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Vision aus der Zukunft

Dunkelheit lag über dem spröden Sandboden und der Himmel präsentierte sich ebenso leer. Keine Sterne, kein Mond. Natalia hatte irgendwo gelesen, dass es solche Himmelskörper einst am Himmel gab, sie konnte nur erahnen wie das ausgesehen haben mochte. Sie öffnete den Verschluss ihrer Maske und legte diese zur Seite. Nachts war die Luft zwar immer noch staubig, aber brachte einen durch die Hitze nicht gleich um den Verstand. Auch die Stoffe um ihren Kopf löste sie und breitete ihr langes Haar aus, gab dem Kopf Luft zum Atmen. Sie legte alles auf die Mauer, auf der sie saß und von hier die Ruinen der Stadt betrachtete. Unten brannte kein Licht, um die Vampire nicht anzulocken, aber sie wusste das sich dort Menschen befanden die schliefen. Sie verließen sich darauf, dass sie hier Wache hielt.

Suzanna kam die Stufen hinauf und gesellte sich zu Natalia. „Schläfst du eigentlich auch mal?“, fragte Natalia sie tadelnd. Die ältere Suzanna verneinte dies mit einem sachten Kopfschütteln: „Ich brauche keinen Schlaf, dafür kann ich nicht träumen.“

Natalia blickte sie an: „Was soll an träumen so toll sein? Ich bin froh, wenn ich mal keine habe.“

Suzanna legte ihre Hände auf die Mauer und betrachtete die Umgebung: „Träume sind dafür da, um Dinge zu verarbeiten zu können. Alles das, was worüber wir sonst nicht nachdenken findet seinen Weg in unser Bewußtsein wenn wir schlafen. Träume lassen uns auch Dinge bewältigen, die wir sonst vielleicht nicht geschafft haben. Eevee hat mir mal erzählt sie konnte in einem ihrer Träume fliegen, das war sicher befreiend. Auch wenn die träume oftmals verdreht und verwirrend sind, fühlt man sich oft besser danach. Ich trage alle meine Erlebnisse mit mir herum ohne auch nur einmal davon abgelenkt zu werden. Meine Welt ist viel ernster als eure, denn sie ist immer Realität und niemals Traum.“

Natalia nickte dazu nur, ihr fiel kein Gegenargument ein. Nach einer kurzen Pause des Schweigens setzte sie jedoch wieder an: „Weißt du, ich habe diesen einen Alptraum immer wieder…“

Suzanna wandte sich nun zu Natalia herum: „Den, wo deine Eltern sterben?“ Die Antwort war ein zaghaftes Nicken: „Ich glaube, das ist auch ziemlich real… und eher eine Erinnerung als nur eine verdrehte Wirklichkeit.“

Suzanna legte ihr eine Hand auf die Schulter: „Vielleicht solltest du ‚Dam fragen…“ Natalia guckte sie nun ungläubig an, woraufhin Suzanna sanft lächelte: „Ich weiß, von mir hättest du zuletzt erwartet, dass ich vorschlage er solle seine Magie an einem von uns anwenden. Aber mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass er die Dinge die er tut ziemlich gut unter Kontrolle hat. Und wenn es dir doch Klarheit verschafft kannst du vielleicht endlich wieder ruhig schlafen. Du bist völlig ausgelaugt – und du hast diesen Traum jede Nacht. Ich bin nicht blind Natalia und ich mache mir wirklich Sorgen um dich.“

Natalia schaute ertappt. Schließlich nickte sie: „Nagut… ich werde ihn mal fragen.“

„Mach es jetzt, er zerbricht sich sowieso wieder den Kopf über irgendwas. Ablenkung wird auch ihm jetzt gut tun. Ich übernehme deine Schicht.“

„Das hast du doch wieder geplant.“, schmunzelte Natalia nun.

