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Ultimatum

Canis‘ Augen bohrten sich förmlich in die ihres Gegenübers, als er den Versammlungsraum betrat. Ihre linke Hand ruhte locker auf dem Schwertgriff, welcher sich von ihrer zierlichen Gestalt abzeichnete. Das Schwert hing an einem Ledergürtel, welcher wiederum über ihre Schulter gespannt war.

Spider wandte den Blick erst von ihr ab, als der Boden unter ihm weich wurde. Er blickte zu seinen Stiefeln und musste feststellen, dass er gerade in einen größeren Haufen Asche getreten war. Aber das war erst der Anfang, sein Blick glitt weiter über den Boden und ihm wurde bewußt, dass hier schon mehrere Kainiten ihre Existenz beendet hatten. Schließlich sah er die schweren Stühle, die im Halbkreis um einen Sichelförmigen Tisch standen. Sein Blick hob sich zu den Gesichtern, die ihn anschauten.

Der neue Rat der Primogene in einer sehr starken Besetzung: Vincent Fisher als Vertreter der Brujah, der bisher unabhängige Gangrel namens Spank, Ghaledh Patra in Begleitung eines anderen Nosferatu den Spider nicht kannte, Wynn Atlas auf dem Stuhl der Toreador, Firewall für die Malkavianer und der frühere Prinz… sein Gesicht war eine einzige Maske, Spider hob einen Mundwinkel. War er also wieder in einer Amtsposition, wie sollte es auch anders sein.

Spider schritt zu dem Halbkreis, wobei er jetzt die Asche ignorierte, auf der er herumtrampelte. Zwischen Ghaledh und Wynn tauchte nun auch noch Vagna Patra auf, die sich diese Anhörung nicht entgehen lies. Bei ihr waren zwei hochgewachsene Nosferatu die in einer Rüstung steckten, welche irgendwie an Ritter des Mittelalters erinnerte. Das ganze Schloß wurde stark überwacht, das Ereignis mit den Jägern hat die hohen Herren vorsichtig werden lassen. Spider steckte die Hände in die Hosentaschen und legte nicht einmal den Blick nieder oder machte Anstalten sich zu verbeugen. Er lächelte gespielt höflich und sprach zum Seneschall: „Hier bin ich, wie gerufen.“

Nach einem kurzen Blickwechsel zwischen Vagna und Galedh, begann dieser zu sprechen: „Wir haben alle Beweise bereits gesichtet, das du der Camarilla sowohl Spice wie auch Adam Solair übergeben hast spricht deutlich für dich. Du hast dich dieses Mal an Abmachungen gehalten…“, Galedh blickte einmal in die Runde der Ratsmitglieder, ehe er weitersprach: „Du pflegst gute Kontakte zu den anderen Clanslosen der Domäne, sie haben ein offenes Ohr für deine Worte. In Zukunft sollen auch sie den Traditionen der Camarilla wieder näher gebracht werden. Wir können uns nicht noch einmal erlauben die Maskerade so stark zu gefährden. Jedes Leck wird gestopft und wir sehen in den Caitiff derzeit eine starke Bedrohung. Sie sind unorganisiert und es gibt niemanden der sie kontrolliert – außer wenn sie die Maskerade gebrochen haben und-“ Ghaledh blickte demonstrativ auf die Asche am Boden.

Spider hob eine Augenbraue: „Ich soll also den Babysitter spielen?“

„Das ist keine Bitte.“, sprach nun Vagna.

Spider schüttelte den Kopf: „Wie ihr eben selbst gesagt habt, wir sind Clanlose. Wir haben weder eine Stimme im Rat der Erstgeborenen noch schert sich irgendjemand um uns. Es wird nur mit dem Finger auf uns gezeigt, wenn wir angeblich irgendwelchen Mist gebaut haben, weil mal wieder jemand einen Sündenbock gebraucht hat. Jetzt wollt ihr die Verantwortung auf eine Person bündeln. Haltet ihr mich eigentlich für blöd?! Alles was jetzt schiefgeht wälzt ihr dann auf mich ab bis sich meine Asche auch durchs Schloß trägt.“

Spank betrachtete den aufgebrachten Caitiff: „Sieh‘ es als Chance etwas zu bewegen. Wenn du es schaffst die Caitiff wieder in die Camarilla zu bringen, hast du sie zu einer Einheit gemacht die durchaus eine Stimme im Rat verdient hat.“

Spider dachte kurz darüber nach, ehe er entgegnete: „So eine offensichtliche Falle habt ihr mir noch nie gestellt, aber ich habe keine andere Wahl. Euer Entschluss steht ja bereits fest.“ Dabei warf er einen strafenden Blick in die Runde, zu jedem einzelnen Ratsmitglied.

