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Karras Traum

Tausende Bilder, zigfache Stimmen und Geräusche. Eine wahre Flut von Eindrücken und Erinnerungen prasselt auf dein Bewusstsein ein. Nachdem du nicht mehr so recht weißt wo oben oder unten ist stoppt das Gedankenkarussell abrupt und deine Sinne bleiben an einer längst vergangenen Szene stehen. Du bist dir sicher es aus Kinderaugen zu sehen, lange vor den Erinnerungen im Waisenheim.

Du bist gerade dabei einen für dich riesigen Baum zu erklimmen. Eine rothaarige Frau sitzt auf der Parkbank neben eben diesem Baum. Ja ihr wart oft im Stadtpark. Das übliche Zirpengeräusch, das nachts zu hören war ließ eine wunderbare Harmonie in die fließen. Es war wie jede Nacht, wenn deine Mutter mit dir rausging, um sich den Mond anzusehen…

Als du nun soweit im Wipfel des Baumes warst, dass es hier ein gutes Versteck abgab, war die als würde etwas nicht stimmen. Irgendetwas sagte dir urplötzlich das etwas Furchtbares passieren würde.

Den Blick nun nach unten werfend, erblickst du eine dunkle Gestalt…eher Monstrum. Ein riesiges Wesen, schwarz und mit tödlich grünen Augen. Es hatte Fledermausohren und ebensolche Flügel. Geifer quoll aus seinen Wolfslefzen. Du sahst den Tänzer vor deiner Mutter, welche er nun ansprang. Völlig in Gedanken erkannte sie die Gefahr zu spät…

Die Szene wie er ihr das Herz rausriss erschien dir wie in Zeitlupe. Jetzt wo du dich wieder erinnerst wird dir dieses Bild niemals wieder entgehen.

Damals wolltest du schreien, einfach aus dem Gefühl heraus. Aber jemand hielt dir den Mund zu. So ließ der bösartige Crinos die Leiche deiner Mutter an Ort und Stelle liegen und entdeckte dich nicht… Deine Augen waren aber sicher genauso angsterfüllt wie die von Basil, in die du nun irgendwann schautest…und die genau in diesem Moment anfingen bläulich zu leuchten. Erst seit diesem Vorfall erstrahlen eure Augen so unnatürlich.

Ein Schleier legt sich über die Szenerie. Du findest dich im Waisenheim wieder. An der Umgebung erkennst du, dass dies noch gar nicht so lange her sein kann… vermutlich erst ein paar Monate…oder Wochen. Es war wieder einmal Nacht und es hat dich hinausgetrieben. Du musstest den Mond am Himmel suchen. Sein Antlitz ist einfach zu faszinierend. Du warst auf einen Hügel geklettert und hast dich darüber geärgert, dass es mal wieder bewölkt war. Plötzlich wieder dieses Gefühl, welches du vor einer verdammt langen Zeit einmal gespürt hattest. Aber du wusstest ganz genau was es war!

Eilig bewegtest du dich nun wieder zum Waisenhaus zurück. Am Eingang stand deine Mutter. Du hattest zwar damals gesehen, wie sie getötet wurde…aber du hast es irgendwann als einen bösen Traum abgetan. So wie es dein Vater dir immer eingeredet hatte… Aber das war nicht das Gefühl, welches dich zurückholte, es waren die Tänzer! Als der erste der drei einen Treffer bei der Rothaarigen gelandet hatte, erwachte das erste Mal der Crinos. Alles Weitere ist nur noch ein roter Schleier der Raserei…

Völlig erschöpft bleibt dein in Erinnerungen gefangener Geist auf einem Schlachtfeld liegen…Nicht weit von dir scheint jemand zu wimmern. Etwas so klägliches und Mitleid- erregendes hast du noch nie zuvor gehört… Langsam rappelst du dich auf. Überall brennt es und der Geruch von geröstetem Fleisch liegt in der Luft. Bei einem genaueren Blick erkennst du, dass die gefallenen Krieger allesamt Engelsflügel besitzen. Doch ihr Glanz ist nun verblasst und sie liegen tot in ihrem eigenen Blut.

Nun gehst du auf die wimmernde Person zu. Er liegt, ebenfalls blutend, völlig steif da. Sein Blick ist leer, als hätte ihn seine Seele verlassen. Basil wiederholt immer wieder leise flüsternd: „Sie ist tot! Sie ist tot! Sie war unschuldig! Ich habe sie…“. Er ist total neben sich. So hast du ihn wirklich noch NIE gesehen. Auch das leuchten in den Augen ist verschwunden.

Als du dich zu ihm beugen willst, erscheint eine Gestalt neben ihm, die dich mit einem Tritt wegstößt und Basil packt. Lachend löst er sich mit deinem Bruder förmlich in Luft auf. Dieses Lachen wirst du so schnell nicht vergessen…

Nun erscheint eine Frau mit Drachenflügeln vor dir. Sie wirkt wie ein Geist, der zu dir spricht und ohne das sie es erwähnt, weißt du, dass sie Linn-Liu, das Drachenorakel ist.

„Weine nicht Karras.“ Erst jetzt wo sie dies erwähnt, bemerkst du die nassen Tränen…

„Ich musste diese Erinnerungen in dir wiedererwecken. Der Engel ohne Flügel braucht deine Hilfe. Lady Dooth ist nicht tot… du hast nicht versagt damals.“ Linn’s Stimme wirkt Weise und beruhigend, sodass man eigentlich nur zuhören kann.

„Die Kraft des Racheengels spiegelt sich in eurer Seele. Der bläuliche Schimmer zeigt die gesegneten… oder verfluchten.“

Sie schaut sich auf dem Schlachtfeld mit einem Rundblick um: „Der Krieg der Engel wird niemals enden. Khazador ist der Schutzpatron deiner Mutter und somit all ihrer Kinder. Ein Racheengel ist aber niemals ein gefallener Engel. Wer fällt besitzt auch Khazadors Kräfte nicht mehr… der flügellose Engel wird niemals als das erkannt, was er ist und kann dennoch fliegen. Schütze deine Geschwister, Karras. Schütze sie alle!“

Mit diesen Worten erblickst du langsam den Schleier des Tageslichtes. Verheult, etwas heiser und durchgeschwitzt erblickst du nun die Sonne des nächsten Tages…

Published inRollenspiel-Storys

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