt auf ein Knie hinab, legt das Tuch vor sich ab, faltet es auf, sodass die vier Köpfe sichtbar werden. Der Holzboden spiegelt den Mond. „Ich habe euch eure Feinde gebracht, Vater. Die Stämme der Hengeyokai sind nun ohne Anführer. Der Clan kann-„, er stoppt als er hört wie sein Vater mit dem Fuß aufstampft.

Die tiefe Stimme hallt durch das Haus: „Du wagst es, noch einen Schritt in dieses Haus zu machen!“

Verwundert hebt er den Blick, sieht den Zorn in seinem Vater. „Ihr wolltet diese Wandler doch-“

Mit einer zackigen Handbewegung brachte der Vater ihn zum Schweigen: „Weißt du, was es bedeutet einen Dämon unter die Hengeyokai zu entsenden? Diese Aufgabe war für deinen Bruder bestimmt!“

„Aber sie hätten ihn getötet!“, wirft er jetzt ein. Fassungslos, das sein Vater dieses Opfer bereit zu geben war.

„Schweig Still, du hast uns alle verflucht! Du hast deine Familie, den Clan, dem Untergang geweiht!“, sein Vater brüllt ihn an. Er versteht nicht was sich verändert hat. Beim letzten Treffen war sein Vater noch voller Hoffnung, man könnte den Fluch des Dämons bezwingen. Er steht also auf, um seinem Vater in die Augen zu blicken, heraus zu finden was sich geändert hat.

Er bekam die Antwort verbal: „Du hast deine Schwester verflucht!

„Nein… Nein! Das war ich nicht!“, seine Gedanken überschlagen sich. Irgendein Kainit musste seine Zwillingsschwester gewandelt haben. Niemandem wünschte er dies, zu allerletzt ihr. Sie war ein friedfertiges Geschöpf, das wenig übrig hatte für die ganzen Kämpfe, die sich hier unter den Clans und den verschiedenartigen übermenschlichen Wesen abspielte. Sie hatte sich bisher sogar erfolgreich gegen ihren Vater durchgesetzt als das Thema Vermählung auf den Tisch kam. Sie wollte keinen Krieger oder vermeintlichen Herrscher. Am liebsten wäre ihr sogar ein einfacher Bauer, der sich über diese Kriegspläne keine Sorgen machen musste – aber das wussten nur ihre beiden Brüder.

Eine schallende Ohrfeige zerschmettert seine Gedankengänge, entsetzt weicht er einen Schritt zurück. Seines Vaters Geste spricht nicht von Ehre für ihn. Er spuckt sogar noch vor ihm auf den Boden: „Ich will dich nie wieder in meinem Haus oder meinen Ländereien sehen!“ Sein Vater gibt ihm wirklich die Schuld. Schnell nimmt er den Gedanken an, er hatte nicht auf sie aufgepasst, war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen den Dämon in sich zu bändigen. Jetzt hat sie selbst einen in sich.

Eine zweite Ohrfeige folgt, als er sich nicht rührt. Die Wut flammt in ihm auf, der Dämon wacht auf. Sein Vater ist außer sich vor Wut, über den Verlust seiner Tochter an die Dämonen. Jetzt bleibt ihm nur noch der Letztgeborene. Alle anderen hatte der Tod geholt. Sein Vater ist voller Trauer und Wut, dass er vergisst wen er dafür verantwortlich macht.

Der Dämon wird beschuldigt – der Dämon antwortet darauf.

Die Sonne kommt irgendwo hinter den Bergen hervor, seine Glieder sind schwer. Aber er steht noch immer in dem Haus, unfähig sich zu rühren. Sein Blick ist starr auf den Boden gerichtet. Auf das Blut. Auf den leblosen Kopf seines Vaters. Das Blut tropft von seinen Händen und von seinem Kinn. Ein Teil von ihm ist heute Nacht gestorben. Sein Vater hatte Recht. Er hat die Familie dem Untergang geweiht. Das war erst der Anfang, er spürt es.

Erst der Aufschrei seines Bruders weckt ihn aus der Trance. Er wendet sich langsam zu ihm um, es wird immer schwerer sich zu bewegen. Der Fluch zwingt ihn, bei Tag zu ruhen, es greift langsam nach ihm. In den Augen des kleinen Bruders steht Verzweiflung. Doch der Schock lässt nicht zu, dass der kleine Bruder etwas sagt. Es treibt ihn stattdessen schließlich zur Flucht.

Der Dämon schreit auf, als er dem kleinen Bruder folgt. Draußen durchschießen die ersten Sonnenstrahlen die Luft wie brennende Pfeile, er bleibt im Eingang des Hauses stehen: „Warte!“

Der kleine Bruder ist gestolpert, bleibt am Boden und setzt sich nur wieder auf. Es schüttelt den kleinen Bruder, der sich im Licht des Tages versteckt hält. Dann schluchzt er schließlich: „Ich… ich wollte es nicht glauben… das du sie…. aber du bist hier… du warst es! Nur du… bringst den Tod! WARUM HAST DU SIE VERFLUCHT?!“

Das schmerzt viel mehr als der ehrlose Rauswurf seines Vaters. Der Dämon wird für diesen Moment mit der Trauer besänftigt, die sich in ihm ausbreitet.

Der kleine Bruder steht wieder auf und wendet sich zu ihm: „Vater hast du ja bereits getötet, bleibe nur noch ich.“ Langsam schreitet der kleine Bruder auf ihn zu: „Na los, töte mich! Ich werde nicht vor dir weglaufen!“

Als der kleine Bruder direkt vor ihm steht, zum greifen nahe, schüttelt er den Kopf. Seine Stimme ist sehr leise, alles fällt sehr schwer: „Du bist unbewaffnet.“

„Das war sie ganz sicher auch! Was willst du dann, willst du mich auch verfluchen? Nur zu!“, der kleine Bruder packt seine blutverschmierte Hand und legt sie an seinen eigenen Hals.

Blutige Tränen kriechen seine Wangen hinab, er zieht seine Hand wieder vom kleinen Bruder: „Die Sonne… ich bin im Lager. Dort kannst du mit mir machen was du willst. Sonst sehen wir uns vielleicht morgen Nacht wieder… ich habe sie nicht getötet. Aber ich werde den finden, der das mit ihr gemacht hat und ihn vernichten.“

Es ist ein Schwur.

Dann wankt er wieder ins Haus, der Dämon treibt ihn zur Eile.

Der Tag flüstert ihm Worte zu: „Ich glaube dir.“

Published inRollenspiel-Storys

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