Suzanna grinste bestätigend: „Na nun geh‘ schon.“

„Du bist wirklich ziemlich nett – für einen Vampir.“, scherzte Natalia während sie die Stufen wieder hinabging. Suzanna antwortete ihr gerade noch, bevor Natalia aus Hörreichweite war: „Und du bist genau wie ein Fellknäul sein sollte.“

Natalia schlich sich durch die Ruinen, um keinen unnötigen Lärm zu machen, bis sie schließlich den einzigen intakten Unterschlupf erreichte, der aus Mauern statt aus Zeltwänden bestand. Mit zwei geübten Handgriffen hatte sie das spezielle Schloss geöffnet, huschte durch die Tür und verschloss die Metallkonstruktion ebenso wieder nachdem diese wieder geschlossen war. In der Raummitte glimmte ein grünes Licht, welches sich in einem Drahtgitter befand. Die Schlafstätte war leer, also blickte sie nach oben.

Adama schwebte in der Luft und hatte die Augen geschlossen, er meditierte was er wiederum auch zum nachdenken nutzte. Die Schriftrollen, welche sie erst vor ein paar Tagen in einer anderen Ruine gefunden hatten schwebten um ihn herum und die Zeichen darauf glimmten nacheinander auf, als würden sie gelesen werden. Natalia wagte es nicht, ihn zu stören, wenn er so konzentriert war. Also setzte sie sich einfach auf den Boden und wartete ab.

Sie wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, aber mit einem Mal stürzte er ab. Mehr schlecht als Recht konnte sie ihn auffangen, was ihr einige blaue Flecke bescherte. Wenigstens trug er nicht das ganze Metall bei sich, das er sonst mit sich rumschleppte. Besorgt betrachtete sie ihn, nachdem sich beide wieder aufsetzen konnten. Er hielt sich die Stirn welche scheinbar schmerzte, also fragte sie: „Was ist passiert?“

„Nichts… nichts besonderes.“, sie nahm ein Stück Stoff von ihrer Kleidung und tupfte ihm das Blut aus dem Mundwinkel. Als er das bemerkte schüttelte er sacht den Kopf: „Ich sollte nicht soviel auf einmal machen, das ist alles.“ Sie nickte: „Du trainierst hart, vielleicht solltest du einfach mal ausruhen…“

„Warum bist du hier, hast du nicht gerade Schicht?“, er griff sich einen Wasserschlauch und trank einen Schluck daraus.

„Ach… wenn ich es mir Recht überlege… werde ich einfach wieder gehen. Du bist beschäftigt genug, und-„, sie guckte ihn verdutzt an, als er ihre Lippen einfach mit einem Kuß verschloss. Schamesröte stieg ihr ins Gesicht. Als er sich wieder von ihr löste grinste er: „Weißt du… manchmal… redest du einfach zuviel. Komm einfach mal auf den Punkt.“

Sie wedelte sich mit der Hand Luft zu, da ihr irgendwie warm geworden war: „Entschuldige… aber… du… deine Zeit ist begrenzt und Magie ist nicht völlig ungefährlich für dich…“

Er verschränkte die Arme und schaute sie gespielt strafend an. Natalia seufzte: „Ja, ich rede immer noch zuviel. Habs ja verstanden…“

„Sag mir einfach, warum du hergekommen bist.“

„Ich habe dir doch mal von meinem Alptraum erzählt… er kommt immer wieder… und Suzanna meinte ich solle dich mal fragen… vielleicht kannst du mit deiner Magie ja in meinen Erinnerungen stöbern und… herausfinden ob es wirklich nur ein Traum… oder ob es Wirklichkeit ist.“, sie schaute ihn sehr unsicher an.

„Hm, da müsste ich ziemlich weit rein, wenn das tatsächlich eine Kindheitserinnerung ist.“, er hob eine Augenbraue.

„Ja ich dachte mir sowas schon… aber mir macht das nichts aus. Ich habe vor dir nichts zu verbergen. Du weißt, dass ich immer ehrlich zu dir war… und wir teilen schon soviel miteinander, da kannst du dir ruhig meine Gedankenwelt ansehen.“, sie griff nach seinen Händen: „Ich muss es aber wissen, ich drehe sonst noch durch!“