Hedeonis betrachtete den Clanslosen durch seine Sonnenbrille mit völlig versteinerter Miene. Vagna erhob wieder das Wort: „Das war noch nicht alles.“

Es war deutlich zu sehen, wie Spider die Zähne zusammen biss, da die Muskeln unter seinen Wangen hervortraten. Die Anspannung im Raum hob sich für einen Moment, jeder der Wächter im Raum spannte seine Muskeln an. Spider verkniff sich seinen bissigen Kommentar jedoch und durchbohrte stattdessen Vagna mit Blicken. Er ließ sich nicht dazu reizen hier im Schloß einen ganz großen Fehler zu machen, der ihm den Kopf kosten würde. Auch wenn sie wohl genau damit rechneten.

Die Stimme des Seneschalls hatte beinahe eine feierliche Tonlage: „Du wirst deine Handelsaktivitäten mit dem Sabbat tunlichst unterlassen. Du wirst nie wieder einem Jäger Munition oder Waffen zur Verfügung stellen. Du darfst deinen illegalen Waffenhandel fortführen, allerdings nur an Vampire, Ghule oder Menschen die in keiner Verbindung mit dem Feind stehen. Uns ist bewußt, dass dadurch eine wichtige Informationsquelle über den Feind versiegt – allerdings haben solche Kontakte die Angewohnheit in beide Richtungen Informationen laufen zu lassen. Wenn wir beim Feind irgendwelche Ausrüstung finden, die dir zuzuordnen ist, sehe wir auch das als Verrat an der Camarilla an.“

Spider fletschte die Zähne, seine Fangzähne waren deutlich zu sehen. In seinem Blick lag Unverständnis. Kurz bewegten sich seine Augen hilfesuchend zu Hedeonis. Doch die Antwort war weiterhin nur der kalte Blick irgendwo unter der dunklen Sonnenbrille. Spider wollte etwas sagen, Vagna fiel ihm einfach ins Wort: „Das ist deine letzte Chance. Du magst dich mit der Auslieferung des Lasombra frei gekauft haben, aber ich werde mir deinen Ungehorsam nicht länger mit ansehen!“, die Nosferatu war laut geworden.

Spiders Antwort ging in seinem eigenen Schmerzenslaut unter. Er ging auf ein Knie runter, welches laut dabei knirschte. Der Nosferatu Horizon stand hinter ihm und zog den Fuß wieder zurück, mit dem er Spider gerade in die Kniekehle getreten hatte und zischte ihm leise zu: „Fang‘ am besten mit Respekt an.“ Spiders Antwort war ein Knurren.

Die Augen der Anwesenden waren auf den Caitiff gerichtet, der seine Hände zu Fäusten geballt hatte. Aus der Dunkelheit des Raumes traten zwei weitere Gestalten zum Rat dazu. Beinahe gleichzeitig legten die beiden Vorsintflutlichen ihre Hände auf die Stuhllehnen ihrer jeweiligen Parlamentäre. Spider hob den Blick und schaute in die Augen von Cuervo und Loup Garou. Anders als gewohnt steckte der hochgewachsene Malkavianer in einem eleganten Kimono und machte nicht den üblichen Eindruck, dass er gleich in einen Krieg ziehen wollte – seine einnehmende Aura strahlte er dennoch aus. Loup Garou wechselte einen kurzen Blick mit Spank und ein unterschwelliger Geruch von Vitae haftete ihm an. Spiders sowieso schon gereiztes Tier trat immer mehr in den Vordergrund. Er musste hier raus.

Spider senkte den Blick: „Verstanden. Darf ich jetzt gehen?“, er war durch die zusammengepressten Zähne fast nicht zu verstehen.

Cuervo blickte Vagna an, diese nickte, ehe er meinte: „Du kennst deine Aufgabe.“

Spider erhob sich zähneknirschend, machte einen Schritt rückwärts und wandte sich dann herum. Er versuchte, nicht zu stark zu humpeln, als er an Horizon vorbei nach draußen ging.

Was für eine beschissene Nacht.

Published inRollenspiel-Storys

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