Adama nickte: „Nagut. Wenn du so darauf bestehst. Schließ die Augen und versuche dich daran zu erinnern, ich werd‘ sehen was ich für dicha sugraben kann.“ Er ergriff auch ihre Hände und schloß ebenfalls die Augen. Die LEDs in seinen Handschuhen begannen bläulich zu leuchten, während er die Magick wirkte. Er musste sich gut konzentrieren, denn es war ein Schwall der Erinnerungen durch die er sich erst hindurchwühlen musste. Fast alles spielte sich in der Wüste ab, durch die sie nun schon seit Jahren wanderten. Adama übersprang das und ging zum Anfang, so herum war die Suche vielleicht schneller von Erfolg gekrönt. Er zuckte zusammen, als aus der Dunkelheit Licht wurde und Natalia geboren wurde. Beinahe blind war sie noch und bis auf Gerüche und Stimmlagen war nichts wahrzunehmen, er fühlte sich in ihrer Erinnerung eingesperrt – das war eindeutig zu weit am Anfang. Er versuchte ein paar Jahre voran zu schreiten, die Erinnerungen waren kaum mehr als ein Schleier, was blieb waren Gefühle die keiner Situation mehr zu zu ordnen waren. Dann endlich bekam er wieder klarere Bilder präsentiert.

Es lag eine seltsame Dunkelheit auf der Szenerie, die irgendwie unwirklich war. Am Himmel leuchtete ein roter Mond. Unter ihr flogen die zerstörten Gebäude dahin, jemand hielt sie fest. Das schlagen der Schwingen war das einzige Geräusch, welches sie vernahm. Es waren nicht ihre Flügel, sie wurde von jemandem getragen, der fliegen konnte. Ihr Herz schlug schnell, sie hatte Angst, drückte ihren kleinen Körper weiter in die Arme des Engels. Dann – plötzlich – schrie der Engel vor Schmerz auf und sie stürzten ab. Er umklammerte ihren Körper und fing damit den Sturz für sie ab. Sie rollten sich noch etwas durch das Geröll, bis sie liegen blieben. Ängstlich blieb sie bei dem Engel, der sich nicht mehr bewegte. Sie rüttelte ihn und flüsterte: „Padre?“

Seine Augen standen offen, aber er reagierte nicht. Das kleine Mädchen drückte gegen seinen Brustkorb, um ihn um zu drehen. Aber sie schaffte es nur, ihn seitlich auf zu richten. Sie sah das große Stück Holz aus seinem Brustkorb ragen, also zog sie daran. Sie war viel zu schwach, als das sich der Pflock auch nur ein Stückchen bewegen ließ. Sie versuchte es weiter, aber sie hatte Angst und weinte.

Dann hörte sie Schritte die langsam näher kamen. Natalia war nun ganz leise und versteckte sich hinter den Flügeln ihres Vaters.

„Komm heraus mein Kind. Hab‘ keine Angst.“, Tamaras Stimme war sanft, klang aber verzerrt. Vorsichtig schaute Natalia hervor und betrachtete die Frau mit der Armbrust. Ihr Blick wirkte irgendwie leer, ihre Augen waren vollkommen schwarz und zu allem Überfluss öffnete sie jetzt auch noch die schwarzen Dämonenflügel hinter ihrem Rücken.

„Mama?“, flüsterte Natalia zögerlich, unsicher. Tamara hockte sich hin, legte die Armbrust auf den Boden und öffnete ihre Arme einladend. Natalia wollte zu ihr, sich umarmen lassen und spüren, das alles in Ordnung war. „Komm zu mir.“ sprach Tamara mit verzerrter Stimme. Aber das schien die kleine Natalia gar nicht zu bemerken. Sie traute sich hinter den Flügeln Huans hervor und ging auf ihre Mutter zu, erst zögernd, dann immer schneller.

Ein gleißender Lichtstrahl durchschoß die Dämonenkreatur, sodass diese mit sofortiger Wirkung einfach explodierte. Das Dämonenblut verteilte sich auf dem gesamten Platz, spritzte Natalia auch ins Gesicht, sie sah nichts mehr. Schmerzen durchzuckten ihren Körper – vor ihren Augen zerflossen ihre Eltern zu einer schleimigen, schwarzen Soße, ihre Sinne waren völlig verdreht.

Kurz bevor sie das Bewußtsein verlor sah sie jedoch noch eine Gestalt aus Licht.

Adama katapultierte sich selbst vor Schreck aus Natalias Gedankenwelt heraus, sprang auf und stoppte die Bewegung erst, als er rücklings gegen die Wand stürzte. Er atmete schwer. Natalia öffnete die Augen wieder und schaute ihn schockiert an: „Was… was hast du gesehen?“

Adama schüttelte abwehren mit dem Kopf und hastete aus dem Raum heraus, an den Zelten der anderen vorbei an den Rand der Ruinen. Natalia rief ihm nach: „Warte doch! Was hast du gesehen? Verdammt!“

Suzanna entdeckte die Beiden von ihrem Wachposten aus und wusste genau wo er hin wollte. Das war wohl nicht so gelaufen wie sie gehofft hatte. Adama wurde immer schneller bis er schließlich über den Wüstenboden sprintete, um zu dem Keller zu gelangen der außerhalb der Ruinenstadt lag. Hastig öffnete er den Verschluss, riss die Luke auf und sprang hinein. Auf dem Weg nach unten zog er die Luke wieder zu und ließ den Verschluss einrasten. Kurz darauf erreichte Natalia den Zugang und blieb enttäuscht davor stehen. Aber sie kannte ja noch den zweiten Zugang…

Unten im Keller riss Adama sämtliche Hebel die er finden konnte hoch und eine Maschine nach der anderen startete. Die Lichter erhellten nach und nach das Kellergewölbe und erst, als der Generator das runde Konstrukt in der Mitte auflud, gönnte sich der Magus eine Verschnaufpause. Er musste das verhindern, er musste verhindern, dass er selbst Natalias Eltern umbrachte!

Das Konstrukt füllte sich mit Energie und erschuf einen Spiegel in sich. Das Zeittor war offen, er würde einfach hindurchschreiten und das verhindern. Vielleicht konnte das die gesamte Katastrophe verhindern!

„Warte!“, rief Natalia, die von der anderen Seite in den Raum gestürzt kam. Sie hatte Tränen in den Augen, mittlerweile waren ihre Erinnerungen auch an ihr Bewußtsein gedrungen. „Du hast selbst gesagt es ist nicht sicher, ob das Zeitportal funktioniert! Und das man die Vergangenheit nicht ändern kann!“ Sie rannte auf ihn zu und sprang ihn an, damit er nicht hineingehen konnte. Sie riss ihn von den Füßen und landete auf ihm.

Er keuchte auf, der Schmerz zog durch seinen ganzen Körper. Mit aufgerissenen Augen starrte er in ihr Gesicht. Es hatte an Schönheit verloren und war nur noch eine einzige Fratze. Die mit schwarzer Haut überzogene Pranke war ebenfalls eine Verzerrung ihrer selbst. Sie zog sie aus seiner Seite wieder heraus, sodass er sein eigenes Blut daran herabtropfen sehen konnte. Mit guturaler Stimme sprach sie zu ihm: „Hast du mich also entdeckt, du neugieriger Mistkerl.“ Ihre Augen waren nachtschwarz geworden und ihre dünnen Ärmchen wirkten auf einmal wie von Muskeln aufgepumpt. Ihr Griff war stählern, als sie mit der anderen Dämonenpranke seinen Hals ergriff und diesen zudrückte. „Du hast mich schon einmal gestört, noch einmal lasse ich das nicht zu!“

Adama wusste, das es noch immer Natalia war, also konnte er sie nicht verletzen. Der Dämon der ihr ganzes Leben in ihr geruht hatte war sich seines Ziels allerdings ziemlich sicher. Langsam wurde seine Luft knapp.

„WAS ZUM TEUFEL?!“, schrie Eevee, als sie gerade den Raum betrat. Natalia schaute auf und schon flog ihr eine Energieladung aus Eevees Pistole entgegen. Der Dämon reagierte instinktiv und katapultierte sich von seinem Opfer weg – direkt in das Zeitportal. Adama veränderte das Portal, bevor Natalia hindurch war – dieses Vieh durfte nicht die Geburtststunden seiner Begleiterinnen verändern, er veränderte also den Zeitpunkt.

Eevee stürzte zu ihrem Bruder, der mit seiner letzten Konzentration auch sein Bewußtsein verlor.

Published inRollenspiel-Storys

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